Engel gibt es nicht | ᴰᵉᵃᵗʰ ᴺᵒᵗᵉ ᶠᶠ

Π KAPITEL V Π

Ich war noch nie so froh über diese Metallleiter, die bei uns im Garten so nutzlos herumstand. So müsste sich Vater in Zeiten des Kira-Falls gefühlt haben. So schnell ich konnte, kraxelte ich sie hinauf und hievte mich über die Brüstung des Balkons. Dies war zwar Akios Zimmer, aber er müsste eh unten bei dem Rest der Familie sein.
Bevor ich die Tür meines Zimmers hinter mir schließen konnte, erwischte mich jedoch Vater. "Ryoko? Sayu ist da!", rief er und kippelte mit dem Stuhl nach hinten, um mich zu sehen. "Ja, ich komme", antwortete ich und schloss meine Tür wieder ab.

"Hey Ryoko!", begrüßte mich die junge Frau. "Hey Sayu", grüßte ich zurück und setzte mich an den Küchentisch. Light hielt sich im Hintergrund und beobachtete das Geschehen still. Wir plauschten eine Weile über Sachen, die mich kein Stück interessierten. Jobs zum Beispiel, was soll ich denn darüber erfahren wollen?
Ich war wohl so sehr in meinen Gedanken versunken, dass ich nicht bemerkte, wie Vater mich ansprach. "Ryoko, bringst du Sayu nach draußen?", fragte er. Ich schüttelte mich kurz, bis ich mit "Ja, klaro", antwortete.

Ich schloss die Tür hinter mir. "Sayu, kann ich dich was fragen?"
Die junge Frau lächelte mich an. "Klar doch."
"Wie war Light so?"
Ihr Gesichtsausdruck wurde plötzlich so kalt wie Stein. Mir jagte das Gänsehaut ein, solche Momente sind genauso selten wie die, in denen Vater seriös ist.
"Tut mir leid", flüsterte ich und senkte den Kopf. "Schon gut, du kannst nichts dafür", meinte sie und lächelte wieder.
"Weißt du, ich habe ihn früher bewundert, weil er so intelligent war. Jetzt will ich nie wieder etwas über ihn hören. Ich habe den falschen Menschen bewundert."
Ich nickte noch einmal. Sie tat mir leid, ich wäre wohl auch so zerstört, wenn Akio ein verrückter Mörder wäre. Ein Grund mehr, weshalb ich vermeiden wollte, als Kira zu agieren, aber die Welt braucht jemanden, der gerechte Urteile fällt.

"Light, mach den Fernseher an", verlangte ich von dem Shinigami, als ich mich auf meinen Stuhl fallen ließ. Das Death Note hatte ich vor mir auf dem Schreibtisch. Light reagierte nicht. Wie paralysiert stand er neben meinem Couch-Bett und starrte in die Leere. "Alles in Ordnung?", fragte ich nach. "Hm?", gab Light von sich und sah mich an. "Du warst in Gedanken. Was ist los?"
Light seufzte. Seine roten Augen fixierten mich. "Ich würde Sayu gerne noch einmal gegenüber stehen. Mich für alles entschuldigen, verstehst du?" Ich sah ihn mitfühlend an. "Ich verschaffe dir eine Möglichkeit. Vorher musst du mir aber helfen."
Light begann zu lachen. "Du bist ja heiß darauf, Verbrecher umzulegen."

Und so verbrachte ich meine freie Zeit. Normale Teenager wären mit ihren Freunden rausgegangen, hätten irgendwo gesoffen oder hätten vielleicht irgendwo Lerngruppen gebildet. Ich saß hier in meinem Zimmer, habe eine ganze Seite mit Namen von Verbrechern, über die in den sozialen Medien berichtet wurde, bestückt. Gerade lief wieder die Nachrichtensendung, eine weitere Möglichkeit, über Verbrecher zu erfahren.
"In der Kanto-Region starb erneut ein kürzlich verurteilter Verbrecher, um genau zu sein ein Vergewaltiger, an Herzversagen. Ist das der Beginn einer weiteren mysteriösen-"

Die Stimme der Nachrichtensprecherin verstummte, ebenso verschwand das Bild. Stattdessen bekam man ein schwarzes 'N' in einer alten Schriftart zu sehen. "Keine Panik, liebe Bürgerinnen und Bürger", erklang eine verzerrte Stimme. "Sollte hinter diesen Todesfällen mehr als nur eine Fehlfunktion des Herzens stecken, ist die SPK, sowie die japanische Sonderkommission, hinter dem Täter her. Die nächste Interpol-Konferenz dient zu unserer Beratung."
Light begann zu knurren. "Near du verdammtes Schwein", knurrte er wütend und sprang auf die Beine.

Der junge Detektiv fuhr fort: "Und für den Fall, dass es einen neuen Kira gibt: Mach dich darauf gefasst, denn wir wissen, wie du mordest."
Gut, damit war ich wohl doch ein wenig zu übermütig.