Engel gibt es nicht | ᴰᵉᵃᵗʰ ᴺᵒᵗᵉ ᶠᶠ

Π KAPITEL XXX Π

Tja, Ryoko.
Mir kommt das alles hier sehr bekannt vor. Vor 8 Jahren, an genau demselben Tag, lief ich genau dieselbe Strecke entlang, angeschossen von Matsuda, meine Taten bereuend. Wer weiß, vielleicht läuft dir auch dein Vergangenheits-Ich über den Weg.

Near hat zwei Kiras am selben Ort außer Gefecht gesetzt, am liebsten würde ich ihn höchstpersönlich dafür umbringen. Aber dann stellt sich mir die Frage: Welcher Mensch wäre dann da, um für Gerechtigkeit zu sorgen? So schnell kann ich das Death Note nicht nochmal in die Menschenwelt fallen lassen. Vielleicht findet sich irgendwann ein würdiger Mensch. Dein Feind Tanaka war ganz und gar nicht würdig, er war nur auf seinen eigenen Vorteil aus. Es starben nur unschuldige Menschen, ohne die er einen Vorteil für sich finden konnte.

Ryuk erzählte mir einmal von einem Band zwischen dem Besitzer des Death Notes und seinem Shinigami. Das bedeutet, so wie ich durch Ryuks Hand starb, wirst du durch meine Hand sterben. Bevor ich noch weitere Jahre neben dir im Gefängnis sitzen werde, wirst du hier dein Ende finden. Gibt es eigentlich noch die Todesstrafe in Japan?
Ich drücke es so aus: Ich habe keine Lust, bis an dein Lebensende auf der Erde zu hocken. Darauf hatte Ryuk damals auch keine Lust. Wir hatten für eine ganze Weile Spaß gehabt, wir werden uns wiedersehen.

Dein Name wird unter meinem eigenen stehen.

Ein leises Seufzen verließ meinen Mund. Es war vorbei.
"Und was nun?"
Ich drehte meinen Kopf zur Seite. Auf dem Turm, auf dem Ryuk schon damals saß, hockte L, direkt neben mir.
"Was gedenkst du jetzt zu tun?"
"Diese verrottende Welt beobachten", entgegnete ich ihm. "Ihr einziger Retter wurde schon vor Jahren umgebracht, aber wer weiß, vielleicht finde ich irgendwann einen würdigen Menschen."
L überlegte, kaute an seinem Daumennagel herum. Selbst nach seinem Tod hat er diese Angewohnheit nicht abgelegt.
"Lass dich nicht von deinen Idealen und Rachegedanken leiten. Du warst ein intelligenter Mensch, und diese Intelligenz hast du beibehalten."

Ich seufzte leise.
"Manchmal vermisse ich es, Mensch zu sein."
L nickte zustimmend und sah in die Ferne.
"Du hast dein bestes gegeben, sie auf dem richtigen Weg zu halten", meinte ich und sah Ryoko taumeln.
"Ich werde auch nicht ruhen. Ich werde so lange dein Gegner sein, bis du aufgibst", entgegnete L und sah mich aus seinen schwarzen Augen an.
"Wir waren lange genug aneinander gekettet um zu wissen, dass keiner von uns nachgeben wird."

"Ich vermisse diese Zeit", meinte L leise.
Ich seufzte wieder auf und ließ einige Sekunden verstreichen, ehe ich ihm antwortete.
"Ich auch."
Wir beide schwiegen und ließen den Sonnenuntergang seinen Lauf.
Als ich mir sicher war, dass Ryoko nun nicht mehr am Leben war, brach ich das Schweigen.

"Diese Zeiten sind vorbei. Die Welt hat sich verändert, wir müssen dabei zusehen. Unsere Zeit ist nun vorbei."