Silver Star

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,,I am a lost boy from Neverland
Usually hanging out with Peter Pan"

Ruth B. (Lost Boy)

Stocksteif stand ich da und spürte Angst erfüllt, wie jemand hinter meinem Rücken herum hantierte. Was ging hier bloß vor sich? Dann fühlte ich verwundert, dass meine Fesseln zu Boden fielen und jemand mich von dem Pfahl weg zog. Ich wurde herumgedreht und blickte in das besorgte Gesicht des Jungens. Es war der Junge, der neben dem Anführer der Kannibalen gesessen hatte. Als er sah, dass ich unversehrt zu sein schien, lächelte er mich an und drückte mir zu meinem Erstaunen, die Muschel in die Hand, in der Twinkle noch immer gefangen sein musste. Mein Gegenüber hatte zwar die Hand von meinem Mund genommen, dennoch bedeutete er mir, leise zu sein und zog mich am Handgelenk noch weiter von dem Pfahl weg.

Ich folgte ihm bis an das Tor, da wurde mir klar, was er vorhatte. Sofort blieb ich stehen. Ich konnte hier nicht weg! Nicht ohne Peter und Tinkerbell! ,,Warte, meine Freunde sind noch hier!", flüsterte ich eindringlich und hoffte, dass er mich verstand. Der Junge drehte sich zu mir um, nickte erst und zuckte dann nur mit den Schulter, um weiter zu gehen. Ich versuchte mich los zu reißen, ,,Ich gehe nicht ohne meine Freunde!", doch leider war der Wilde ziemlich stark und mein Handgelenk bewegte sich kein Stück. Er versuchte mich weiter zu ziehen, aber ich gab alles, um bloß stehen zu bleiben. Nie hätte ich gedacht, dass ich mich weigern würde, ein Kannibalen Lager zu verlassen!

Schließlich seufzte der Junge und ich dachte schon, er würde sich endlich geschlagen geben, aber nein, kurzerhand hatte er mich hoch gehoben und verließ mit mir in den Armen das Lager. Ich trommelte wie wild auf ihn ein und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien. Ich überlegte kurz sogar, zu schreien, aber das hätte sicherlich nur die anderen Kannibalen aufgeweckt und ich wäre schlussendlich doch noch als Spätimbiss verendet.

In einem Gebüsch setzte er mich endlich wieder ab. Sofort sprang ich auf, um zurück zu laufen, doch er drückte mich zurück auf den Boden. ,,Warten!", zischte er. Ich war so überrascht, dass er sprechen konnte, dass ich sogar vergaß, weg zu laufen.  Als ich mich wieder gefasst hatte, antwortete ich: ,,Freunde! Da!" Damit der Junge mich besser verstehen konnte, legte ich erst meine Hände auf mein Herz und zeigte dann in die Richtung des Kannibalen Lagers. ,,Ni sischer!", erwiderte er. Na toll! Es war mir klar, dass es dort gefährlich war! Anscheinend dachte er, ich hätte ihn nicht verstanden, denn der Wilde zeigte erst auf das Lager und dann auf mich. Schließlich kniff er die Augen zusammen, griff sich an die Brust, begann in die Knie zu gehen und sackte schließlich mit herausgestreckter Zunge auf dem Boden zusammen. Trotz des Ernstes der Situation hätte ich beinahe über seine kleine Show gelacht.

,,Ich muss ihnen helfen!", sagte ich erneut und sah ihn bittend an. Der Junge stand wieder auf, schaute erst zu Boden und dann in meine Augen. Schließlich nickte er leicht und antwortete: ,,Isch helefen!" Damit half er mir auf. Ein Wall der Freude überflutete mich, nun würde alles gut werden. Der Wilde deutete kurz auf sich und meinte dann: ,,Zey!" Ich nickte lächelnd und ahmte seine Geste nach: ,,Jenny!" Dann begannen wir uns vorsichtig an das Lager anzupirschen.


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