Star Ship

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Wie von selbst tragen mich meine Beine aus dem Baum und über die Lichtung hinein in die Wildnis als wären sie Teil einer gut geölten Maschine. Dabei ist mein Schmerz so groß, dass ich kaum an etwas anderes Denken kann. Immer wieder sehe ich die zwei grünen lodernden Feuer vor mir, deshalb hoffe ich, dass er noch lebt, er muss noch leben! Ich habe einfach unbeschreiblich große Angst, sie könnten erlöschen. Dann wäre alles zu spät.

 Ich bemerke kaum, wie hektisch mein Atem geht und wie schnell mein Herz gegen meine Rippen schlägt, als wollte es aus meiner Brust fliehen, um noch schneller bei ihm zu sein.

Plötzlich ist Twinkle neben mir. Ich kann ihr Sirren ganz nah an meinem Ohr hören. Es muss Twinkle sein, denn Tinkerbell würde Peter niemals verlassen! Schon höre ich ihr klingelndes hohes Stimmchen, doch ich nehme es kaum wahr. Die glockenhelle Stimme dringt nur gedämpft zu mir hindurch. Trotzdem freue ich mich, dass sie mir Beistand leisten wird, dass ich nicht alleine bin. ,,Ich kann dich fliegen lassen!", übersetzt mein Gehirn automatisch ihr Geklingel.

Der Gedanke daran ist verlockend, aber ich bin noch nie zuvor geflogen. Schon klar, bei Peter sieht es einfach nur elegant und kinderleicht aus, aber ist das bei schwierigen Sachen nicht meistens so? Ich möchte Peters und mein Leben nicht noch mehr aufs Spiel setzten, indem ich nun auch noch Flugstunden nehme! Außerdem konnte ich noch nie fliegen und bis jetzt konnte ich mich auch so ganz gut durchschlagen! Ich schaffe das auch ohne magische Kräfte. Ich schaffe es so, wie ich bin und ich spüre wie sich Hoffnung in mir ausbreitet und neue Kraft durch meine Adern fließt. 

Zu Twinkle gewandt schüttle ich also den Kopf und hätte in einer anderen Situation vermutlich über ihren verwirrten Gesichtsausdruck geschmunzelt. Aber das kann ich jetzt nicht, vielleicht werde ich es auch nie wieder können. Nicht wenn Peter tot ist, dann werde ich nie wieder fröhlich sein können! Konnte ich das überhaupt bevor, ich ihn kennengelernt habe?

Ich renne zum Fluss, aus dem ich Twinkle an meinem ersten Tag gefischt habe, schließlich war ich von dort aus auch zum Strand gekommen. Mein Mund ist ganz trocken und meine hals wie zugeschnürt. Zudem spüre ich, wie mir allmählich die Puste ausgeht, aber ich sporne mich immer wieder an und denke an Peter, bis ich endlich den Strand vor mir sehe.

Meine Beine werden langsamer ohne, dass ich es will, ich muss weiter, weiter zum Schiff, bevor es zu spät ist. Obwohl mein Körper mit aller Kraft dagegen hält, schleppe ich mich weiter. Auf einmal beginne ich, zu taumeln, mir wird immer schwindeliger und ich muss mich übergeben. Nach ein paar weiteren Schritten breche ich auf dem sandigen Boden zusammen.

Einige Minuten bleibe ich so liegen, Twinkle flüsterte mir beruhigende Worte ins Ohr, doch das nehme ich kaum wahr. Dann rapple ich mich vom Boden auf und sehe nach vorn. Da liegt das große hölzerne Schiff vor Anker und ich habe noch nicht einmal den Hauch eines Plans. Wie würde Peter jetzt handeln? Er würde einfach drauf los stürmen... aber ist das so klug? Schließlich ist er nun ein Gefangener... Egal! Besser, würde es sowieso nicht werden!

 Laute lachende tiefe Stimmen sind zu hören, als würden die Leute an Bord sich köstlich amüsieren, wie auf einer Party. Doch es ertönen keine Schreie oder Ähnliches, ist Peter etwa schon...Nein! Daran darf ich jetzt nicht denken. Ich hole tief Luft, richte mich auf und recke mein Kinn stolz in die Höhe. Schließlich will ich mich nicht wie ein Häuflein Elend vor die Piraten stellen.


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