Impenetrable

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Der Lauf einer Pistole wird auf mich gerichtet und ein seltsames Gefühl überkommt mich. Noch nie wurde ich mit so einer Waffe bedroht. In diesem Moment fühlt sich mein ganzer Körper nackt und ungeschützt an. Auf einmal begreife ich, wie zerbrechlich und verletzlich die Hülle meiner Seele eigentlich ist und ich fahre mit einer Hand über meine Haut. Sie fühlt sich so weich und zart an, undenkbar, dass jeden Moment eine Kugel darinnen stecken könnte.

Hook muss Peters Blick bemerkt und verstanden haben, denn er beginnt hinterhältig zu grinsen. Ich werde gezwungen, hinunter zu klettern. Am Deck angekommen, werde ich von zwei Piraten gepackt und zu den anderen gezerrt. Die ganze Aufmerksamkeit liegt nun auf mir. Ich gebe mir größte Mühe, nicht ängstlich zu wirken, stattdessen versuche ich einen entspannten und stolzen Eindruck in meinem Gesicht erscheinen zu lassen, was mir meine Angst ziemlich erschwert, denn mein Herz pocht mir bereits bis zum Hals.

,,Die kennen wir doch!", Hook spuckt mir ins Gesicht, ,,Erinnerst du dich?" Der Hohn in seiner Stimme ist unverkennbar und seine Nähe, so wie sein Pest-Atem, lassen mich erschaudern. Der Captain wendet sich nun wieder Peter zu: ,,Na mein Junge, du kennst dieses Mädchen, nicht wahr?" Peter antwortet nicht, er schaut ihn noch nicht einmal an, aber zu mir sieht er auch nicht hinüber... Er liegt nur stumm da und schaut in den Himmel. Eine Antwort aus dem Mund des Jungens braucht der Pirat aber auch gar nicht. ,,Nun, wenn du sie nicht kennst wird es dir doch nichts ausmachen...", fährt Hook fort und erteilt seinen Männern per Handzeichen Befehle.

Zwei der Piraten lösen Peters fesseln und packen ihn an den Armen, um ihn gleich darauf auf die Beine zu zerren. Dabei achten sie nicht gerade auf Peters Wunden. Der Schmerz, den Peter erleidet, ist ihm jetzt deutlich anzusehen, aber ich weiß nicht, ob es wegen seiner Verletzungen ist oder wegen mir... ich habe aber keine Zeit, mir noch länger Gedanken darüber zu machen, denn auch ich werde gepackt und an den Mast gebunden. Ich wehre mich nicht, warum auch? Was soll ich schon gegen so viele bis an die Zähne bewaffneten Piraten ausrichten? Ich würde ihnen nur einen Gefallen tun, ich würde ihnen zeigen, dass ich Angst habe und dass ich schwach bin. Dieses Vergnügen werde ich ihnen nicht bereiten. Ich unterdrücke also das überwältigende Gefühl der Verzweiflung, als mir das Blut in den Kopf schießt. 

Am schlimmsten ist, dass ich überhaupt nicht weiß, was sie mit mir vor haben oder ist nicht doch Peters trauriger Ausdruck noch schlimmer? Ich weiß es nicht und das will ich eigentlich auch nicht wissen! Ohne mich bewegen zu können, stehe ich an den Mast gebunden da. Ich sehe, wie Hook grinsend auf mich zukommt. Es ist zwar kein Hass, der mir entgegen schlägt, aber auch kein Mitgefühl. Ich sehe, wie Peters Miene sich verhärtet, wie seine Blicke Hooks Rücken durchbohren, als könnte er ihn dazu bringen, sich umzudrehen und von mir abzulassen. Die zwei Piraten neben ihm haben Peters Kopf in meine Richtung gedreht, damit er die perfekte Sicht auf das Geschehen hat.

Der Captain kommt weiter auf mich zu und bleibt dicht vor mir stehen. Es widert mich an, wie er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht streicht und dann mit seinem Haken über meine Wangen fährt, den Blick beinahe schon andächtig. ,,Eigentlich viel zu Schade um dich", haucht er. Ich spüre, wie sich meine feinen Nackenhaare vor Ekel aufstellen. Dann beugt Hook sich ganz dicht zu mir vor und flüstert mit rauer Stimme in mein Ohr: ,,Der Junge mag dich wirklich sehr!" Und obwohl ich mir größte Mühe gebe, kann ich ein Beben meiner Lippen nicht unterdrücken. ,,Und das scheint ja wohl auf Gegenseitigkeit zu beruhen!", fährt er fort, ,, Aber du hättest jemand besseres verdient! Nur eins verstehe ich nicht, wie kannst du ihm dann so etwas antun? Mit dir kann ich ihn noch viel unglücklicher machen, als mit dem Tod, schließlich weiß ich selbst, wie es sich anfühlt, ohne den, den man nie verlieren wollte alleine weiterleben zu müssen!" Damit geht er einen Schritt nach hinten, hebt seinen Haken über meinem Kopf und ruft nun laut: ,,Und mit dieser Gewissheit, stirb!" 


Lost GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt