Moonlight

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Die Feuer, die vor wenigen Stunden noch das Fort erleuchtet hatten, waren nun schon längst erloschen und kalt. Nur noch schwarzgraue Asche lag zwischen den Steinen und ein Hauch des Rauchs hing noch in der Luft, als wir durch das Tor schlichen. Die Kannibalen mussten sich ja ziemlich sicher fühlen, wenn sie noch nicht einmal Wachen aufstellten, was wahrscheinlich daran lag, dass ihre Art die gefährlichste auf der Insel war.

Zey zog mich durch das halbe Lager, bis ich zehn Meter entfernt eine dunkle Silhouette im Mondlicht erblickte. Eine zusammengekauerte Person, die an einen Pfahl gefesselt war. Es zerriss mir fast das Herz, als ich Peter so dastehen sah. Fast hätte ich verzweifelt seinen Namen gerufen, um ihm Trost und Hoffnung zu schenken, doch Zey bemerkte es und legte mir schnell eine Hand auf den Mund. Zum Glück! Dann bedeutete er mir, stehen zu bleiben und flüsterte mir ins Ohr: ,,Warten! Nischt sischer!"

Daraufhin ging er zu Peter und löste seine Fesseln. Der Junge wandte verwundert seinen Kopf und sah dann erst Zey und schließlich mich an. Plötzlich ohne  jegliche Vorwarnung ging ein Ruck durch Peter und er stürzte sich auf Zey. Erschrocken musste ich mit ansehen, wie sich die beiden Jungs auf dem Boden rollten. Sie schlugen aufeinander ein, während ich wie zur Salzsäule erstarrt zusehen musste. Endlich löste ich mich aus meiner Starre und rannte auf die beiden zu. Die zwei bemerkten mich sofort und riefen fast gleichzeitig: ,,Nein!"

Jetzt war es sowieso egal! ,,Hört sofort auf!", schrie ich, während bereits die ersten Lichter in den Hütten angingen, ,,Wir müssen hier weg!" Hektische Schritte auf den Holzböden der Bambushütten drangen an meine Ohren. Endlich sprangen die zwei auf. Peter riss noch schnell einen Beutel, der ebenfalls an dem Pfahl gehangen hatte, herunter, dann rannten die Jungs auf mich zu. Die ersten Kannibalen liefen hinaus auf den großen Platz. Die Zeit wurde immer knapper! Wir liefen schnell auf das rettende Tor zu, doch zwei Wilde waren bereits dabei, es zu schießen, damit wir nicht entkommen konnten.

,,Das schaffen wir nicht mehr!", schrie Peter, während er im Laufen den Beutel aufriss. Explosionsartig schoss ein helles Licht heraus, wobei es sich wohl um Tinkerbell handeln musste. Da spürte ich schon, wie Peter meinen Arm ergriff und ich in die Höhe gezogen wurde. Instinktiv drückte ich die große Muschel noch fester gegen meine Brust. ,,Halt! Wir müssen Zey mitnehmen!", rief ich gegen den Wind an, der mir entgegen schlug. ,,Spinnst du?!", antwortete Peter. ,,Er hat mich gerettet! Und dich auch!", versuchte ich ihn wütend und entsetzt zu überzeugen. Der Junge über mir schüttelte jedoch nur den Kopf: ,,Ach ja?! Gerettet!? Wenn du wüsstest, was er mit Jane gemacht hat, nachdem sie ihn hat abblitzen lassen, dann würdest du jetzt nicht so reden!"Warum sagte er bloß so etwas? Wie konnte er nur!? Und was hatte Zey getan?! ,,Na und! Egal, was er getan hat, deshalb musst du dich ja nicht auch so bescheuert verhalten! Sicherlich werden die Kannibalen ihn für unsere Rettung bestrafen!", keifte ich wütend. 

Schließlich seufzte Peter, drehte ab und stieß in einem Sturzflug nach unten.Gerade noch erreichten wir Zey vor den Kannibalen und Peter flog uns drei hinauf in den Nachthimmel.

Lost GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt