Congenial

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Kurz spielte ich mit dem Gedanken, Peter doch noch nach zu laufen, um ihm im Kampf gegen diese abscheulichen Piraten zur Seite zu stehen. Doch dann erinnerte ich mich an seine Worte. Schmerzlich kam mir unsere Unterhaltung bei den Meerjungfrauen wieder in den Sinn und ich konnte Peters forsche Stimme sagen hören: ,,Tu das nie wieder!" Immer wieder hallte der Satz durch meinen Kopf, als würden die Worte an den Wänden meines Schädels abprallen und so ein unendliches Echo bewirken. Die Erinnerung an Peters verletzte Gefühle schmerzte noch mehr, als hier untätig herum zu sitzen. Ich fasste einen Entschluss, um mich zu trösten, ich würde mich nicht wieder so leichtsinnig in Gefahr begeben, so etwas würde nie wieder vorkommen, oder etwa doch?

Eine Weile lang saß ich mit den anderen Jungs am Tisch. Schweigend. Keiner sprach ein einziges Wort. Ich wurde noch noch nicht einmal dazu aufgefordert, von Peters und meinem Abenteuer zu berichten oder eine andere Geschichte zu erzählen. Den Lostboys war ihr schlechtes Gewissen förmlich ins Gesicht geschrieben. Es war klar, dass sich alle in ihren Köpfen ausmalen mussten, was gerade mit dem armen Dilan geschah. Hatten sie ihn gefesselt, in ein dunkles Loch gesperrt oder lieber doch sofort aufgeschlitzt? Oder hatten sie den kleinen lieber gleich über die Planke gehen lassen, direkt ins Maul eines Hais springen lasse, der ihn nun zerriss und sich sein Fleisch schmecken ließ?

Es musste bereits eine Ewigkeit her sein, dass Peter los geflogen war und immer noch war er nicht zurück. Plötzlich konnte ich Schritte hören, schnelle Schritte. Eine kleine Gestalt kletterte in den Baum und kam auf und zu gerannt. Als ich den Jungen erkannte, sprang ich freudig auf, um ihn in die Arme zu schließen. Nun würde alles wieder gut  werden. Es war Dilan. aber als er kaum noch ein paar Meter von mir entfernt war, fiel mir etwas merkwürdiges an ihm auf. Dilan weinte.

 Der Junge warf sich in meine Arme und krallte sich mit seinen spitzen Fingern in meine Schulter. Es musste höllisch weh tun, doch ich spürte es kaum. Meine ganze Aufmerksamkeit galt dem oberen Eingang. Gleich, gleich würde Peter herein fliegen mit einem schelmischen und siegreichen Lachen im Gesicht, um von seiner neusten Heldentat zu prahlen..., aber er kam nicht. Kein Peter! so sehr ich ihn auch verfluchte und dafür hasste, dass er nicht da war. Dann zog ich Dilan aus meinem Arm und fixierte seine Augen. als ich sprach, wunderte ich mich, dass meine Stimme so klar klang und kein bisschen zitterte.

,,Wo ist Peter!", Dilan begann noch heftiger zu weinen und ein Zucken ging durch seinen Körper. Ich wollte den Jungen auf meinen Schoß ziehen, ihn beruhigen, aber ich war zu keiner Bewegung fähig. Stattdessen wiederholte ich meine Frage. Dann hob Dilan endlich den Kopf und sah mir mit seinen geröteten Augen ins Gesicht. ,,Er-er.... er ist..hn", Dilan schnappte erneut nach Luft. ,,Es war eine Falle!", platzte es plötzlich aus ihm heraus, ,,Da war ein Netz! Sie haben ihn gefangen! Ihre Messer... die Piraten.. sie...töten ihn!"

Den letzten Satz hatte Dilan mir hinterher gerufen, denn ich war bereits durch das Astloch hinaus geklettert, nur beherrscht von einem Gedanken.

Lost GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt