Dienstag, 01. Dezember 2020

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Seit bald einer geschlagenen halben Stunde sitze ich nun schon vor meinem Kleiderschrank und starre auf die bunten Farben

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Seit bald einer geschlagenen halben Stunde sitze ich nun schon vor meinem Kleiderschrank und starre auf die bunten Farben. Obwohl nein, genau genommen sitze ich erst seit achteinhalb Minuten. Die Minuten zuvor habe ich alle drei Türen geöffnet, bin von einer zur anderen gelaufen und habe in die unterschiedlichen Fächer gespickt. Jetzt würde ich mich am liebsten auf dem Boden zusammenrollen und meiner Verzweiflung in Form von Tränen freien Lauf lassen. Würden Charlie und Lucie mich so sehen, würden sie mich sicherlich auslachen. Und danach Ohrfeigen, um mich wieder zur Besinnung zu bringen. Ich kenne meine beiden besten Freundinnen schließlich nur zu gut. 

Der Gedanke an Blondie und Brownie ist es auch, der mich innerhalb einer halben Minute dazu bringt meinen Hintern vom Boden zu heben. Es bringt nichts, wenn ich melodramatisch auf den Schrank starre und seinen ganzen Inhalt verfluche. Davon werde ich absolut nichts finden, das ich zu meinem Date anziehen kann. Bis vor zwei Tagen wollte ich noch einen Rock anziehen, denn im Kindergarten trage ich nur Jeanshosen, aber meine um einiges verfrühte Periode hat meinen Plan vereitelt. Natürlich weiß ich, dass ich trotzdem einen Rock tragen könnte, aber das hat einfach etwas mit dem inneren Gefühl zu tun. Ich gehe schließlich weder ins Schwimmbad, noch ins Freibad wenn Tante Rosa mal wieder zu Besuch ist. Einfach weil das Gefühl für mich nicht stimmt. Ergo bleibt mir nichts anderes übrig, als nach einem neuen Outfit zu kramen.

Bis ich mich schließlich durchringen kann eine blaue Jeans mit angedeuteten Löchern aus meinem Schrank zu zerren, vergehen tatsächlich weitere zehn Minuten. Und mit jeder weiteren Minute die sich quälend langsam dahinzieht, fühle ich mich zunehmend jämmerlicher. 

Ich habe wirklich geglaubt, auf Dates zu gehen sei wie Fahrradfahren. Man würde es nicht verlernen. Doch jetzt weiß ich, das es nicht so ist. Man kann es sehr wohl verlernen. Beispielsweise beginnt das Problem bereits mit der Kleiderwahl. Dann die Haare, das Make-up, die Jacke - immerhin haben wir Winter - und zu guter Letzt noch das Problem mit dem Pünktlich sein. Ein Date zu haben ist also alles in allem überhaupt nicht einfach und vollkommen anders als Fahrradfahren. Schon allein die Panik davor, mit irgendeinem dieser ganzen Dinge einen regelrechten Griff ins Klo zu landen, ist mehr als nur furchtbar. 

Nachdem ich es schließlich geschafft habe ein dunkelgrünes Sweatshirt, das sich nicht mit meinen roten Haaren beißt, aus einem der Fächer zu kramen, werfe ich die beiden bereits feststehenden Klamottenteile auf mein Bett. Die Farben heben sich von dem zartrosa Bettlaken ab wie Farbpunkte auf einer weißen Wand. Ich wusste überhaupt nicht, wie schwer es sein kann ein Outfit zu finden. 

Mehrere Monate war ich in einer festen Beziehung und musste mir nicht so angestrengt Gedanken über mein Klamotten machen. Doch nachdem es zu einer sehr unschönen Situation mit meinem eigentlich "Freund" gekommen ist, kam nur noch eine Trennung in Frage und so bin ich seit knapp einem Monat wieder Single like a Pringle. Ich selbst würde mich niemals so früh nach einer Trennung wieder zu einem Date verabreden, aber vor einer Woche haben meine besten Freundinnen beschlossen mich auf so einer dämlichen App anzumelden. Und naja, dann hat eines zum anderen geführt. Obwohl ich bis vor zwei Tagen noch felsenfest behauptet habe, sicherlich nicht bereits jetzt auf ein Date zu gehen, stehe ich nun vor meinem Schrank und zerre ein Sockenpaar aus der untersten Schublade. Und wieso das alles? Wegen eines Typen mit dem ich seit sieben Tagen schreibe und der mir sympathisch ist. Der lustig und charmant ist. Süß und witzig. So dämlich kann auch nur ich sein.

Polarlicht [ III - 2020 ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt