Als ich am Morgen mit verklebten Augen ins Badezimmer schlendere, versuche ich, mich emotional auf den Blick im Spiegel vorzubereiten. Ich weiß, was ich erblicken werde. Seit gestern Abend hat sich nichts an meinem Zustand geändert.
Meine Haare sind immer noch mit einem fleckigen grün geschändet und ich fühle mich noch immer genauso elendig, wie gestern Abend, als ich nach meinem Ausbruch in Nicks Zimmer zurück in mein eigenes gestampft bin.
Verzweifelt habe ich versucht, die grüne Farbe aus meinen Haaren zu bekommen, doch meine Bemühungen waren von wenig Erfolg gekrönt. Das einzige, was sich verändert hat, waren mein schrumpeligen Finger sowie der sich lösende Nagellack.
Mit schmerzendem Herzen habe ich das Abendessen ausfallen lassen und mich stattdessen in meinem Zimmer verbarrikadiert und die restlichen Doppelstockkekse von der Fahrt in mich hineingestopft. Ich habe mich wirklich vehement dagegen gewehrt, mein Zimmer zu verlassen. Nicht einmal Mama durfte den Kopf hereinstrecken. Sicherheitshalber habe ich sogar den Schreibtischstuhl unter die Türklinke geschoben und somit den fehlenden Schlüssel ersetzt.
Nach einem Skype-Gespräch mit meinen Freundinnen habe ich zwar noch immer keine Lösung für mein Problem gehabt, aber zumindest habe ich mich etwas weniger elendig gefühlt. In erster Linie mag es an den Tränen liegen, die ich auf meinem Bett noch vergossen habe und schließlich an den Ratschlägen meiner Freundinnen, wie ich Nick diese Aktion heimzahlen kann.
Meine Motivation mich heute morgen pünktlich aus dem Bett zu bewegen war nicht besonders groß, nachdem ich die halbe Nacht am Handy hing und das Internet nach weiteren Ideen durchforstet habe. Aber ich werde diese Sache nicht auf mir sitzen lassen und verdammt, dieses Mal hat Nick es wirklich zu weit getrieben. Am Liebsten würde ich in den nächsten Supermarkt in der Stadt fahren und mir ebenfalls Färbemittel besorgen um sie Nick ins Shampoo zu mischen, aber das wäre einfallslos.
Mitten in der Nacht habe ich mich dann schließlich nach unten geschlichen. Als ich sicher war, dass alle tief und fest schlafen, habe ich mich an den Resten aus dem Kühlschrank bedient und meine Mütze von der Garderobe geholt. Ohne die würde ich sicherlich nicht mein Zimmer verlassen, bis der Unfall auf meinem Kopf sich verflüchtigt hat. Und wenn ich den ganzen Tag mit diesem verfluchten Ding herumrennen muss.
Ich erreiche den großen Spiegel und beinahe zögerlich werfe ich einen Blick hinein. Über die Nacht sind meine Haare getrocknet und das Grün schimmert nicht länger dunkel in meinen Haaren. Es ist zwar kein grelles und helles Grün, aber so dunkel und schmutzig wie gestern sieht es auch nicht mehr aus.
Dennoch sieht es einfach nicht gut aus und ich kann absolut nichts gegen dieses Aussehen machen. Ich kann unmöglich hier in Schweden einen Friseur aufsuchen und mir diesen Unfall retten lassen. Es fällt mir schwer, meine Haare jemandem anzuvertrauen den ich nicht kenne.
Während ich meine Haare mit der Bürste durchkämme, versuche ich einfach nicht in den Spiegel zu blicken. Erst, als meine Haare in einem ungewöhnlich strengen Dutt auf meinem Kopf zusammengebunden sind und ich die graue Bommelmütze aufsetze, hebe ich die Augenlider etwas weiter an.
DU LIEST GERADE
Polarlicht [ III - 2020 ]
Teen Fiction"Hat die Hexe ihr Geschäft verrichtet?" "Der Kaffee macht dich auch nicht hübscher, Shrek." "Besser Shrek als Pumuckl, du Feuermelder." "Halt einfach die Klappe und fahr!" ∞ Jenny und Nick. Nick und Jenny. Eine Hass-Liebe, die nicht einmal sie selbs...