Montag, 07. Dezember 2020

106 14 14
                                    

Ich erreiche die Haltestelle in der Nähe unserer Wohnung erst gegen Nachmittag

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Ich erreiche die Haltestelle in der Nähe unserer Wohnung erst gegen Nachmittag. Obwohl ich eigentlich bereits gestern Abend aus München nach Hause fahren wollte, habe ich die Nacht doch in einem der drei Gästezimmer bei meinem Vater verbracht.

Da ich schon seit einiger Zeit ein paar Wechselkleider bei meinem Vater deponiert habe, ist es nicht schlimm spontan eine Nacht bei ihm zu verbringen. Gestern wurde es dann doch später, denn nachdem ich mit den Drillingen mehrere Runden Lotti Karotti gespielt habe, wollte Papa mir gleich helfen mein neues Handy einzurichten.

Jetzt, wo ich wieder zurück in Stuttgart bin und mich auf dem Weg zu unserer Wohnung befinde, bin ich allerdings immer noch genauso überfordert mit meinem neuen Apfel wie gestern Abend. Vielleicht ist meine Geduld auch einfach nicht groß genug, um mich mit gänzlich neuen Dingen anzufreunden, aber auf der mir bevorstehenden Fahrt werde ich eindeutig genügend freie Zeit haben um mich in mein neues Handy einzuarbeiten.

Ich erreiche unser Wohnhaus, öffne die Tür und steige die Stufen in den ersten Stock nach oben. Es ist immer etwas seltsam, von Papa zurück nach Hause zu kommen. Vielleicht weil ich dann immer sehe, wie unterschiedlich unsere Leben doch verlaufen sind. Mama, Michael und ich sind zwar nicht unglücklich in unserer Wohnung, allerdings ist sie Nichts im Vergleich zu der überaus luxuriösen Stadtvilla meines Vaters im Münchener Nobelviertel.

Andererseits erinnert mich jedes Nachhause kommen auch daran, dass ich all das überhaupt nicht brauche. Ich brauche weder einen Tresor voller Geld, noch haufenweise materielle Güter. Ich brauche einfach nur meine Freunde, meine Familie und die Menschen, die mich glücklich machen.

Noch bevor ich den Hausschlüssel in das Schloss unserer Wohnungstür stecken kann, wird diese von meiner Mutter geöffnet. Mama bleibt jedoch nicht lange genug stehen um mich überhaupt wirklich zu begrüßen, denn sie biegt direkt in's Büro ab und an dem leises Quietschen erkenne ich, dass sie sich am Wandschrank mit unserer Winterausrüstung zu schaffen macht.

"Hallo?", gebe ich zögernd von mir und betrete unseren heimeligen Rückzugsort. Auch wenn meine Mutter den Gruß erwidert, klingt sie dabei mehr als abwesend und nachdem ich meine Schuhe ausgezogen sowie meine Jacke verstaut habe, folge ich ihr in unser Büro.

Ich weiß, dass sie nicht sauer über meine spontane Übernachtung bei Papa ist. Ich habe ihr gestern geschrieben und bevor wir beide in's Bett gegangen sind, haben wir noch kurz telefoniert. Da ihre Abwesenheit also nicht an mir liegen kann, schiebe ich sie einfach mal auf den Packstress.

"Wo ist Micha?", erkundige ich mich und tippe dabei eine Nachricht an meinen Vater, dass ich gut zu Hause angekommen bin und ihm einen schönen Tag im Büro wünsche. Er hat mich auf dem Weg zur Arbeit am Hauptbahnhof abgesetzt, sodass ich den frühesten ICE nach Hause nehmen konnte. Wirklich etwas gebracht hat es mir dank einer Oberleitungsstörung jedoch auch nichts.

Meine Mutter taucht aus den Tiefen des Wandschrankes auf und blickt an der Tür vorbei zu mir herüber. "Er sucht im Keller die Skiausrüstung zusammen."

Polarlicht [ III - 2020 ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt