Sonntag, 20. Dezember 2020

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Leises Schnarchen erfüllt den Raum und wird kaum von der Musik im Hintergrund überdeckt

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Leises Schnarchen erfüllt den Raum und wird kaum von der Musik im Hintergrund überdeckt. Wann genau wir während dem Trinkspiel den unerträglich lauten Fernseher leiser gestellt haben, kann ich nicht mehr sagen. Dazu ist eindeutig zu viel Alkohol geflossen. Und genau so sieht der Wohnzimmertisch auch aus. 

Man könnte meinen, eine ganze Fußballmannschaft hätte hier gefeiert und nicht nur vier Personen. Duzend leere sowie halbleere Flaschen stehen auf und neben dem Tisch. Fleckige, aber leere Gläser tummeln sich ebenfalls auf der Tischplatte und selbst in den Schüsseln mit Snacks sind nur noch jämmerliche Reste enthalten. Das Durcheinander sorgt jedoch für einen furchtbaren Anblick, weshalb ich den Kopf zur Seite drehe und Nica prüfend mustere.

Meine Freundin liegt bäuchlings quer über einem der Sofas. Einer ihrer Arme hängt auf den Boden hinunter und ihre wirren Haare verdecken den Blick auf ihr Gesicht. Sie ist auch die Quelle für das Schnarchen. 

Ich erhebe mich von dem äußerst bequemen Sessel, auf den ich während des Spiels irgendwann gewechselt bin. Aus dem geflochtenen Korb neben dem Weihnachtsbaum schnappe ich mir eine der braunen Decken und breite sie über Veronica aus. Sie wird heute Nacht definitiv nicht mehr in's Bett gehen. Und so friert sie zumindest nicht - obwohl es vor dem prasselnden Kaminfeuer durchaus warm genug ist. 

Leo tippt gelangweilt auf seinem Handy herum und hat die Füße auf dem Chaostisch abgelegt. Ich lasse mich neben ihn auf das Sofa plumpsen und ziehe die Beine an, während ich mich zur Seite drehe um den Cousin meines Erzfeindes ansehen zu können. Seine Haut wirkt trotz des gelblichen Kaminfeuers eher grau und seine Augen glänzen verdächtig. Die Adern darin sind gerötet und er braucht dringend eine mindestens genauso dicke Mütze Schlaf wie ich. 

Für einige Sekunden ist es einfach still zwischen uns, doch schließlich räuspere ich mich. Leo hebt den Blick von seinem Display und dreht den Kopf zu mir herum. Erschöpft blickt er mich an und zieht fragend beide Augenbrauen nach oben. 

"Hast du das vorhin ernst gemeint?" Unter normalen Umständen würde mir diese Frage nicht so leicht über die Lippen gehen. Doch der definitiv viel zu hohe Alkoholspiegel in meinem Blut sorgt bei mir für eine lockere Zunge und so schaue ich meinen Nebensitzer gespannt an. "Das mit dem Sex?"

Obwohl diese Aufgabe oder Frage, oder was auch immer es war, bereits Stunden zurückliegt und mein Kopf mir definitiv sagt ich solle besser die Klappe halten, lässt mir dieses Thema keine Ruhe.

Stumm blickt Leo mich an und lässt den trüben Blick langsam über mein Gesicht wandern. Vermutlich sucht er nach den Anzeichen eines Lächelns oder nach einem Indiz dafür, dass ich mich über ihn lustig machen möchte. Doch dem ist nicht so. 

"Nicht das es schlimm wäre. Ehrlich nicht.", setze ich deshalb hinzu. "Ich möchte es nur einfach wissen."

Selten hat mir jemand so unverblümt gesagt, dass er gerne mit mir in's Bett möchte und ganz besonders von Leo habe ich genau das nicht erwartet. Himmel, ich kenne ihn seit er aus dem Bauch seiner Mutter geflutscht ist. Wir sehen uns einmal im Jahr hier oben in Kiruana und einmal im Jahr, meistens im Sommer, in Deutschland. Niemals hatte ich erwartet, dass Leo etwas Derartiges im Kopf haben könnte.

Polarlicht [ III - 2020 ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt