Polarlicht [ III - 2020 ]

Donnerstag, 17. Dezember 2020

"Jenny, hilfst du mir die Girlanden aufzuhängen?" Veronica streckt den Kopf ins Wohnzimmer, wo ich gerade mit meinem Vater und Sören den Weihnachtsbaum gerade rücke. Es ist ein großer Baum, der gut gefüllt ist. Wie jedes Jahr haben ihn unsere Väter unter Sörens Aufsicht vom Anwesen der Winters geholt.

"Geh nur. Wir schaffen den Rest allein." Sören schenkt mir ein breites Lächeln und wedelt mit der Hand in Richtung seiner Enkelin.

Dankend entferne ich mich von den großen Fenstern und dem Kaminfeuer, neben dem der Weihnachtsbaum steht. Gemeinsam mit Nica laufe ich zur Garderobe, wo wir uns dicken Winterjacken und Mützen anziehen. Bewaffnet in Winterstiefeln und Handschuhen verlassen wir das Herrenhaus.

Auf der Veranda sehe ich bereits unsere Arbeit für die kommende Stunde liegen. Den Tag gestern habe ich zwar hauptsächlich in der Küche verbracht und mit Mama, Carlotta und deren Schwägerin Astrid locker zehn verschiedene Sorten Plätzchen gebacken. Der Rest der Familie war jedoch nicht weniger fleißig. Die Männer haben mehrere Tannenwedel geschnitten und diese haben sie gestern unter Eddas aufmerksamen Augen zu schweren Girlanden gebunden. Nica war dann mit den Jungs dafür verantwortlich, die einzelnen Bögen mit großen Glocken, Schleifen und Lichterketten zu verzieren.

Jetzt liegen eben jene Bögen auf der Veranda verteilt und wir werden uns daran abmühen müssen, sie um das Vordach herum, an die vorgesehenen Haken zu hängen. Veronica und ich haben das Prozedere im letzten Jahr bereits vollführt und daher weiß ich, dass es eigentlich gar nicht so schwer ist. Die größte Schwierigkeit besteht darin, nicht rückwärts von der Leiter zu fallen.

"Also dann." Nica klatscht in die behandschuhten Hände. "Let's do it."

Liebend gerne würde ich dieselbe Motivation an den Tag legen, doch ich stemme nur entschlossen die Hände in die Hüfte und lasse den Blick über die Dekoration gleiten. Die Tannenwedel sind um vorgeformte Bögen gewickelt und die großen goldschimmernden Glocken hängen gemeinsam mit einer großen roten Schleife am Tiefpunkt eines jeden.

Wie jedes Jahr sind die Lichterketten noch nicht herumgewickelt und ich kann die große Box inklusive Beschriftung auf der Bank unter dem Bürofenster erkennen. Sobald alle Bögen der Girlande am Verandadach angebracht sind, werden wir die Ketten noch drum herum wickeln.

Eine ganze Menge Arbeit, die auf uns wartet.

"Du hast Recht. Lass uns anfangen."

Gemeinsam tragen wir den ersten der vielen Bögen die Treppe der Veranda herunter und durch den knirschenden Schnee an der Brüstung vorbei. An den beiden Bäumen, die die Zufahrt auf den Vorhof des Herrenhauses flankieren, kann ich Nick und Leo jeweils auf einer Leiter stehen sehen. Auch sie tragen Winterkleidung und Handschuhe, während sie mit langen Lichterketten hantieren.

Es ist nicht das erste Mal, das ich Nick heute zu Gesicht bekomme. Und dennoch fühlt es sich merkwürdig an. Das mittlerweile bekannte Pochen zwischen meinen Beinen meldet sich wieder, doch da ist auch noch dieses Rumoren in meinem Bauch.