Szene 4-6 || Auf der Suche

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【Szene 4: Auf der Suche】

Nach dem Frühstück trennen sich unsere Wege mal wieder. Liam geht zum Sport, während ich im Garten Zeichenunterricht habe.

Gerade malen wir Bilder, die auf den Betrachter gleichzeitig verstörend, aber auch wunderschön wirken sollen. Ich habe mich von der Dornenhecke, die den Garten von dem dahinterliegenden Wald abgrenzt, inspirieren lassen.

"Sehr schön", meint Mrs. Morton, unsere Kunstlehrerin, als sie hinter mich tritt und auf mein halbfertiges Gemälde blickt. "Das Blut des Mannes, das von seinen Eingeweiden tropft, hast du sehr gut getroffen. Es ist überhaupt eine schöne Idee, die Natur mit der Folter zu verbinden."

Stolz lächle ich und tunke meinen Pinsel in den Rest grüner Farbe auf meiner Palette. Die Stachelhecke, über die die Menschen klettern und dann aufgespießt werden, soll schließlich möglichst naturgetreu aussehen.

Die Herbstsonne brennt unbarmherzig auf meinen Nacken hinunter und ich fange an, so langsam ins Schwitzen zu kommen. Schon seit einigen Stunden sitze ich hier mit den anderen und male. Aber bald habe ich zum Glück Mittagspause.

Sofort fällt mir das Rätsel wieder ein. Wenn die Sonne am höchsten Punkt steht... Das müsste dann wohl jetzt sein.

Ich schirme meine Augen mit beiden Händen ab und blicke in den Himmel. Tatsächlich: die Sonne steht direkt über mir.

"Also, das war's für heute!", ruft Mrs. Morton und klatscht in die Hände. "Bitte räumt eure Malutensilien auf. Um eure Bilder werde ich mich kümmern, wir werden sie noch ein wenig in der Sonne trocknen lassen."

"Und, was hast du heute so vor?", höre ich Emma hinter mir fragen.

Ich drehe mich um und blicke in das Gesicht der Blondine. Ihre blauen Augen funkeln mir im strahlenden Licht der Sonne entgegen.

"Das ist ein Geheimnis", schmunzle ich.

"Ach ja? Schade, ich dachte, wir könnten heute Nachmittag zusammen einen Kaffee oder so trinken..."

Sie klingt enttäuscht.

"Vielleicht", antworte ich mit einem entschuldigenden Lächeln.

Ich weiß ja gar nicht, was Liam mit mir noch so alles vorhat.

"Okay, melde dich einfach bei mir, wenn du Lust hast. Du weißt ja, wo du mich findest."

"Wieder in dieser grusligen Ecke?"

Daraufhin folgt keine Antwort mehr. Vielleicht habe ich mir das von heute Morgen auch nur eingebildet, wer weiß.

【Szene 5: Das Versteck】

Nachdem ich meine Malutensilien wieder in der Kiste unter meinem Bett verstaut habe, gehe ich erneut nach draußen, um über das Rätsel nachzudenken. In einer halben Stunde ist Mittagspause, ich muss mich also beeilen.

"Also, wollen wir doch mal schauen", murmle ich und blicke mich im Garten um. "Was begleitet mich mein Leben lang und gibt den Takt vor?"

Ich kann echt nicht glauben, was ich da gerade tue. Aber es erinnert mich ein wenig an meine Kindheit, als Emma und Ich hier im Garten immer Verstecken gespielt haben. Hinter den wasserspeienden Gargoyle-Statuen war gerade so Platz für mein kleines Ich, um sich dahinter zu verstecken. Warum ich nicht nach dem zehnten Mal, an dem mich Emma auf Anhieb gefunden hat, verstanden habe, dass ich langsam mal mein Versteck wechseln sollte, um zu gewinnen, weiß ich bis heute nicht. Aber könnte hier etwa der Schlüssel versteckt sein?

Not Today, Satan (Staffel 1) | 𝐒𝐞𝐫𝐢𝐞 || AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt