In Sicherheit

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In Lokis Kopf wirbelten tausend Gedanken durcheinander, während er verzweifelt versuchte, sich zu fokussieren. Erinnerungsfetzen mischten sich mit der Sorge um die Flüchtlinge, Thor und vor allem Runya. Alfrids Gesicht begann vor seinen Augen zu verschwimmen und sekundenlang tauchte der Magier ab in die Ereignisse aus der Vergangenheit.

Loki ballte die Faust und versuchte, die unangenehmen Erinnerungen weg zu wischen. Er musste sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Asgard war in grösster Gefahr und irgendwie musste es doch einfach möglich sein, das auch Alfrid begreiflich zu machen. Damit er ihm helfen – oder ihn zumindest nicht behindern – würde!

Aber als er auf den ehemaligen Freund sah wusste er instinktiv, dass vernünftige Worte den Mann nicht erreichen konnten. Zumindest nicht im Moment.

Loki erstarrte innerlich. Er hasste das, was er jetzt tun musste... Aber ihm blieb schlicht keine andere Wahl. Er musste hier weg, zurück nach oben, um ES aufzuhalten. Alfrid stand ihm im Weg – also musste er ausser Gefecht gesetzt werden.

Er hob seine Hand und wollte einen Energiestoss auf den anderen werfen, als er urplötzlich merkte, wie er zu zittern begann. Einen Augenblick lang konnte er sich auf einmal nicht mehr regen und vor allem keinen klaren Gedanken mehr fassen – ganz zu schweigen davon, die nötige Konzentration zu sammeln, um die Attacke zu starten.

Loki keuchte auf und wich entsetzt zurück. Was war hier los? Es fühlte sich an wie damals, als man ihn nach der Attacke auf Midgard gefangen genommen und er das erste Mal entdeckt hatte, das man ihn seiner Magie beraubt hatte. Als er sich gegen seine Wächter zur Wehr hatte setzen wollen und nichts geschehen war, als er die Hand zum Angriff ausgestreckt hatte. Das zynische und schadenfrohe Lachen der beiden Einherjar, die ihn anschliessend mit hartem Griff gepackt und weg geschleift hatten, dröhnte wieder in seinen Ohren.

Der kalte Schweiss brach ihm aus. Das Lachen... Er bildete es sich nicht ein. Es schallte ihm wieder entgegen, genauso kalt und genüsslich wie damals.

Doch dann schaffte er es, seine Benommenheit abzuschütteln. Es waren keine Einherjar, die ihn verspotteten, sondern Alfrid. «Was ist denn los, Loki?» fragte er hämisch, während er seinerseits die Hand zum Angriff hob. «Hast du plötzlich das Kämpfen verlernt?»

Die Worte rissen Loki endgültig aus seiner Erstarrung. Das hier war nicht damals, das war heute... Und heute besass er seine gesamte magische Kraft wieder! Also weg mit den Gespenstern der Vergangenheit – denn für die hatte er jetzt genauso wenig Zeit wie für einen rachsüchtigen ehemaligen Freund.

Alfrids Energiestoss ging ins Leere, denn Loki sprang in letzter Sekunde aus der Schusslinie. Dabei warf er sich zu Boden, vollführte eine rasche geschickte Drehung und griff dann seinerseits an. Alfrid besass keine Chance: Lokis Magie riss ihn innert Sekunden von den Füssen.

Loki warf einen unschlüssigen Blick auf den Bewusstlosen, ehe er sich einen Ruck gab und nach draussen hastete. Alfrid würde nichts geschehen, er war hier unten sicher. Und in ein paar Minuten würde er wieder aufwachen... Er hatte ihn gerade lange genug betäubt, um entkommen zu können.

Während er nach oben rannte, fragte er sich wiederholt, seit wann Alfrid über soviel magische Fähigkeiten verfügte. Als Loki ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatte er es gerade mal so knapp geschafft, einen Energieball zu bilden. Sich selbst – oder gar andere mit ihm – von einem Ort zum anderen zu teleportieren gehörte damals nicht zu Alfrids Möglichkeiten. Aber nicht nur seine neue Stärke überraschte Loki: er fragte sich auch, was der andere all die Zeit über getrieben hatte. Hatte er erst mächtig genug werden wollen, bevor er sich seine Rache holte, oder hatte ihn noch etwas anderes davon abgehalten, sich Loki schon früher vorzuknüpfen?

Loki: the fallen Prince - der gefallene PrinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt