Uralten Geheimnissen auf der Spur

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Loki schob die Prinzessin sanft von sich, hielt sie jedoch weiterhin an den Armen fest, da er ahnte, dass sie ansonsten kaum stehen konnte. Sie schniefte und starrte aus tränennassen Augen zu ihm hoch.

«Was war denn los, Herrin?» fragte er erneut.

Seine sanfte Ruhe tat ihr gut, und nach einigen letzten Schluchzern konnte sie stockend berichten, was passiert war. Obwohl sie selbst nicht genau wusste, was sie da eigentlich erlebt hatte. Doch an die unheimliche Stimme und das schreckliche Licht konnte sie sich überdeutlich erinnern.

«I... ich wollte schreien,» beendete sie ihren Bericht, «...aber ich konnte nicht.» Sie sah hoch, schluckte. «Ich habe nach dir gerufen. In meinem Kopf. Völlig verrückt, weil ich keinen Laut äussern konnte. Aber irgendwie... hast du mich wohl doch gehört?» Der letzte Satz war eine leise Frage.

Loki musterte sie verwirrt. «Aber Prinzessin, Sie haben mich doch wirklich gerufen. Ich konnte Sie hören – laut und deutlich. Darum bin ich ja hier.»

Sie starrte ihn an. Wie war das möglich? Sie war sich absolut sicher, dass kein Ton über ihre Lippen gekommen war.

«Du... hast mich gehört? Richtig gehört, nicht nur in deinen Gedanken?»

«Ja. So deutlich, wie ich Sie jetzt höre.» Er lächelte traurig. «Nur sehr viel lauter.»

Sie glaubte ihm, war jedoch viel zu aufgewühlt, um der Frage nach dem Warum nachzugehen. Sie war einfach nur heilfroh, dass er sie gerettet hatte! Ein paar Sekunden später, und sie wäre verloren gewesen, das wusste sie genau.

«Ich hatte... Panik. Was mich da gerufen hat, war...» Runya brach ab, konnte es selbst nicht genau formulieren.

«Böse?» half Loki ihr nach. Sein Gesicht wirkte plötzlich sehr angespannt und aufmerksam.

Das war genau das Wort, das sie eigentlich hatte sagen wollen – doch sie hatte sich geschämt, es auszusprechen. Schliesslich klang es irgendwie kindisch, von 'böse' zu reden. Aber aus Lokis Mund hörte es sich ganz und gar nicht kindisch an... Im Gegenteil.

Sie nickte erstarrt. «Ja.»

Ein Geräusch vom Ende des Ganges liess die beiden zusammenzucken. Loki blickte an Runya vorbei nach vorne und erkannte zwei Einherjar, die gerade um die Ecke bogen. Da zog er die junge Frau ohne ein weiteres Wort in eine der Kammern, vor denen sie standen, und hielt die Finger an die Lippen. Runya nickte ihm zu um ihm zu deuten, dass sie verstanden hatte. Es wäre sicher nicht besonders klug, wenn die zwei Wachen sie entdecken würden. Zumindest würden sie Fragen beantworten müssen, die sie nicht beantworten konnten – oder wollten.

Als die beiden vorüber waren, murmelte Runya kaum hörbar und mehr zu sich selbst: «Merkwürdig... Jetzt, wo alles vorbei ist, tauchen sie wieder auf.»

«Wie meinen Sie das?» fragte Loki leicht zerstreut. Seine Augen folgten den beiden Einherjar, um sicher zu stellen, dass sie wirklich weiter gingen.

«Naja, vorhin war kein einziger von denen zu sehen.»

Lokis Kopf ruckte herum. Er starrte die junge Frau plötzlich mit einem sehr seltsamen Ausdruck auf dem Gesicht an. «Kein einziger?» hakte er nach. «Auch nicht vor Ihrer Tür?»

«Kein Einherjar weit und breit.» gab sie zurück.

«Der alte Feind. Das dunkle Licht. Eine Stimme, die Sie ruft. Und jetzt noch das...» Auch Loki sprach jetzt mehr zu sich selbst. Als Runya ihn irritiert fragte, was er meinte, sagte er statt einer Antwort: «Herrin, Sie sollten jetzt schlafen gehen. Aber morgen früh...» Er atmete tief durch, schien einen Moment unsicher, ob er weitersprechen sollte. «...morgen früh müssen Sie mir helfen, in meine alten Räume zu gelangen.»

Loki: the fallen Prince - der gefallene PrinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt