Verführungskünste

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Das nächste Mal als Lorelei auftauchte öffnete sie den Käfig, statt sich selbst einfach hinein zu teleportieren. Aufreizend blieb sie in der geöffneten gläsernen Tür stehen und lächelte Loki verführerisch an. «Ich bin in Feierstimmung, mein Lieber.» sagte sie beiläufig, «und ich hasse es, alleine zu feiern. Warum also kommst du nicht raus und begleitest mich?»

«Begleiten? Wohin?»

«Immer so schrecklich neugierig und ungeduldig.» Ihr Lächeln vertiefte sich. «Es sollte eigentlich eine Überraschung werden. Aber da du nicht warten kannst...» Sie schnippte mit den Fingern. «Oben steht ein Fünf-Gänge-Menü für uns bereit.»

«Wie bitte?» Loki glaubte, sich verhört zu haben.

«Ganz recht, mein Lieber. Wie ich eben sagte: ich möchte feiern.»

«Darf man fragen, was der Anlass dazu ist?»

«Natürlich darf man.» Sie lachte leise auf. «Ich habe gewonnen. Asgard gehört mir. Wenn das kein Grund zum Feiern ist.»

«Bist du nicht ein klein wenig zu voreilig?» Jetzt musste auch Loki lachen. Es klang spöttisch. «Gut, du magst eine Schlacht gewonnen haben – aber den Krieg noch lange nicht.»

«So, denkst du?» Sie liess sich nicht aus dem Konzept bringen. «Glaub das von mir aus, wenn es dich beruhigt. Du wirst noch früh genug merken, dass du dich irrst. Und jetzt sei so lieb und komm mit.» Ihre Augen funkelten unheimlich. Leise fügte sie hinzu: «Ich nehme schon an, dass du schlau genug bist, um zu wissen, dass dies keine Bitte war, oder?»

«Tut mir leid, ich hab schon was Besseres vor.»

Loreleis Blick wurde hart. «KOMM MIT.»

Der Befehl, diesmal direkt ausgesprochen, hatte kaum ihren Mund verlassen, als Loki schon merkte, wie sich seine Füsse automatisch auf den Ausgang zu bewegten. Er versuchte, sich dagegen zu sperren, doch es half alles nichts: er hatte keine Kontrolle mehr über seinen Körper. Und wieder sah er, wie das Medaillon an Loreleis Hals hell aufglühte.

Sie bemerkte den Blick und leckte die Lippen, sagte jedoch nichts. 

Während Loki ihr gegen seinen Willen folgte, tastete er den Raum genau ab. Wenn er sich nicht irrte, zählte er rund fünfundsiebzig Kapseln mit schlafenden Asgardianern auf dem Weg nach draussen. Das bedeutete fünfundsiebzig potentielle Verbündete – wenn er es denn je schaffen sollte, sie aus ihren Gefängnissen zu befreien.

ES hatte nicht gelogen: als sie am Ziel ankamen – einem kleinen, eleganten Raum in der Nähe der Bibliothek – fand Loki einen reich gedeckten Tisch vor.

Er setzte sich, als sie ihm den Platz wies, und meinte bissig: «Ich frage mich, wie viel Smalltalk ich ertragen muss, bis du mir den wahren Zweck dieses Abends nennst.»

«Wie kann man bloss so misstrauisch sein?» In gespielter Verzweiflung schüttelte sie den Kopf und setzte sich ihm gegenüber. «Ich habe dir den 'wahren' Zweck dieses Abends enthüllt: ich möchte feiern. Also tu mir den Gefallen und entspann dich.»

«Ach komm, du willst mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass du mit deinem Todfeind deinen übrigens noch nicht ganz erfolgten Sieg zelebrieren willst?» Lokis Stimme troff vor Sarkasmus.

Sie seufzte und hob ihr Glas. «Also ehrlich, mein Lieber... Dein Misstrauen bringt dich eines Tages noch um.»

«Eine innere Stimme sagt mir, dass mich was ganz anderes umbringen wird.» Er machte keine Anstalten, von dem Wein zu trinken.

«Ts, ts.» Lorelei verdrehte in gespielter Theatralik die Augen. Nach einem Fingerschnippen ihrerseits wurden die Teller mit einem köstlich aussehenden Mix aus diversen Salaten gefüllt. «Gib es zu: du bist nicht nur deshalb hier, weil ich es dir befohlen habe.»

Loki: the fallen Prince - der gefallene PrinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt