Schlechte Neuigkeiten

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Odin hörte die verzweifelten Hilferufe sofort. Er flog nicht besonders hoch und konnte daher im nächsten Moment auch schon die zierliche Gestalt sehen, die unten auf der Erde lag und heftig mit den Armen ruderte. «Hilfe!» schrie sie immer wieder. «Hilfe!»

Eine junge Frau.

Der Allvater stockte, zögerte einen Moment. Er könnte zum Palast eilen und einen seiner Männer zurückschicken...

Aber nein: was, wenn die Frau dringend Hilfe brauchte?

Sie war eine seiner Untertanen. Er konnte ihre offensichtliche Not nicht einfach ignorieren.

Er steuerte den Gleiter nach unten und setzte wenige Meter vor der Frau auf. Im ersten Moment konnte er nicht erkennen, was ihr fehlte – ob sie verletzt war oder nicht – doch am Grad der Verzweiflung, der deutlich aus ihrer Stimme herauszuhören war, ging er davon aus, dass sie Schmerzen litt.

«Keine Angst mein Kind.» rief er ihr noch im Gehen zu. «Ich bin gleich bei dir.»

«Mein König!» kam die schwache Antwort. «Bitte helfen Sie mir!»

«Ich komme ja!» Odin merkte erneut, dass ihm sein Alter zu schaffen machte. So schnell er konnte (aber leider nicht mehr ganz so schnell wie er gerne wollte) eilte er zu der Frau hin. «Was ist denn los, meine Liebe? Was fehlt dir?»

«Jetzt nichts mehr.» erwiderte die Frau und lächelte ihn an.

Ein unheimliches, düsteres Lächeln.

Und im selben Moment fühlte Odin sich vom Rausch ihrer Stimme hinweg gerissen.

Ihre nächsten Worte bekam er kaum noch richtig mit.

«Du gehörst jetzt mir, Allvater.» Der Tonfall war wie Seide – sanft und absolut unwiderstehlich. «Du bist mein... Und von nun an wirst du tun, was ich dir sage.»

Aus der Tiefe seines Bewusstseins wollte ein lautes 'Nein' nach oben dringen.

Doch was er sich stattdessen sagen hörte, war: «Ja.»







«Was für eine Macht ist das, Loki?» Thor konnte nicht verhindern, dass es ihn immer noch leicht schüttelte. Was er da gerade gelesen hatte, war schlicht unglaublich. Konnte das wirklich wahr sein?

Andererseits: wie konnte es nicht wahr sein?

«Manche nennen es das Böse schlechtin.» gab Loki zurück. Er zuckte die Schultern. «Klingt meiner Meinung nach etwas übertrieben – aber verständlich, wenn man bedenkt, welch verheerende Kraft dahintersteckt.»

«Und dieses... Etwas ist überall?»

«Es kann überall sein, wenn es das will, ja. Nur sehr mächtige Magier können es aufhalten. Doch davon gibt es inzwischen keine mehr.»

«Was ist mit dir?» Thor schaute ihn erwartungsvoll an.

«Mit mir?» Loki war überrascht. «Wie kommst du darauf, dass ich so stark sein könnte?»

«Nun, du scheinst mir jedenfalls um einiges stärker zu sein als ich bisher wusste.» Es klang nicht vorwurfsvoll, sondern eher schon bewundernd.

Loki beäugte den Blonden dennoch mit deutlichem Misstrauen. «Wie kommst du darauf?»

Thor konnte sich ein flüchtiges Schmunzeln nicht verkneifen. «Ich habe noch nie erlebt, dass du ein Portal gebildet und einfach so von einem Ort zum anderen teleportiert bist. Jedenfalls nicht ohne Hilfsmittel. Und noch dazu, indem du zwei weitere Personen mitgenommen hast.»

Loki: the fallen Prince - der gefallene PrinzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt