5 - Sei nicht wütend

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Sehun POV
(Bild: Wasserfall in neuem Revier)

Es stört mich, dass Suho nur an sich denkt. Als ob wir zwei auf lange Zeit miteinander alleine leben können. Und ob wir das in ein paar Jahren überhaupt noch wollen, ist eine andere Frage. Ich bin zwar der jüngere von uns zwei, jedoch besitze auch ich die Fähigkeit logisch zu überlegen. Meistens jedenfalls.

Ich möchte ihn ja nicht zwingen...aber wenn wir unter uns bleiben wollen, finden wir vielleicht nie unsere Mates. Und das fände ich absolut grauenhaft. Nicht auszudenken, wenn ich niemals Liebe erfahren würde. Natürlich will ich da nichts hetzen. Aber es wäre wundervoll zu wissen, dass ich jemanden an meiner Seite habe, dem ich bedingungslos vertrauen kann.

Trotz guter Argumente, Suho ist und bleibt ein Sturkopf. Wie kann ich ihn bloss überzeugen?

Ohne es wirklich geplant zu haben, war ich erneut die Grenzen unseres Reviers abgelaufen. Wenn ich gerade da war, dann konnte ich auch gleich mit den Reviermarkierungen beginnen. Also verwandelte ich mich und rieb meinen Hals an den Bäumen. Daran können andere Wölfe unser Revier erkennen.

Während ich meine Arbeit tat, wanderten meine Gedanken zurück zu Suho. Wenn er sich nicht mit mir einigte, was sollte ich dann tun? Alleine konnte ich noch nicht überleben. Dazu war ich zu wenig geübt im Jagen und Kämpfen.

Aber vielleicht, wenn ich mich anstrengte, kann ich Suho überzeugen. Dann muss ich mir auch gar keine Gedanken darüber machen, wie ich ohne ihn durchkomme. Und dann könnten wir Wölfe, welche auf Wanderschaft sind, aufnehmen. So wie Suho und ich uns ein neues Revier und Leben gesucht haben, machen es sicher auch andere.

Plötzlich hörte ich ein Geräusch ganz in der Nähe. Es klang wie ein Tier. Mein Nackenhaar sträubte sich und ich war augenblicklich in Jagtstimmung. Wenn ich Suho etwas fing, dann würde er mir sicher lieber zuhören. Und wer weiss, vielleicht ist er ja dann mit mir einer Meinung.

Mir fiel auf, dann sich das Tier sehr gross anhörte, was ich gar nicht mochte. So nahe an unserer Grenze, konnte das alles Mögliche sein. Auf einmal meinte ich, ein tiefes Knurren zu hören, worauf ich mit einem ängstlichen Fipen antwortete. Daraufhin hörte ich wie das Tier die Richtung wechselte und mir näher kam. Meine Beine waren wie festgefroren und ich kam einfach nicht von der Stelle. Die Farne und Sträucher vor mir wackelten leicht, obwohl kein Wind ging. Langsam wurden sie zur Seite geschoben. Ich schlotterte schon fast, als ich einfach nur zusehen konnte. Dann hörte ich einen Ast hinter mir zerbrechen und ich drehte den Kopf, um nachzusehen. Als ich mich wieder dem Tier zuwendete, blickte mir ein einzelnes Auge zwischen den Farnen entgegen. Es begann rot zu leuchten, was mich aus meiner Starre befreite.

Ich wendete und sprintete Hals über Kopf zurück zur Höhle. Vorbei an der Grenze, welche ich unbewusst überquert hatte. Ich sah zurück und erblickte nichts als unberührter Wald. Ich sah nach vorne und jaulte überrascht auf. Ausweichen konnte ich nicht mehr, sodass ich mit voller Wucht in meinen Bruder prallte.

Kleine Sternchen tanzten vor meinen Augen und ich brauchte länger als gewöhnlich, um mich zurück in einen Menschen zu verwandeln. Währenddessen hörte ich Suho vor sich hin grummelt, was ich mit einer Stoss gegen seine Schulter quittierte. "Man, wieso rennst du denn so?", maulte er wütend. "Ja, dass könnte ich dich auch fragen!"

Er sah mich an und verdrehte die Augen. "Bei den Flausen die du im Kopf hast, hätte es ja sein können dass du abhaust. Ich wollte dich nur davon abhalten, dich selbst umzubringen." Einen Moment dachte ich an den Wolf im Wald zurück. Dann schüttelte ich den Kopf, dass war ja nicht meine Schuld gewesen. Wenn der sich so daneben verhalten will, dann soll er das tun. Ich hatte ihn ja nicht provoziert oder so.

"Wo bist du denn her gekommen? Du sahst aus, als hätte der Teufel dich gejagt", fragte mein grosser Bruder besorgt. Soll ich es ihm sagen? Aber was, wenn es doch bloss Einbildung war? Nein, das kann ich nicht tun. Sonst hält er mich nur für noch kindischer als sonst auch schon.

"Da hinten gibt es einen coolen Wasserfall, wo man sich super erfrischen kann. Ich wollte dir umbedingt davon erzählen, Hyung.", erinnerte ich mich an den Wasserlauf, den ich gesehen hatte während ich die Markierungen machte.

Suho lächelte erleichtert und liess sich von mir ganz genau erklären, wo dieser lag. Wir liefen gemeinsam zur Höhle, während ich von den Markierungen erzählte, die ich gemacht hatte. Dann gähnte ich und Suho beschloss die restlichen Markierungen zu erledigen, solange ich mich hier ausruhte.

Nach einiger Zeit in der ich friedlich vor mich hindöste, hörte ich einen Magen knurren. Zunächst ignorierte ich es, dann wurde mir immer mehr bewusst, dass es nicht mein Magen war.  Langsam setzte ich mich auf, dankbar für meine Wolfsaugen welche selbst im Halbdunkeln gute Sicht hatten. Ich nahm alles genau ins Visier und bemerkte, dass der Haufen von getrocknetem Gras neben mir leicht bewegte. Auf leisen Pfoten schlich ich zum Haufen, welcher wohl über längere Ueit hinweg in die Höhle gewindet wurde.

Dann setzte ich zum Sprung an und fokussierte mich ein letztes Mal. Anschliessend hüpfte ich mit vollem Gewicht auf den Haufen und knurrte währenddessen drohend. Ich spürte Widerstand und versuchte, mich an dem Tier festzuhalten, welches sich unter mir wand. Schlussendlich wurde ich abgeschüttelt, rappelte mich gleich wieder auf und sah mich einem grauen Wolf gegenüber. Obwohl er beinahe gleich gross war wie ich, drückte er sich augenblicklich ängstlich an die Höhlenwand und fippte leise.

Ich knurrte erneut warnend, bevor ich mich vor dem Höhleneingang positionierte und auf Suho wartete. Währenddessen liess ich den Eindringling nicht aus den Augen.

"Sehun, ist alles in Ordnung?", kam es von Suho als er in meine Richtung lief. Ich nickte bloss mit meinem Kopf zum Inneren der Höhle. Verwirrt tätschelte Suho meinen Kopf und trat in die Höhle. Erstaunt schnappte er auf und sah zu mir. "Seit wann? Hast du ihn etwa hierher gebracht?"

Ich verwandelte mich und stellte klar, dass er erst jetzt von mir entdeckt wurde. Dann wandten wir uns beide dem Wolf zu, welcher sich noch kleiner machte.

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Wer ist der unbekannte Wolf wohl? Hat irgendwer eine Idee?

Neues Leben? Neues Rudel. ▪︎EXO▪︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt