12 - Gammas Pflicht

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Yifan POV
(Bild = Kyungsoo)

Ich vertraue Sehun und Suho normalerweise in ihrem Urteilsvermögen. Doch wenn es um den Gamma geht, da geht mir die Vertrauenseligkeit definitiv zu weit.
Mir ist klar, dass Suho das gut überlegt hat und auch ich wusste, dass ein Gamma in einem Rudel viel nützen kann. Jedoch wurde mir umso mehr bewusst, dass wir ihn kaum kennen. Ich hoffe Suho hat ein gutes Gespür, was die Rekrutierung von neuen Rudelmitgliedern angeht.

Es war einer der Tage, die ich grösstenteils am Bach verbrachte. Dort kann ich so gut nachdenken. Selbst für das kniffligste Problem kann ich hier Lösungen erarbeiten. So auch zu der Sache mit Kyungsoo.

Am Abend als er zu uns kam, stellte ich mit Erleichterung fest dass sie ihn gründlich musterten. Auch wenn es nach aussen schien, als hätten wir den Gamma sofort aufgenommen, blieb Suho aufmerksam und hielt die ganze Nacht Wache. In den darauffolgenden Tagen zeigten sie Kyungsoo, wie bei uns das Rudelleben ablief. Auch hier tauschten wir drei immer wieder Blicke aus und stellten erleichtert fest, dass Kyungsoo bis jetzt nicht negativ aufgefallen war. Weder miese Bemerkungen gegen bestimmte Ränge, noch Erzählungen aus dem früheren Rudel, welche abfällig waren. Kyungsoo schien sich tatsächlich bei uns anpassen zu wollen.

"Aber was ist, wenn er eines Tages genug hat und auch unser Rudel hinter sich lässt?", fragte ich während ich im Bach die Kleider wusch.

"Dann wird es so sein. Wir haben dann kein Problem und er kann tun, was er will. Davon mal abgesehen, könnte es ja sein dass er seinen Mate findet und freiwillig dauerhaft bei uns bleibt.", erklärte Suho ruhig.

"Willst du da etwas andeuten, Hyung? Weisst du etwa, wer dein Mate ist?", witzelte Sehun. "Ha, ha, ha. Wahnsinnig witzig, Kleiner.", Suho verdrehte die Augen.

Fragend sah ich die beiden an. War das eine Art Inside joke? Sehun sah meinen Gesichtsausdruck und erklärte, dass Suho den Gedanken einen Mate zu haben, nicht sehr mochte.

Verstehend nickte ich, schliesslich hatte ich schon mitbekommen, wie wichtig ihm seine Freiheit war. Bei mir war es ähnlich, nur sehnte ich mich nach Sicherheit. Bei Sehun schien es wohl körperliche Nähe zu sein, da kaum ein Tag verging ohne dass er mich in eine innige Umarmung zog. Er war schon cute. Apropos Sehun, wo war er eigentlich. Auf einmal spürte ich jemanden hinter mir und ich wurde an den Seiten gepackt. Sehuns vertrautes Lachen ertönte in meinen Ohren und ich drehte mich um. Als ich ihn zum Bach zog, stolperte er über seine Füsse und konnte sich nur mit einem Schritt ins Wasser vor einem Fall bewahren. Dann hatte er seine Hand plötzlich auf meinem Arm und er zog mich mit sich als er tiefer ins Wasser watete. Brr, schon echt kalt!

Einige Minuten später sassen wir in Decken eingewickelt im Gras. Das Feuer knisterte gemütlich, jedoch war es Sehun noch nicht warm genug, da er sich an mich schmiegte.

"Na ihr Turteltäubchen?", neckte Kyungsoo als er mit den Zutaten für die Suppe anmarschiert kam. Sehun stellte augenblicklich klar, dass wir kein Paar waren, während ich still blieb. Wieso denn etwas abstreiten, was gar nicht schlimm wäre? Hier hätte keiner ein Problem damit. Zum Glück, da ich mir ziemlich sicher war, dass ich bisexuell bin.

"Yifan?"
"Hmm?"
"Du warst gerade voll abwesend.", lachte Sehun.
Als Entschuldigung schmiegte ich meinen Kopf an seinem Hals.

Kyungsoo POV

Ich hatte mich gut eingelebt. Zwar spürte ich, dass die drei mir noch nicht völlig vertrauten, was ich durchaus verstehen konnte. Ich war noch nicht lange bei ihnen und Vertrauen bekommt man nicht in so kurzer Zeit. Wenigstens vertrauten sie mir genug, so dass ich ihnen Abendessen kochen durfte.

Ich hielt kurz inne, bevor ich das Feuerholz weiter hackte. Eine Aufgabe, für die sie mich wohl für fähig genug hielten.

Yifan hat immernoch eine gewisse Abneigung gegen mich. Er vertraute mir nicht. Das hatte sich auch an dem Abend als ich zu ihnen kam, deutlich gezeigt. Ob es gegen mich persönlich oder gegen jede fremde Person war, konnte ich nicht wissen.

Wenigstens war er gegenüber von Suho und Sehun komplett anders. Er wirkte entspannt und glücklich. Ich habe schon mehrmals gesehen, wie die drei herumalberten. Irgendwann hoffe ich, dass auch ich gänzlich zum Rudel gehören werde.

Nun sass Yifan völlig alleine beim Eingang der Höhle. Suho war vermutlich im Wald und Sehun war vorher losgegangen um sich zu waschen.

Ich hatte genug Holz gehackt und wusste nicht, was ich jetzt tun sollte.

Yifan sah einsam aus, wie er so alleine dasass. Er hatte sich ganz klein gemscht und seine Arme um die Knie gelegt. Mir war bewusst, dass er mich nicht ausstehen konnte und dass er sich definitiv nicht von mir trösten lassen wird. Jedoch hielten sich meine Gamma Instinkte an keinerlei Regeln der Logik. Einfach gesagt, ich wollte ihn bemuttern.

Vorsichtig um ihn nicht aufzuschrecken, lief ich zu ihm rüber. Ich setzte mich ganz in seine Nähe. Er bemerkte mich, rückte jedoch nicht weg. Er sah traurig aus. "Was ist los, Yifan?" Als Antwort bekam ich bloss ein Kopfschütteln. "Denkst du, eine Umarmung würde etwas bringen?", sagte ich und breitete meine Arme aus.

Einen kurzen schrecklichen Moment lang, dachte ich dass er mich auslachen würde. Dass er sich abwendet und mich hier sitzen lässt. So wie er sich mir gegenüber bis jetzt verhalten hat.

Er sah traurig weg und war still für einige Sekunden, bevor er mich erneut anblickte. "D-das meinst du erst? Ich dachte dass wäre ironisch gemeint.", verunsichert suchte er meinen Blick. Ich lächelte ihm ermutigend zu und hielt weiterhin meine Arme ausgebreitet.

Zögerlich kam er mir näher und kuschelte sich an ganz leicht an mich. Vorsichtig schloss ich meine Arme um ihn und flüsterte ihm sanfte Worte ins Ohr. Als ich merkte dass er sicherer wurde und mir näher kam, hielt ich ihn auch fester. Er wimmerte leise und ich spürte wie ihn im etwas brach. Seine Emotionen waren ganz klar für mich. Jedoch wusste ich nicht ob durch mein eigenes Einschätzungsvermögen oder durch die Feinfühligkeit der Gammas. Jedenfalls waren seine Gefühle wohl zu viel für ihn. Schon spürte ich die ersten Tränen an meinem Hals. Ich versuchte mein bestes, um den Jungen zu wortlos zu trösten. Sanft wiegte ich ihn hin und her. Er wirkte unsagbar traurig und ich wollte ihm diese schwere Last einfach abnehmen. Doch wie mach ich das bloss? Ich beschloss etwas neues zu probieren und summte daraufhin eine leise Melodie. Währenddessen strich ich ihm leicht über den Rücken. Er beruhigte sich allmählich.

Einige Minuten sassen wir so da, bis Yifan sich räusperte. Er vergrub seinen Kopf an meiner Schulter und murmelte etwas. "Wie bitte?", fragte ich.
"Du machst das so, wie meine Mutter mich immer getröstet hat."

Mir wurde warm ums Herz. Und auch wenn ich zuvor nicht ganz alles verstanden hatte, dann war mir eines klar. Yifan hatte eines gesagt, und zwar: "Ich liebe dich, Mama."

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Sorry dass ich so lange gebraucht habe, um das Kapitel zu machen. Aber ich kann keine traurigen Kapitel schreiben. Entweder neutral oder voll Drama, aber nichts zwischendurch.

Was denkt ihr passiert als nächstes?

Und was waren eure Gedanken zu diesem Kapitel?

Neues Leben? Neues Rudel. ▪︎EXO▪︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt