Sternenschauer - Aufstieg

8

Jemand hielt mir den Mund zu und ich öffnete sofort meine Augen. Durch den Mond konnte ich die Umrisse einer Frau erkennen. Doch sie war in dieser Dunkelheit fast nicht zu erkennen.

Neyra presste ihren Zeigefinger gegen ihre Lippe und ließ mit ihrer anderen Hand meinen Mund los.

"Irgendetwas geht hier im Palast vor.", flüsterte sie ganz leise.

Ich nickte und mein Herz begann zu rasen. Es herrschte Totenstille, aber trotzdem spürte ich, dass irgendetwas kommen würde.

Ich hievte mich aus dem Bett und zog mich so schnell und leise wie es ging um. Mir war es egal, ob Neyra etwas von meinem Körper sah. Ihr war es wahrscheinlich genauso gleichgültig. Sie zog leise ihr Schwert aus der Scheide und öffnete die Tür.

"Es gibt einen Geheimgang, der vor die Stadt führt. Wir müssen diesen irgendwie erreichen."

Ein erneutes Nicken gab ich als Antwort. Meine Augen mussten sich sehr anstrengen, um in der Dunkelheit überhaupt Umrisse erkennen zu können. Wir betraten ganz vorsichtig den Gang und hielten uns nahe an der Wand. Irgendwelche Überraschungen waren nicht auf unserer Wunschliste.

Plötzlich ertönte ein Schrei aus dem Nichts und ich zuckte zusammen. Irgendetwas war im Schloss! Neyra wurde etwas schneller und blickte sich immer wieder zu mir um. Wir kamen an der Eisentür vorbei und ich tippte den Hauptmann leicht auf die Schulter. Sie drehte sich zu mir und ich deutete auf die Tür.

Mit einem kleinen Satz stand ich vor ihr und ließ meine Magie hineinströmen. Das Siegel war weg. Hatte ich vergessen eines auf die Tür zu zeichnen oder was war falsch?

Mit etwas Kraft schob ich die Eisentür auf und Neyra stellte sich hinter mich.

"Warum bei Lyara ist die Tür offen?"

"Lange Geschichte.", flüsterte ich zurück.

Als ich in den Raum hinein schlüpfte wurde ich von einer Pfeilspitze begrüßt. Keoma atmete erleichtert aus, als ich in den Schein der Fackeln trat.

"Rhys! Bei Lyara... zum Glück lebst du noch."

Sie senkte ihren Bogen und umarmte mich kurz. Auch Neyra betrat nun den Raum und schloss die Tür hinter sich.

"Dieser Raum war also einst ein Trainingsraum gewesen?"

Ich wandte mich dem Eisen zu und brannte ein Siegel mit meiner Magie hinein.

"Davon gehen wir aus. Rhys konnte mit einem Siegel die Tür öffnen und seitdem verwenden wir diesen Raum als Übungsraum. Wir glauben, dass sich damals, als Mutters Eltern getötet wurden, sich hier ein paar Soldaten versteckt haben und sie hofften anscheinend, dass sie irgendwie überleben könnten"

Die Prinzessin zeigte auf das Leinentuch, das wir über die ganzen Skelette gelegt hatten. Ich nahm mir meinen Bogen und meinen Köcher von der Wand.

"Aber jetzt mal zu was wichtigerem: Was geht hier eigentlich vor sich?"

Neyra schüttelte nur mit dem Kopf.

"Wir wissen es nicht. Atyria und ich wurden plötzlich von Geschrei geweckt. Ich wollte sofort Rhys holen und deine Mutter machte sich auf den Weg zu dir und Nael. Aber was auch immer im Palast ist, möchte Blut vergießen und hat damit schon begonnen!"

"Aber...", begann Keoma, doch es hämmerte plötzlich gegen die Eisentür. Neyra stellte sich sofort vor uns.

"Wenn das Ding, oder was auch immer durch diese Tür kommen mag, hier hinein kommt, dann rennt ihr los und schaut nicht mehr zurück, verstanden? Rennt zu dem geheimen Gang. Keoma, du weißt wo er ist, oder?"