Wir machten in den Bergen im Osten Taenems Halt. Dort herrschten angenehmere Temperaturen als im Rest von Taenem. Wir hatten die letzten Tage nicht viel miteinander geredet, denn die Trauer war noch riesig. Der Verlust Neyras lag schwer auf uns allen. Wir hatten ihren Leichnam in Decken gehüllt und so gut es ging auf Artax festgebunden. Wir wollten sie nicht hier in Taenem beerdigen, auch wenn es ihre Heimat war. Sie hatte ein Recht darauf ihre letzte Ruhe an dem Ort zu finden, den sie am schönsten fande und mit dem sie am meisten verband. Ordwin. Hier in den Bergen wuchsen noch Bäume und die Wüste hatte noch nicht alles zerstört. Wir hatten ein kleines Lager unter einer riesigen Buche aufgebaut und schöpften etwas Energie. Die Reise nach Cenwa würde einige Zeit brauchen, auch wenn wir den Vorteil der Stellari besaßen.
"Fliegen wir eigentlich direkt nach Ordwin, oder was ist unser Plan?", erkundigte sich Astra.
Keoma biss, immer noch voller Trauer, ein Stück von ihrem Apfel ab. Nael legte seinen Arm um mich und schluckte. "Ja, wir gehen zuerst nach Ordwin, denn wir haben absolut keine Ahnung, wo Mutter oder Vater die Stellung halten. Sie könnten so gut wie überall sein."
"Und wir müssen noch etwas anderes erledigen.", fügte ich hinzu und mein Blick wanderte zu Artax und die in Decken eingehüllte Neyra. Keoma zitterte bei diesem Gedanken und hüllte sich in ihre Decke ein. Astra gesellte sich zu ihr und nahm sie in der Arm. Die beiden waren wirklich gute Freunde geworden und Astra passte jede Sekunde auf sie auf.
Das Feuer knisterte und gab eine gute Wärme von sich. Die Nacht brach an und ich stand auf. Meine Beine trugen mich an einen Vorsprung und ich schaute Richtung Norden, in die Heimat. Es war fast unvorstellbar, dass dort Mächte aufeinander prallten, die nicht von dieser Welt waren. Wir wussten, dass Atyria so lange durchhalten würde, wie sie musste, doch das gab uns keinen Grund nicht so schnell es ging nach Norden zu reisen.
So viel Verantwortung lag auf unseren Schultern und manchmal zerdrückte sie mich fast. Ich hatte mir immer eine solche Reise, ein solches Abenteuer gewünscht, doch das waren die Träume meines jungen Ichs. Unsere Aufgabe hatte mir gezeigt, dass es nicht ein Kinderspiel ist ein Held zu sein. Doch, waren wir überhaupt so etwas wie Helden? Im Endeffekt hatten unsere Feinde, doch die gleichen Gründe wie wir. Sie töteten um zu überleben. Gut und Böse. Wohl eher Böse und Böse. Jede Person hatte Blut an ihren Händen und musste mit ihren Entscheidungen leben, ob sie nun gut oder böse waren. Ashwyn hatte seine schönen, magischen Orte, doch diese wurden schon so oft von den Menschen und den Cray auf die Probe gestellt. Wir wurden auf die Probe gestellt.
Hände legten sich um meinen Körper und ich erkannte sofort an seinem Geruch, dass Nael hinter mir stand. "Über was denkst du denn jetzt schon wieder nach?"
"Du kennst mich, über alles mögliche. Glaubst du wir kommen zu spät?"
Sein Griff wurde stärker und legte seinen Kopf auf meinen und blickte ebenfalls in Richtung Norden. "Ich rede mir immer wieder ein, dass die Xahrie keine Chance gegen Mutter und die anderen haben, aber ich lüge mich nur selbst an. Vielleicht kommen wir zu spät, keine Ahnung. Was aber zählt ist, dass wir nicht mit leeren Händen nach Hause kommen."
Da hatte er recht. Immerhin hatten wir unsere Aufgabe erfüllt und das Siegel gefunden und hatten sogar im gleichen Zug noch Verbündete für den Krieg für uns gewonnen. Die Lage schien immer noch aussichtslos, aber der Segen und das Auge der Götter lag über uns. Wir erhielten unsere Magie um Gutes zu tun, also würden wir sie auch genau dafür einsetzen. Die Schönheit Ashwyns war in Gefahr, also mussten wir unsere gesamte Kraft zusammennehmen und kämpfen. Für die, die wir verloren hatten.
"Wie geht es deiner Schwester?", wollte ich müde wissen. Nael löste sich von mir und wir setzten uns auf den glatten, felsigen Boden. "Sie trauert noch sehr, wie wir alle, aber du weißt ja, dass Neyra wie eine Mutter für uns war."
"Du nimmst ihren Tod besser auf als ich dachte.", erwiderte ich.
Er zuckte mit seinen Schultern und zog mich an sich.
"Neyra würde nicht wollen, dass wir wegen ihrem Tod die Hoffnung aufgeben. Ich kämpfe genauso mit der Trauer, aber ich behalte auch unser Ziel vor Augen."
Ich gab ihm einen Kuss auf die Backe und er begann zu grinsen.
"Weise Worte, Nael, weise Worte."
Ich gähnte und kuschelte mich an meinen Gefährten. Meine Augen fielen zu und ich spürte nur noch die Wärme Naels durch meinen Körper fließen. Bei ihm konnte ich immer einschlafen, sogar auf einem felsigen, unbequemen Vorsprung.
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Sternenschauer - Aufstieg
FantasyHätte Rhys damals gewusst, dass dieser Brief sein ganzes Leben verändern würde, dann wäre er niemals in den Süden gereist. Hätte niemals seine Schwester und sein bisheriges Leben zurückgelassen. Und was hatte er jetzt davon? Jetzt lag die Zukunft de...