Sternenschauer - Aufstieg

12

Das Wasser rauschte und schoss gegen die Mauer aus festem Stein. Die Luft war vollgepackt mit Salz und Fisch. Einen Geruch, den man mögen muss. Ich stand auf dem Steg und blickte in die Ferne. Dorthin, wo sich Fira befand, wo unsere Reise bald weitergehen würde. Nach dem Besuch von Afinja konnte ich noch ein paar Stunden Schlaf bekommen und stand nun zum Glück nicht komplett schlaflos am Kai herum.

Eine frische Brise, die noch mehr Salz mitbrachte, ging durch meine Haare und meine Kleidung. Es war erfrischend am Meer zu sein. Im Norden gab es nicht so schöne Dörfer und Städte am Meer, doch hier in Cenwa konnte dieses kleine Dorf sogar mit Ordwin mithalten, was die Schönheit und Einzigartigkeit betraf. Wir waren so früh aufgebrochen, dass der Sonnenaufgang erst vorbei war. Jetzt spiegelten sich im Wasser die Rot- und Orangetöne und spielten miteinander. Unser Schiff war schon bereit zum Ablegen, doch zögerte sich das hinaus, denn es herrschte Chaos am Kai, denn Atyria wollte uns unbedingt persönlich zu dem kleinen Dorf begleiten. Das wiederum hieß, dass die Dorfbewohner wortwörtlich ausrasteten. Jeder wollte der Königin einen schönen Tag wünschen oder für einen Moment ihre Hand halten.

Bryan war das alles zu viel, meinte er und deswegen hatte er sich noch in Ordwin von uns verabschiedet. Efania tat ihm es gleich. Nur Neyra und Atyria begleiteten uns noch zum Schiff.

Mein Blick schweifte weiter über das offene Meer und diese endlosen Meilen an Wasser.

"Man kann Stunden damit verbringen, einfach nur in die Ferne zu schauen, oder?"

Ich nickte und blickte zur Königin. Wie auch an den anderen Tagen hatte sie ihre Lederrüstung an und ihre wunderschönen, roten Haare zu einem Zopf zusammengebunden.
"Hast du schon viel von Ashwyn gesehen, Atyria?"

Sie verzog ihr Gesicht.

"Nicht so viel, wie ich eigentlich sehen möchte. Die meisten Dinge, die weiter entfernt sind, übernehmen Bryan oder Efania. Aber eines Tages werde ich ganz Ashwyn bereisen und werde die ganzen magischen und wunderschönen Orte sehen. Warst du schon einmal im Heyd Forest?"

Ich schüttelte mit dem Kopf. Der magische Wald. So wird er auch genannt. Dort leben die namensgebenden Heyd. Sie sind Hirsche mit riesigen Geweihen, die ausschließlich dort leben.

"Dann werden wir auf jeden Fall dort einmal zusammen hinreisen. Die Schönheit dieses Waldes ist unschlagbar."

Ich grinste.

"Abgemacht. Vergiss es ja nicht!"

Die Anderen gesellten sich zu uns und ich wusste, dass jetzt der Zeitpunkt des Abschieds kam.

"Wir müssen los, Rhys.", meinte Keoma und drückte sich ein leichtes Lächeln auf.

Neyra kam zu mir gelaufen und schwang ihre Arme um mich.

"Ich werdet das schaffen, das weiß ich. Ihr Drei haltet so gut zusammen, ihr werdet es zusammen hinbekommen. Ihr wisst nicht, wie stolz ich auf euch bin. Auf euch alle. Passt aufeinander auf und findet dieses verdammte Siegel!"

Sie löste sich von mir und Keoma umarmte, den in der Zwischenzeit weinenden Hauptmann der Wache.

Atyria nahm meine Hände und drückte sie ganz fest.

"Wenn euch irgendetwas zustößt, mache ich mich selbst dafür verantwortlich. Gebt einfach euer Bestes und beeilt euch so gut es geht. Ich werde versuchen hier die Stellung so gut es geht zu halten."

Sie umarmte mich und schluchzte.

"Rhys, meine Kinder würden ihr Leben für dich geben. Sie wissen ganz genau, wie wichtig du bist. Gehe einfach keine unnötigen Risiken ein. Mögen wir uns wieder sehen."

Mögen wir uns wieder sehen. Langsam machten wir uns auf den Weg auf das Schiff. Mit jedem Schritt den wir machten, gingen wir weiter auf die Rettung oder die Zerstörung Ashwyns zu.

Wir standen am Heck des Schiffes und schauten zu den zwei Frauen auf dem Steg. Sie hielten sich im Arm. Wer weiß, vielleicht würden wir uns nie wieder sehen. Niemand konnte genau sagen, was als nächstes passieren würde. Aber eines war sicher. Ich war nicht alleine.

"Fürchtest du dich?"

"Mit dir an meiner Seite niemals."

Er nahm meine Hand und ich schenkte ihm ein warmes Lächeln.

"Auf in unser Abenteuer!", äußerte Keoma.