Wir flogen über die Mauer hinweg und ich wagte eine Blick nach unten. Dort sammelten sich immer mehr Truppen Lergans und immer mehr Soldaten kamen aus Richtung Schloss zu der Mauer gerannt. Es war Zeit. Wie zuvor landeten die Stellari in dem kleinen Garten. Sofort sprangen wir von unseren Federtieren und Neyra sprintete zu Keoma und Nael.
In der Stadt war es ruhig geworden. Nur das Geschrei der Soldaten und Offiziere war zu hören, sonst senkte sich ein stilles Schweigen über die Stadt. Keoma umarmte den Hauptmann und konnte es kaum glauben. Meine Muskeln rebellierten, doch ich redete mir ein, dass wir nur noch ein klein wenig länger kämpfen mussten. Nael schaute mich an und ich begann breit zu grinsen. Er drückte sich vom Boden ab und schwang seine Arme um mich. Ich drückte mich fest an ihn und eine Welle der Erleichterung schoss durch meinen Körper.
"Ich hab' dich vermisst.", murmelte ich.
Er nahm meine Hand und gab mir ein Kuss auf die Wange. Er musste nichts sagen, ich konnte genau sehen, wie dankbar er war. Doch ich merkte auf, wie sein Blick immer wieder zu seiner Schwester huschte.
Mit leichten, schnellen Schritten sprintete Keoma auf mich zu und ich schloss sie in die Arme. Mir war gar nicht klar gewesen, wie sehr ich die beiden vermisst hatte.
"Danke, Rhys. Danke.", schluchzte sie und ich merkte, wie der Stoff meines Hemdes feucht wurde. Sie begann zu weinen und ich hielt sie weiter fest im Arm. Hatte sich der Plan überhaupt gelohnt oder habe ich einfach nur Leid über meine besten Freunde gebracht?
Nael bemerkte die Narbe an meiner Kehle und fuhr mit seinen Finger darüber. Jede Berührung sendete Impulse durch meinen gesamten Körper.
"Was ist da passiert?", fragte er vorsichtig, doch er konnte sich die Antwort wohl schon fast denken, denn mein Blick wanderte sofort zu Kahlen. Sie bemerkte uns und seufzte leicht.
"Ich habe ihm vielleicht die Kehle aufgeschnitten und er ist vielleicht gestorben."
Naels Blick änderte sich, doch ich hielt seinen Arm fest und schüttelte mit dem Kopf. Wir brauchen sie. Ich erklärte ihnen, was mir Lyara gesagt hatte und wie im Endeffekt dann doch überlebt habe. Mein Partner besaß nun den gleichen Hass wie ich auf die Prinzessin, doch sie würde noch ihre Strafe bekommen, da war ich mir sicher.
Ein starker Wind kam auf und wir blickten in Richtung der Mauer. Es war so weit. Die nächsten Stunden würden über alles entscheiden. Neyras Blick traf sich mit meinem und sie winkte mich zu ihr.
"Ich habe noch etwas mitgenommen aus Ordwin. Ihr braucht Rüstung, wenn ihr auch in diese Schlacht ziehen möchtet."
Neyra führte uns zurück in unser Zimmer und gab uns Rüstungen, die natürlich perfekt auf uns abgestimmt waren. Keoma und ich bekamen leichte Plattenrüstungen, Nael dagegen eine schwere und besser gepanzerte. Für Astra hatte Neyra extra eine feste Lederrüstung angefertigt, da sie in der Schlacht mit ihrem Speer sehr beweglich sein müsste. Zuerst war es eine Umstellung eine solch schwere und dicke Rüstung zu tragen, doch ich gewöhnte mich recht schnell daran. Die Minuten, die wir damit verbrachten uns vorzubereiten waren sogar hilfreich, denn somit konnte sich meine Magie immer mehr regenerieren. Mein Herz pochte vor Aufregung. Vor ein paar Monaten hätte ich niemals gedacht, dass ich eine Schlacht mit in der Wüste Taenems schlagen würde. Doch, das hier war nur der Anfang, wenn wir gewinnen würden. Wenn wir gewinnen würden, denn unsere Chancen standen ziemlich schlecht. Lergan hatte weit aus weniger Soldaten als die Xahrie. Zwar besaß er die Ojik, doch gegen die Feuermagie konnten sie auch nicht ankommen.
Und dann gab es eben noch uns. Jugendliche, die in einen Konflikt über Leben und Tod hineingeraten waren. Was würde ich genau in diesem Moment machen, wenn damals niemand meine Eltern getötet hätte? Würde ich glücklich in unserem Garten mit Tamina spielen und die Natur genießen? Ich schüttelte mich aus meinen Gedanken und schaute zu den Anderen.
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Sternenschauer - Aufstieg
FantasyHätte Rhys damals gewusst, dass dieser Brief sein ganzes Leben verändern würde, dann wäre er niemals in den Süden gereist. Hätte niemals seine Schwester und sein bisheriges Leben zurückgelassen. Und was hatte er jetzt davon? Jetzt lag die Zukunft de...