Verirrt und verwirrt

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Neben mir rappelte sich Celina ächzend vom Rasen auf und schaute sich suchend um. Ihre Lippen erzitterten leicht, murmelten kaum verständliche Flüche, ihre Hand klammerte sich verkrampfend an ihr Shirt und mir flog ein Blick aus nichtssagenden Augen zu.
Man sah ihr den Unglauben, die Irritation und die Überraschung über unsere Situation nur zu deutlich an.

Ich ahnte, dass sich der Ausdruck in unseren Gesichtern glich und blickte hinab auf meine linke Hand, die in meiner Hosentasche zitterte.

Ich konnte es verstehen. Ich hatte ja erst auch nicht geglaubt, dass wir wirklich in Mittelerde waren, aber so weit ich wusste, hatte ich keine Drogen intus und die Hölle hatte ich mir auch irgendwie anders vorgestellt.
Oder war ich vielleicht im Himmel?
Ha, guter Scherz, Zora!

Nein, wir befanden uns weit weg von zuhause, meine Zähne bohrten sich schmerzhaft in meine Wange, als ich Celinas Blick mit einem Feixen begegnete.

Celina öffnete ihren Mund. Dann schloss sie ihn wieder. Ich verstand den Zweck des ganzen Unternehmens nicht, aber beobachtete scheinbar hoch interessiert den Vorgang.
Das Ganze wiederholte sich noch viermal.
Und ich musste hinsehen, um mich davon abzuhalten, meinen Blick über den Garten, die Hügel, die Höhlen schweifen zu lassen.
Ein Teil von mir war kurz davor, sie wie automatisch als Fisch zu bezeichnen, aber Cel fand ihre Sprache rechtzeitig wieder:

,,Ist das... Ist das wirklich Mittelerde? Aber, aber wie kann das sein?" 

Ich äffte sie leise nach, meine brechende Stimme ignorierend und pflückte einfach eine blaue Blume aus dem Blumenbeet neben mir, um meine Finger von vibrieren abzuhalten.
Tut mir leid, Hobbit.
Nicht.

,,Ist das wirklich Mittelerde? Nein, das ist Shili. My Devil, Cel, bist du etwa auf den Kopf gefallen?!", erklang meine Stimme wie fremdgesteuert, etwas rau noch.

Ich senkte mein Gesicht zur Blume.
Ein süßer, wilder Duft schoss mir entgegen. Das bestätigte meine Vermutung endgültig. Diese Welt hier war eindeutig Mittelerde! Ich konnte sie sehen, anfassen und riechen. Hätte ich nur vorher gewusst, dass ich hier landen würde... dann hätte ich meine Mittelerde-To-Do-Liste mitgebracht.
Meine Mundwinkel krümmten sich bei dem Gedanken nach oben.

Wenn man vergaß, dass man von einem blauen Portal gekidnappt wurde, dann war es wirklich schön hier. Es gab bunt gefleckte Blumen in Hülle und Fülle, die sich in den ordentlich eingezäunten Gärten der Sonne entgegen reckten.
Die grasbewachsenen Hügel waren flach und die runden Haustüren aus hellem Holz glänzten wie Gold im Schein der Sonne.
Ich sah Vögel, vermutlich Elstern, die sich auf Bäumen zwitschernd unterhielten.
Dieser Ort strahlte eine unheimliche Ruhe aus.
Zusammengefasst:
Wenn man hier ein Seniorenheim baute, konnte man ein Vermögen machen.

Ich wünschte allerdings, man hätte mich vor dieser Reise gewarnt. Jetzt stand ich hier in Jeans und T-Shirt. Keine Waffen, keine Handy, keine niedliche (geklaute) Katze. Unpassender ging es für das Mittelalter kaum.
Machten die hier eigentlich noch Hexenverbrennungen?

Aber gut, wenn man einmal im Leben in Mittelerde landet, sollte man sich wohl nicht beschweren. Was für ein Zufall, dass ich erst letzte Woche einen Hobbit und Herr der Ringe Marathon veranstaltet hatte. Wobei ich dann ja leider den letzten Herr der Ringe Teil verschlafen hatte. Schande über mich.
Bauern suchen Frauen,
Zoras suchen Schaufeln.
Bei Interesse bitte melden.
Das Wort Interesse kommt übrigens aus dem Lateinischen und ist die Stammform eines Verbes.
Fragt mich nur nicht, was das Wort bedeutet. Aber Google Übersetzer liegt falsch, so viel weiß ich dann doch noch.

„Nein, ich bin nicht auf den Kopf gefallen! Aber du! Als Kind! Und zwar ganz, ganz oft!", meckerte mich Celina plötzlich an und riss mir meine wunderschöne Blume aus der Hand, um sie dann gewaltsam vor meinen Augen zu zerreißen.
Ihre Hände bebten dabei, als wären sie von einem Erdbeben besessen. Da war aber jemand verdammt schlecht gelaunt.
Wie konnte sie es überhaupt wagen, meine schöne, blaue Blume zu zerreißen?!
Pah.
Selber.

Bis die Valar fallenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt