Rhetorische Fragen und steinerne Probleme

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Mein Blick streifte Celina kurz und suchte dann den Wald erneut nach Rayna ab. Sie stand in sich zusammengesunken am Rand der Lichtung. Es schien, als sei Rayna traurig. Nun war es meine Pflicht, mich um sie zu kümmern. Zumindest stand in dem Buch, dass man so Freunde findet und behält. Ich hatte nie eine Relevanz darin gesehen, Freunde zu finden, denn ich hatte ja mich und eine bessere Gesellschaft gab es gar nicht. Nur meine besorgten Eltern hatten mich gedrängt, sozialer zu werden und schließlich hatte ich nachgegeben, da ich nicht noch weitere vier Jahre meines Lebens mit diesem Thema verschwenden wollte.

Nach einiger Zeit fiel mir ein Baum auf, der sich nicht so sehr wie die anderen im Wind bewegte. Ich setzte mich in Bewegung und spazierte quer über die Lichtung auf darauf zu.

,,Hey Rayna, was geht?"

Der Baum erwachte aus seiner Starre und Raynas Augen blinzelten mich verschlafen an. Sie gähnte ausgiebig. „Alles, was nicht fest ist."

„Also Bäume normalerweise nicht.", überlegte ich.

„Ich hoffe für dich, dass du mich nicht nur geweckt hast, um zu reden."

„Nope, also eigentlich wollte ich dich wach verbrennen, ist doch klar. Aber weißt du, was cool ist?"

„Eiswürfel?"

„Nein!"

„Schnee?"

„Das war eine rhetorische Frage!"

„Seit wann sind die cool?"

„Nein, meine Frage war rhetorisch gemeint!"

„Wieso fragst du dann?"

„Keine Ahnung, das macht man eben so!"

„Wieso fragt man, wenn man keine Antwort erwartet?"

„Ich bezweifle, dass du dieses Konzept jemals verstehen wirst."

„Dann ist das ja wie Mathe!"

„Siehst du das Fragezeichen über meinem Kopf?"

„Nein. Welche Farbe hat es denn?"

„Das war eine rhetorische Frage! Ich meinte, dass ich das nicht verstehe!"

„Achso. Es ist doch eigentlich ganz einfach. Du benutzt die Rechenformeln in Mathe, obwohl du sie nicht verstehst und ich stehe daneben und frage mich, was los ist."

„Ist das nicht immer so?"

„Nein!", empörte sich Rayna beleidigt.

„ Na dann.", sagte ich, nicht wirklich überzeugt und überlegte, was zur Hölle ich eigentlich von Rayna gewollt hatte.

„Wenn du mich wirklich nur geweckt hast, um mit mir zu quatschen, kannst du was erleben!", drohte Rayna.

„Ähm nein.", sprach ich schnell und durchkramte mein Gedächtnis. „Ich wollte... genau. Ich weiß es wieder. Ich wollte mit dir reden!"

„Zora!", warnte Rayna mich und machte einen Schritt auf mich zu. Ich würde lügen, würde ich sagen, das wäre nicht ein wenig einschüchternd. Immerhin war Rayna an die drei Meter groß und hatte damit die Höhe eines Sprungturms erreicht.

„Ich wollte fragen, warum du so traurig bist."

„Oh. Dir ist das aufgefallen?", meinte Rayna und blickte erstaunt zu mir runter.

„Ich tue jetzt mal so, als hätte ich das nicht gehört.", meinte ich missmutig. Wurde ich wirklich für so ignorant gehalten? War das vielleicht ein Kompliment?

„Also eigentlich ist der Grund ziemlich lächerlich. Versprich mir, dass du nicht lachst."

„Keine Sorge, du kannst dich auf mich verlassen.", zitierte ich nach einigem Überlegen aus dem Internet.

Bis die Valar fallenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt