»Aber sorge dich nicht um Louis. Dieser Sommer, der wird noch sehr interessant.«
Anspielungen lagen in ihrem Interesse, dass merkte man, sobald man sich auch nur ein wenig mit ihr unterhielt. »Und, erzähl weiter, was ist nach gestern passiert?«
»Nicht wirklich viel mehr, ich bemühte mich, dass Lili von der Sache nichts mitbekam. Sie musste ja nicht sofort wissen, dass ich mich mit einem Jungen traf. Und...seit gestern hatten Liam und ich auch nicht mehr geredet...es kam nicht wirklich dazu.« Ich knetete meine Hände und spürte, wie ich errötete. Ich hasste das. Ich war noch nie besonders gut darin mein Inneres zu offenbaren.
»Wie wäre es denn, wenn du ihm Mal schreibst«, entgegnete June, was ich mit einem Stirnrunzeln kommentierte. »Also ganz offensichtlich«, sagte sie, stand auf und stellte sich vor mich, »magst du Liam und er scheint dir nicht ganz so egal zu sein, wie du es dir vielleicht wünschst.« Sie griff mich an meiner Hand und half mir auf.
»Deshalb wäre ich dafür, dass du ihn doch einfach Mal anschreibst. Dadurch würde er sehen, dass hier das Interesse auf Gegenseitigkeit beruht.« Ich überlegte, als mir June die Wörter so offenkundig mitteilte. Vielleicht war das wirklich keine so schlechte Idee.
Wir machten uns auf den Rückweg und ich war nicht im Stande zu dieser Konversation etwas beizutragen. Ich lief lediglich neben June her und dachte nach. Lange. Wirklich sehr lange. War das wirklich eine gute Entscheidung? Oder doch zu überstürzend? Wir liefen den Weg gemeinsam entlang, bis wir etwa vor meiner Haustür zum Stehen kam und June mich verständnisvoll anblickte. »Schau, es ist wirklich nicht so schlimm.« In meinem Hals bildete sich ein großer Kloß. Ich war noch immer unfähig etwas zu sagen und hörte ihr angestrengt zu.
»Versuch das Ganze so zu betrachten. Mach dir zuerst ein Bild von ihm, dann kannst du dich doch immer noch umentscheiden, beziehungsweise diese Ungewissheit würde endlich ein Ende finden.« Meiner Kehle entwich immer noch kein Laut, weswegen ich sie umarmte und ihr leise ein 'Danke' zuflüsterte.
Ich war ihr ja so dankbar. Dafür, dass ich mich immer auf sie verlassen konnte und sie immer für mich da war. Dabei war es gleichgültig, wo und wann ich ihren Rat brauchte. Sie verabschiedete sich von mir und obwohl ich mich zumindest nicht wörtlich von ihr verabschiedete wusste sie, dass ich es so meinte.
Bevor ich mich jedoch dazu entschied mein Zuhause zu betreten, zückte ich mein Handy hervor und schrieb Liam an. Es war mir mittlerweile wirklich egal, dass ich vorhin noch verzweifelt darüber nachgedacht hatte. Ich betrat mein Haus und erblickte Mom. Und zwar lächelnd. In der rechten Hand eine Kaffeetasse und mit der linken blätterte sie ihre Zeitung um. In meiner momentanen Situation hatte ich nicht wirklich das Bedürfnis mit meiner Mutter darüber zu reden, obwohl unser Verhältnis dabei nicht einmal sonderlich schlecht war.
Wie gesagt - mich vor allem in diesem Thema zu öffnen viel mir unglaublich schwer.
Während ich in die Richtung meines Zimmers zusteuerte, vernahm ich den Klingelton meines Handys. Aufgeregt öffnete ich die Nachricht und war etwas verblüfft über die Antwort.
hi. ist es okay, wenn ich dich anrufe?
-Liam
Ich schluckte erstmal und antwortete mit einem klar auf seine Nachricht. Am Freitag, was mittlerweile nun auch schon ein paar Tage her gewesen war, hätte ich niemals daran denken können. Wie schnell sich Ansichten ändern konnten.
Ich legte gerade meine Sachen ab und wollte mich auf mein Bett setzten, da klingelte mein Handy bereits. »Hey«, sagte ich und blieb an meiner Tür stehen. Ich vernahm ein kleines Lachen von der anderen Seite des Hörers, weshalb ich etwas verwirrt zurück lachte. »Wieso lachst du?« Meine Beine überkreuzte ich und stützte mich nur noch auf dem rechten ab.
»Nein ich-ich bin gerade glücklich darüber deine...Stimme zu hören.« Dass es ihm schwer fiel diesen Satz mir zu sagen, obwohl wir uns nicht sahen, ließ mich ziemlich schmunzeln. »Ach so ist das?« Ich neckte ihn irgendwie gerne, da es ihn immer so verlegen machte und obwohl ich ihn nicht sehen konnte war ich überzeugt davon, dass es wirkte.
»Wie dem auch sei. Hast du etwas Zeit?«, ich vernahm diese kurzweilige Angespanntheit in seiner Stimme. »Ja, ein wenig«, antwortete ich möglichst gelassen. Das Gegenteil war dagegen eher der Fall. »Ich hatte ein wenig darüber nachgedacht, was du erzählt hattest. Du sagtest, dass du dich dafür interessierst, was die Menschen wirklich glücklich macht, habe ich recht?« Ich war total überrascht, dass er dieses Thema ansprach. Ich erwähnte es zwar bei unserem ersten Treffen, aber ich hatte nicht wirklich die Intention gehabt, dass wir das Thema ausweiten würden.
»Ja, das ist schon richtig«, entgegnete ich. Meinen noch etwas überraschten Unterton konnte ich dabei nicht wirklich unterdrücken. »Gut. Ich habe mir etwas Gedanken dazu gemacht und vielleicht wäre sowas ähnliches wie ein Podcast doch keine schlechte Idee, oder?« Wenn dieser Junge eins schaffte, dann war es mich zu überraschen und das bei fast allem was er tat.
Immer wieder auf's Neue.
Ein Podcast ?
Die Idee klang absurd, aber irgendwie auch faszinierend zugleich. »Oh - ich, also ich weiß nicht«, war das einzige, was ich in den Hörer stammelte. Es war wirklich schwer zu glauben, denn sowas war nicht gerade einfach und beanspruchte einiges an Zeit. »Und außerdem kenne ich mich mit diesem ganzen Technik-kram überhaupt nicht aus, besitze weder ein Mikro, noch vernünftige Aufnahmegeräte.« Die Enttäuschung und gleichzeitige Unentschlossenheit in meiner Stimme hatte man sicherlich herausgehört.
»Erstens liebe Hailey, hat hier niemand gesagt, dass du dich alleine darum kümmern musst.« Sein schelmisches Grinsen, was er mit Sicherheit gerade aufgesetzt hatte, konnte ich mir dabei ziemlich genau ausmalen. »Und zweitens«, er setzte erneut an und spannte mich mit seinen Pausen erneut auf die Folter, »habe ich vielleicht das, was du brauchst.«
Um ehrlich zu sein überlegte ich wieder einmal eine ganze Weile und blinzelte ein paar Mal vor mich hin, bevor ich Liam antwortete. »Also...weißt du, wieso eigentlich nicht?« Erleichtert hörte ich ihn ausatmen, was meine Mundwinkel augenblicklich nach oben zucken ließ.
»Wie wäre es denn mit kommendem Freitag, kannst du da?«
Wirklich viel hatte ich nicht geplant und das wäre sowieso erst in vier Tagen. »Ja, ich denke schon«, gab ich nun etwas entspannter als noch vorhin von mir. »Bei mir, so ungefähr um fünf Uhr Nachmittag?«, fragte er, woraufhin ich zustimmte.
»Aber«, sagte ich gerade noch in den Hörer, bevor ich auflegen wollte, »ich weiß gar nicht, wo ich dann hin muss.«
»Das ist nicht weiter schlimm, ich hole dich einfach ab.«
»Nein, so viel muss jetzt auch nicht sein, sag mir wo du wohnst und ich komme dorthin.« Ich entnahm wieder dieses Lachen, was ich so sehr mochte und was mir eine wohlige Gänsehaut auf dem ganzen Körper verlieh.
»Ehrlich gesagt habe ich mir schon gedacht, dass selbst wenn du zustimmen würdest, noch irgendein Einwand kommen würde.«
Ja, so war ich vielleicht wirklich. Wir waren nicht zusammen und er müsste sich nicht so furchtbar um mich kümmern. Das sollte aber nicht heißen, dass ich nicht jede Mühe schätzte, eher im Gegenteil.
»Gut, dann würde ich sagen wir sehen uns Freitag?« Mittlerweile entfernte ich mich von meinem Türrahmen und steuerte auf mein Bett zu. »Genau, bis dann«, gab ich schlussendlich von mir und legte auf.
Mein Gesicht presste ich auf mein Kissen und war emotional gerade ziemlich aufgewirbelt.
Ich wollte nicht, dass man von mir dachte, dass ich schwächelte oder meine Gefühle nicht unter den Griff hatte und versuchte mich deshalb jedes Mal nur selbst davor zu schützen – auch wenn das bedeutete, dass meine Antworten meist schroff und nicht so warm klangen.
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LAST SUMMER
Roman pour Adolescents❝ Es war nicht der letzte Sommer, bevor sich alles änderte - das tat es schon längst. Ich war gefangen in einem Netz aus Gefühlen, das mein Herz kaum ertrug.❞ Die 17-jährige Hailey Brooks bewältigte die alltäglichen Probleme, die einen Teenager im t...