LAST SUMMER

Epilog

Neun Monate später

Ich war müde.

Vollkommen erschöpft von der Arbeit im Café, das in der nächsten Ortschaft lag. Ich arbeitete hart und viel, putzte gerade einen der letzten Tische ab, während ich nur wenig später hinter der Theke verschwand und mir mit meiner rechten Hand durch die Haare fuhr.

»Glaub mir, mir ging es am Anfang nicht besser. Aber seit ich an der Uni eingeschrieben bin, nutze ich die Phasen aus, in denen ich nicht ununterbrochen vor meinen Büchern sitze.« Ellie klopfte mir auf die Schulter, nahm Notizblock und Stift zur Hand und ging herüber zu dem nächstbesetzten Tisch.

Meine beste Freundin organisierte mir diesen Job, als ich ihr erzählte, dass ich nur noch meine Finals schreiben muss und dafür pausenlos lernte und einfach einen Ausgleich brauchte. Ich brauchte Ablenkung, damit mich das stundenlange Lernen für meine Abschlussprüfungen nicht immer komplett auslaugte. Der Job kam gerade richtig, und deshalb ging ich gleich auf Ellies Angebot ein.

Das war vor sechs Monaten.

Mir machte der Abschied von Liam mehr zu schaffen, als ich vermutet hatte. Es war eine unaussprechliche Leere, die mich schleichend von innen aufzufressen schien und die mich irgendwie veränderte. Mein Lachen und meine fröhliche Art hatte wurden mir am Ende des letzten Sommers genommen, bis mich meine Freunde vor sechs Monaten nicht mehr mit diesem leidenden Blick ertragen konnten und dafür sorgten, dass es mir wieder gut ging.

Ihr fragt euch sicher: Und jetzt? Was war denn passiert?

Über diese Fragen vergoss ich keine Tränen mehr, dass tat ich die ersten zwei Monate schon lang genug. Ich hörte von vielen, dass ich abweisend wirkte und die Situation so schilderte, als wäre es nicht mir passiert.

Manchmal wünschte ich mir wirklich, dass es nicht mir selbst passiert wäre.

»Hailey, schnell, zwei Cappuccino und einen Milchkaffee mit Sahne.«

»Sofort«, rief ich zurück, während ich mich umdrehte, drei Tassen aus dem Schrank hervorholte und den Knopf der Kaffeemaschine betätigte. Der Lärm im Café hätte meine Gedanken, die laut in meinem Kopf hallten, übertönen sollen, doch diesmal war dem nicht so.

Denn obwohl es war für einen Mittwochabend recht voll war, hätte selbst der ohrenbetäubendste Lärm nicht gegen meine Gedanken ankommen können: Heute war nämlich das Gegenspiel. Ja, richtig. Das Lacrosse-Spiel zwischen Kalifornien und New York und ich musste gerade arbeiten, hatte dementsprechend alle Hände voll zu tun und konnte das Spiel gerade nicht einmal mitverfolgen.

Soweit ich weiß, war heute der erste Spieltag, der Live im Fernsehen übertragen wurde und bei dem er sogar als Stammspieler eingesetzt wurde.

Das wurde sofort an die große Glocke gehängt: ein ehemaliger High School Lacrosse-Spieler aus Kalifornien kam bei den Profis in New York unter? Natürlich machte das Schlagzeilen. Unsere ganze Stadt hatte auf dieses Spiel hin gefiebert und dass sein erstes Spiel gleich noch gegen seine Heimatstadt war, hegte dann die perfekte Voraussetzung dafür, dass die letzten Wochen über nichts als dieses Spiel gesprochen wurde.

»Du-du weißt, dass das Spiel gerade läuft, oder?« Ellie kam auf mich zu, während ich die drei Tassen auf das Tablett abstellte und sie sich nicht wie erwartet zu den Tischen herüberbewegte.

Na klar. Sie würde wissen wollen, was ich zusagen hatte. Sie rührte sich keinen Zentimeter, starrte mir nur in die Augen und hob dabei mit einem Grinsen ihre Augenbrauen.

Die ersten drei Wochen, nachdem Liam umzog, schrieben wir uns regelmäßig – jeden Tag – um es genauer auszudrücken. Wir telefonierten viel, hatten geskyped und sein Lachen war so echt und schön, dass ich es in meinem Kopf speicherte, um immer wieder darauf zurückkommen zu können. Es war natürlich nichts gegen seine Berührungen, aber in mir kam ein kleiner Hoffnungsschimmer auf. Sie hatten ihn im Team gut aufgenommen und das freute mich.