Kapitel 43

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»Hailey, ich war schon lange nicht mehr so überfordert von dem ganzen Uni-Kram, aber jetzt quillt mir wirklich der Kopf. Ich kann echt nicht mehr«, beschwerte sich Ellie und atmete genervt auf der anderen Seite der Leitung aus.

»Vielleicht kommen die Semesterferien gerade richtig?«, versuchte ich sie aufzuheitern, doch auch das schien heute nicht wirklich zu helfen. Ihr zweites Semester hatte sie überstanden und die vorlesungsfreie Zeit hatte sie kaum erwarten können, auch wenn sie diesmal nicht wirklich erleichtert darüber schien.

»Ich habe echt ein Problem. Wenn ich mich nächstes Semester nicht mehr in meinen Wirtschaftsmodulen anstrenge, dann war's das für mich. Da bin ich doch auch nur so eben durch ach und krach durchgekommen. Was mache ich nur, wenn ich exmatrikuliert werde?« Die Besorgnis in ihrer Stimme hallte verzweifelt in ihrem Unterton wider und vermischte sich mit meiner nervösen Stimmung, die mindestens genauso hilflos in der Luft mitschwang.

»Aber was ist mit Noah? Ich dachte, dass Wirtschaft für ihn kein Problem sei? Auch wenn er sich am Ende doch für Sportwissenschaften und Physik entschieden hat.«

»Ja, das weiß ich ja. Aber sein Studium forderte ihn mindestens genauso sehr wie mich und er hing die ganze Zeit an diesem Physik-Praktikum, bei dem Liam doch mit dabei war. Das war sogar gar keine schlechte Idee, da Liam sich das Praktikum anrechnen lassen kann, sobald er an der East Wood beginnt zu studieren.«

Ich lehnte mich mit meinem Rücken gegen die Wand, mein Handy quetschte ich zwischen meiner Schulter und meinem Ohr ein, während ich meine Beine die Wand hochstreckte und mir aufmunternde Worte für meine Freundin überlegte.

»Vielleicht kannst du die Semesterferien zum Teil dazu nutzen, mit Noah ein paar Grundlagen aufzufrischen. Immer nur ein bisschen. Es recht ja ... ich weiß nicht ... eine Stunde mal so zwischendurch, ihr müsst ja nicht gleich einen ganzen Tag dafür verschwenden...«

Mir fiel beim besten Willen nicht ein, was ich ihr noch hätte sagen können, aber ich strengte mich verflucht an, eine meiner besten Freundinnen nicht links liegen zulassen. Das ließ mich sonst augenblicklich schlecht fühlen, selbst wenn mein Kopf auch nur pochte.

»Sag mal, ich höre doch, dass es dir nicht ganz so gut geht. Dafür muss ich dich nicht Mal sehen. Spuck's aus. Was liegt dir auf dem Herzen?«
Ellies Stimme wechselte von verzweifelt und zitternd in nur wenigen Sekunden zu fest und selbstbewusst. Das bewunderte ich immer an ihr. Sie stellte ihre Probleme für mich gern auch mal hintendran.

»Ich will dich nicht noch zusätzlich mit meinen Problemen belasten. Du hast schon alle Hände voll zu tun, was dein Studium betrifft.« Mittlerweile lag ich mit dem Rücken auf meinem Bett und atmete unruhig aus.

»Quatsch. Jetzt sag schon. Dafür gibt es sicherlich auch eine Lösung. Ich bin nicht die Einzige mit Problemen auf dieser Welt und was für eine beste Freundin wäre ich, wenn ich mir nicht einmal die Zeit nehmen würde, deine anzuhören?«

Ich sagte ja, bewundernswert und keinesfalls selbstverständlich, wie hilfsbereit und sorgsam sie sich mir gegenüber verhielt.

»Na gut, ich ... ich weiß nicht, wie es zwischen mir und Liam gerade aussieht. Es macht mich schon nahezu wahnsinnig und ich werde panisch, wenn ich auch nur einen Gedanken daran verschwende.« Ich schluckte schwer.
»Er und ich ... das fühlt sich so gut an. So kitschig es auch klingen mag, aber in seiner Nähe fühle ich mich immer so wohl, sicher und glücklich. Noch nie habe ich solche Gefühle bei jemandem verspürt, der nicht zu meiner Familie gehört.«

Stille. Dann ein erleichterndes ausatmen, vermischt mit einem leichtlachenden Unterton.

»Du bist verliebt! Das sind die ganzen neuen Gefühle, die deinen Körper hochkriechen und die du endlich zu schätzen lernst. So richtig. Die sind gerade auf Hochtouren und bringen deinen Verstand ganz durcheinander.«

LAST SUMMERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt