8. Halte mich

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In den vergangenen Tagen wurde die Stimmung im Team immer gereizter, obwohl es dafür nicht einmal einen Grund gab. Der Professor hatte alle Mühe die Motivation in der Gruppe wieder herzustellen. Vor allem Berlin wirkte immer angespannter und gereizter.

So wunderte es mich nicht, dass sich die Lage bald zuspitzte. Als wir, so wie viele Male zuvor, draußen eine Runde Fußball spielten, eskalierte die Situation endgültig. Nachdem Rio den Ball erobert hatte und einen spitzen Kommentar gegen Nairobi fallen ließ, stieß Berlin ihn mit solcher Energie um, dass er sogar Denver noch mit auf den Boden riss.

Es folgte eine kleine Schubserei mit den drei Männern, die der Professor unterbrechen musste. Als Strafe wurde Berlin dafür auf die Ersatzbank gesetzt und bekam eine ziemlich ernste Ansage zu hören.

Als ich ausgewechselt wurde, setzte ich mich zu ihm. Seine Miene war unergründlich. "Berlin, was ist im Moment mit dir los?" Er rieb sich mit den Händen über das Gesicht und schaute mich dann schulterzuckend an. "Mir fehlt einfach der Schlaf, mehr ist es nicht", murmelte er und unterdrückte ein Gähnen.

"Dann solltest du mal früher ins Bett gehen und keine anderen Dinge im Bett tun", raunte ich in sein Ohr. Ein tiefes Lachen entglitt seiner Kehle. "Alleine macht es doch keinen Spaß." Da war es wieder, sein anzügliches Grinsen. Doch bevor wir weiter reden konnten, wurde ich wieder aufs Feld gerufen.

Nachdem ich am Abend duschen war, ging ich noch eine Weile die Bücher über das Morsen durch. Inzwischen hatten wir die Codes verinnerlicht und auch unsere Abkürzungen. Doch da es bereits sehr spät war, hörte ich für heute auf und knipste die Nachtlampe aus.

Ich wachte mitten in der Nacht auf und versuchte wieder einzuschlafen, da hämmerte es an meiner Tür. Genervt hievte ich mich hoch, um die Tür zu öffnen. Ich wollte bereits mit meiner Meckerparade beginnen, doch diese blieb mir im Hals stecken.

Berlin stand an den Türrahmen gelehnt vor mir und sah nicht sehr erfreut aus. "Hast du mal auf die Uhr gesehen? Wir haben es 2.00 Uhr morgens", verriet mir ein Blick auf die Uhr. "Denkst du, ich weiß das nicht? Aber anscheinend hat Rios Bett in den letzten drei Nächten einen Elektromotor entwickelt. Ich halte das nicht mehr aus und habe auch keine Lust, mich mit diesen Kindern zu streiten."

Ich gähnte einmal laut und fragte ihn dann: "Und was willst du bei mir? Ich glaube nicht, dass ich dir da helfen kann." Er schüttelte nur mit dem Kopf. "Nein, ich wollte dich fragen, ob ich die Nacht hier schlafen könnte. Ich werde morgen mein Bett verschieben, aber ich möchte nicht alle anderen im Haus aufwecken."

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn an und wägte meine Entscheidung ab. Schließlich ging ich einen Schritt zur Seite und ließ ihn ins Zimmer. Erleichtert atmete er aus. "Danke, Valencia. Ich schulde dir was."

Ich bereute meine Wahl allerdings ein wenig, als ich neben Berlin im Bett lag. Wir lagen so weit auseinander, wie das Bett es zuließ und ich hatte Mühe, wieder in Ruhe einzuschlafen. Also drehte ich mich zu ihm um und war nicht überrascht, dass auch er noch wach war.

Er schaute an die Decke. "Weißt du, es ist schon eine Ewigkeit her, dass ich neben jemand anderem im Bett lag", flüsterte Berlin in die Stille der Nacht hinein. "Das letzte Mal mit deiner fünften Frau?", meinte ich scherzhaft und auch Berlin lachte leise, bevor er nickte.

"Und bei dir? Wann hattest du deine letzte Beziehung?" Er wendete seinen Blick zu mir und ich überlegte lange. "Was denn, willst du es mir nicht sagen?", flüsterte er gespielt beleidigt. Ich musste allerdings mein Lachen unterdrücken und schüttelte mit dem Kopf. "Nein, ich muss nachrechnen." Da lachte Berlin laut auf, während ich versuchte, zurück zurechnen. "Etwa drei Jahre ist es her", meinte ich dann schließlich.

Nothing to Lose (Berlin - La Casa de Papel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt