5. Ich werde dich immer fangen

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Immer wieder verschwammen die Gesichter vor meinen Augen, doch Nairobi hielt mich irgendwie bei Bewusstsein. Ich bekam am Rande mit, wie der Professor wutentbrannt wieder zu uns gestoßen ist. Er brüllte den anderen Befehle zu, die ich allerdings nicht verstand.

Denver und Moskau kamen mit Verbandsmaterial den Weg vom Haus herunter gerannt, während Berlin die Wunde freigelegt hatte. Kurz bevor ich auf den Boden gesackt bin, hatte er mich von hinten aufgefangen und nun lag ich halb auf ihm, während die anderen versuchten die Wunde zu versorgen. Der Schuss hatte mich an der Taille erwischt, doch ich wusste nicht, ob die Kugel noch im Körper war.

Allmählich schien ich jedoch wieder etwas zu mir zu kommen. Der Professor war dabei, die Blutung zu stoppen. "Ist die Kugel noch drin?", murmelte ich leise. Er schüttelte hektisch mit dem Kopf. "Ich...ich weiß es nicht."

Ich gab mir alle Mühe, einen Blick auf die Wunde zu erhaschen, doch Berlin hielt mich davon ab. Dass hätte er nicht gebraucht, denn die Anstrengung war so groß, dass mein Kopf sofort wieder auf seine Brust fiel.

Der Professor wurde nun immer hektischer, da das Blut nicht aufhörte zu strömen. "Sie müssen mir zuhören", flüsterte ich. Der Professor nickte schnell, also begann ich ihm die Instruktionen zu diktieren, die ich in meinem Studium gelernt hatte. Und mit meiner Hilfe schien er schließlich die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen. Als er die Blutung schließlich gestoppt hatte, konnte die Wunde verbunden werden.

Doch ich befand mich immer noch draußen auf dem Boden. Mithilfe von Helsinki und Oslo wurde ich auf eine improvisierte Trage gelegt, eine ausgehängte Tür aus der Küche, und hoch zum Haus gebracht. Ich merkte immer wieder, wie ich langsam in die Bewusstlosigkeit glitt, doch mit aller Mühe wach blieb. Schließlich schien der Blutverlust dann doch zu viel gewesen zu sein, denn ich fühlte, wie mich die Müdigkeit übermannte. Ich spürte, wie man mir etwas einflößte, allerdings hatte ich keine Ahnung, was es war. Doch zwei Sachen verließen mich die ganze Zeit nicht: Beruhigende Stimmen um mich herum und ein ziemlich prägnantes Aftershave, welches ich nicht mehr zuordnen konnte.

Irgendwann, nach vielen wirren Träumen, kam ich langsam wieder zu mir. Der Raum wurde immer heller und langsam konnte ich einige Konturen erkennen. Ich lag in meinem Bett, die Bettdecke bis zum Hals hochgezogen. Von draußen schien sanftes Licht in das Zimmer. Mein Kopf dröhnte und ich schaute mich mit Mühe um. Das Zimmer war leer, auch wenn neben meinem Bett zwei Stühle und leere Wasserflaschen waren. Vorsichtig schlug ich die Bettdecke zurück und hatte freien Blick auf meine Taille, welche mit einem sauberen Verband umwickelt worden war.

Doch als ich versuchte mich aufzurichten, durchzuckte mich ein brennender Schmerz, beginnend an meiner Schusswunde und ich ließ mich wieder in die weichen Kissen sinken. Erst da viel mir auf, dass ich kein T-Shirt mehr anhatte und nur noch im BH in meinem Bett lag. Also zog ich die Bettdecke über meinen Körper und versuchte wieder einzuschlafen.

Es wollte mir gerade gelingen, da wurde die Tür vorsichtig aufgemacht. Nairobis Kopf kam hinter der Tür hervor. Als sie bemerkte, dass ich wach war, stieß sie die Tür vollends auf und kam mit einem Tablett voller Essen ins Zimmer. Unwillkürlich schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. "Na, wie geht es dir? Ich dachte mir, dass du vielleicht Hunger hast", meinte sie, während sie mir das Tablett auf den Schoß setzte und mir dabei half, mich aufzusetzen.

"Ja, damit triffst du voll ins Schwarze." Ich entdeckte frische Brötchen, Marmelade, Käse und einen warmen Kakao. "Du bist die Beste, Nairobi." Hungrig machte ich mich über die Brötchen her. "Mich wundert es, dass Berlin nicht hier ist", murmelte diese. Verwirrt schaute ich von meinem Essen auf, doch Nairobi winkte es bloß ab und ich beließ es dabei.

"Ist irgendetwas Spannendes passiert, während ich weg war?" Da fing Nairobi an zu Grinsen. "Oh ja, das kannst du dir nicht vorstellen." Nun war meine Aufmerksamkeit geweckt und ich drängelte Nairobi, mir alles zu erzählen.

Nothing to Lose (Berlin - La Casa de Papel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt