30. Demokratie

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Berlins Augen huschten für einen Sekundenbruchteil zu mir, bevor er sich wieder Tokio zuwandte und laut seufzte.
"Tschernobyl ist eine Art Notfallplan, um hier raus zu kommen, jedoch sind wir noch lange nicht an diesem Punkt angelangt!", erklärte er ernst, "Außerdem weise ich darauf hin, dass ihr dabei jegliche Beute verlieren würdet. Und darauf habe ich keine Lust."

Tokio wurde nur noch wütender.
"Sie haben den Professor! Wir sitzen hier drin in der Falle und im Hangar wird die Polizei auf uns warten! Wach auf, Berlin!", maulte sie herum und ich erkannte auch in den Augen der anderen, dass einige von ihnen ihren Worten glauben schenkten.

Auf Berlins Lippen zeichnete sich ein dezentes Lächeln ab.
"Ich bin kein Freund der Demokratie, aber ich habe richtig Lust auf eine Abstimmung!" Er drehte sich so, dass er jeden sehen konnte, erst dann redete er weiter.

"Wer auch an den Professor glaubt, der ist auf meiner Seite", begann er, "Die anderen sind bei Tokio."
Abwartend schaute er in die Runde, doch niemand sagte etwas.
"Ich bin auf der Seite des Professors", meinte ich gedämpft und stellte mich neben Berlin. Tokio schnaubte.

"Ist ja kein Wunder, dass du auf seiner Seite bist! Du solltest in dieser Abstimmung nicht mitmachen dürfen, du bist parteiisch", warf sie mir spöttisch vor, allerdings huschten meine Augen direkt zu Rio.
"Wenn ich nicht abstimmen darf, dann dein Lover auch nicht", zischte ich, wobei sich meine Lippen zu einem Grinsen verzogen.

Tokio ging mir einfach nur noch auf die Nerven mit ihrem Gehabe und ich hatte keine Lust, wegen ihr alles zu verlieren.
Ich spürte eine Hand, die sich auf meine Schulter legte. Als ich mich umdrehte, schaute ich direkt in Berlins dunkle Augen.
"Ist schon gut, Valencia. Die Stimmen werden auch so reichen", flüsterte er ruhig und ich gab mich bei seinen Worten geschlagen.

Wortlos ging ich einige Schritte nach hinten und schaute dem Schauspiel aus etwas Entfernung zu.
Berlin rief nach und nach die Namen auf und das Team musste sich entscheiden.
Allerdings konnte ich ein Schnauben nicht unterdrücken, als Rio sich auf Tokios Seite schlug.
Mein Verlobter warf mir einen warnenden Blick zu und wendete sich dann wieder der Abstimmung zu.

Es kam, wie es kommen musste und am Ende gab es eine Stimmengleichheit. Alle Blicke wendeten sich zu Nairobi, da Oslo schlecht abstimmen konnte.
Man sah ihr deutlich an, wie unwohl sie sich fühlte und nur mit dem Kopf schüttelte.
"Ich will das nicht entscheiden", sagte sie und schaute flehend zwischen Berlin und Tokio hin und her.

Die beiden waren allerdings zu fokussiert in ihrem Wettstreit, dass sie ihrem Flehen keine große Beachtung schenkten.
Für einen Moment schloss die Braunhaarige die Augen.
"Ich glaube weiterhin an den Professor, solange er nicht tot ist oder irgendwas! Ich bin auf Berlins Seite!", stammelte sie.

Während ich das tiefe Lachen unseres Anführers hörte, verließ Nairobi mit ihrer Waffe den Raum. Erschöpft ließ ich mich gegen die Wand hinter mir sinken und beobachtete die anderen dabei, wie sie nach und nach den Raum verließen.

Auch wenn Berlin nach außen hin glücklich erschien, konnte ich seine Sorge nur erahnen. Er kam wenig später zu mir herüber.
"Ich glaube, dass er in den nächsten Stunden hier anrufen wird", murmelte er leise und sah mich hoffungsvoll an. Nickend zog ich ihn in eine kleine Umarmung, als alle weg waren.
Ich hatte seinen Geruch vermisst.

"Komm' mit", flüsterte der Braunhaarige und nahm meine Hand. Wir gingen zu einem der vielen Büros, in dem ich ihn zuvor mit dem Alkohol gefunden hatte. Dort versuchte er noch einmal, den Professor zu erreichen und ließ sich dann gegen seine Stuhllehne sinken, als er wieder nicht abnahm.

"Du machst dir sorgen, oder?", fragte ich vorsichtig und Berlin seufzte bloß. Er nickte.
"Bevor wir hierher gekommen waren, hatte er mir versprochen, sich zu retten und in Sicherheit zu bringen, sobald es den Bach runter geht", erklärte der Braunhaarige mit gedämpfter Stimme, "Ich hoffe er hält sich daran."

Nothing to Lose (Berlin - La Casa de Papel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt