13. Freiheit

1K 54 12
                                    

Der Fiat des Professors ruckelte über die unebene Straße, während wir das Haus in Toledo hinter uns ließen. Bis nach Madrid würden wir etwa eine Stunde fahren, um uns dort für eine ganze Weile zu verabschieden.

Um alles ein wenig einfacher zu machen, sind wir bereits vor Sonnenaufgang losgefahren, damit die anderen es nicht mitbekamen und der Abschied nicht ganz so schwer sein würde.

Stumm sah ich aus dem Fenster, während in einiger Entfernung die ersten Sonnenstrahlung über den Horizont strahlten.

Die Straße war zu dieser Zeit fast leer, weswegen es nicht sehr viel zum Zeitvertreiben gab.

"Hast du ein wenig geschlafen die Nacht?", fragte der Professor mich plötzlich von der Seite.

Ich nickte leicht und musste dabei ein Gähnen unterdrücken. Zu lange habe ich gestern wach im Bett gelegen und mir die schlimmsten Szenarien ausgedacht, die passieren könnten.

"Kann ich Sie mal was fragen?" Ich schaute zu dem Braunhaarigen neben mir und er nickte hektisch. "Natürlich."

"Warum lassen Sie mich nicht meinen Bruder sehen?" Die Frage brannte mir schon eine Weile auf der Zunge.

Ich sah, dass sich der Griff des Professors ums Lenkrad verstärkte. "Weil ich nicht möchte, dass du Zweifel bekommst. Wenn wir Leute haben, die uns wichtig sind, dann riskieren wir nichts, um sie nie wieder zu sehen. Deswegen solltet ihr euch alle untereinander auch nicht nahe kommen. Es gefährdet den Überfall."

Ich ließ seine Worte auf mich wirken und sank dann zurück in meinen Sitz. "Ich glaube, dass hat nicht so gut funktioniert", murmelte ich, in Gedanken bei Berlin.

"Naja, mir ist auch schon aufgefallen, dass ihr euch alle näher steht, als ich es einkalkuliert hatte. Ich hoffe bloß, dass ihr während der Ausführung des Plans an eure Professionalität denken könnt und nicht an Freunde oder Familie." Der Professor warf mir einen flüchtigen Seitenblick zu und schaute dann wieder auf die Straße.

Als die Sonne entgültig am Himmel stand, erreichten wir Madrid. Die Straßen waren gefüllt mit Autos, da die meisten Menschen jetzt zur Arbeit fuhren.

Nach vielen kleinen Gässchen hielten wir dann schließlich vor einem riesigen Gebäude. "Hier ist die Schule. Ich werde mit dir deinen Weg abfahren, damit du die beste Route kennst", erklärte der Professor nebenbei und ich schrieb mir ein paar Notizen auf.

An den Ausgängen waren überall Sicherheitskräfte und die gesamte Schule war umzäunt. Einige Schüler saßen auf dem Schulhof und warteten auf den Schulbeginn.

Übermorgen werde ich das Vorstellungsgespräch haben und dann etwa zwei Wochen darauf ein Praktikum ablegen. Die Zeiten überschnitten sich perfekt mit dem Tag des Überfalls. Zu diesem Zeitpunkt sind etwa zwei Drittel des Praktikums absolviert.

Ein paar Minuten später blieben wir dann endgültig vor einem weißen Haus mit drei Etagen stehen. Die Gegend bestand größtenteils aus Leuten der Mittelschicht.

Der Professor half mir mit meinem Koffer und der Reisetasche und mit vereinten Kräften trugen wir alles in den zweiten Stock.

Srta. Reyes, stand in kleinen goldenen Lettern an der weißen Tür. Ich hatte diesen Namen schon lange nicht mehr gehört, seit knapp fünf Monaten, um genau zu sein.

Vorsichtig schloss ich die Tür auf und stand mitten im Flur einer kleinen Wohnung. Alles war relativ schlicht gehalten. Weiß gestrichene Wände, Holzmöbel und Laminat auf dem Boden.

Nachdem ich mich umgesehen hatte, trat ich wieder zum Professor auf den Flur. "Ich hoffe, es genügt. Für die vier Wochen", meinte er lächelnd und schnippte sich die Brille auf den Nasenrücken. "Es reicht vollkommen, diese Wohnung sieht beinahe besser aus, als meine alte", sagte ich lachend und wurde dann stumm.

Nothing to Lose (Berlin - La Casa de Papel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt