37. Ich weiß...

702 46 7
                                    

Als die anderen bereits aus dem Raum gegangen waren, um die Vorkehrungen zu treffen, blieben Berlin und ich zurück. In einer unangenehmen Stille warteten wir, bis die Tür hinter Nairobi ins Schloss viel.
Wir hatten ungefähr eine Stunde, bis die Reporter hier waren.
"Also, was ist los?", fragte mich der Braunhaarige, noch immer mit der professionellen Maske.

Ich seufzte.
"Ich weiß nichts Genaues, aber ich glaube, sie planen einen Ausbruch", erklärte ich ihm, doch er schien davon nicht sehr beeindruckt zu sein.
"Ein paar mehr Informationen wären auch ganz gut." Er wendete sich ab und schaute stattdessen den Fischen im Aquarium zu.

"Berlin, ich habe keine weiteren Informationen, ich habe nicht mehr rausbekommen", meinte ich schon leicht frustriert, da er noch immer kein Interesse zeigte. Berlin schnaubte nur.
"Du hast also nur eine wage Vermutung? Das reicht nicht für eine Razzia. Außerdem solltest du dich damit an deinen Boss wenden, nicht an deinen Kollegen", erklärte er mit gefühlskalter Stimme und ich stemmte meine Arme in die Hüften. Herausfordernd sah ich ihn an.

"Erstens, du bist nicht einfach nur ein Kollege, verstanden? Und zweitens, stell unseren Streit bei solchen Angelegenheiten bitte hinten an!"
Unbeeindruckt musterte er mich.
"Ich bin überrascht, dass du mir das anvertraust. Hast du keine Angst, dass ich den Verräter umbringen würde? Schließlich machen Menschen wie ich das ja so", sagte er leise, während seine Augen für einen kurzen Moment zu mir huschten, bevor er wieder die Fische anschaute.

Ich war sprachlos. Es würde jetzt nichts bringen, ihn weiter zu bedrängen und ich wusste, wann ich unerwünscht war.
Auf dem Absatz machte ich kehrt und ging mit großen, zügigen Schritten zur Tür.
"Wärst du wirklich so ein Monster, wie du es denkst, dann würde ich mit dir keine Familie gründen wollen", murmelte ich vor mir her, als ich auf den Gang stürmte.
Mir war es egal, ob er mich verstanden hatte.

Berlin war kein Monster. Er hatte Fehler und Probleme, aber das wusste ich und akzeptierte es auch. Immerhin sorgten die kleinen Dinge dafür, dass ein Mensch besonders ist.
Allerdings brachte er mich manchmal wirklich auf die Palme mit seinem Verhalten.
Wieso konnte er denn nicht das sehen, was ich in ihm sah? Einen liebevollen Verlobten, der sein ganzes Leben nur davon geträumt hatte, glücklich zu werden.
Kopfschüttelnd bog ich um die nächste Ecke und verbrachte die restliche Zeit mit der Vorbereitung der Geiselfreilassung.

Eine Zeit lang spielte ich mit dem Gedanken, Nairobi von dem Gespräch zu erzählen. Doch wenn sie mich auch nicht ernst nahm oder Berlin davon erfuhr, dann würde alles nur noch schlimmer werden. Also erzählte ich niemandem weiter davon, doch ich hielt die Augen auf und suchte nach dem kleinsten Indiz, dass für den Plan der Geiseln sprechen würde.

Zusammen mit Helsinki befreite ich die Geiseln aus dem Keller und versuchte nicht in ihre verängstigten Gesichter zu schauen.
"Alles wird gut, wir lassen euch frei", murmelte ich abwesend, doch das schien das Unbehagen der Menschen nur noch anzufeuern. Ohne weitere Worte brachten wir sie in zwei Reihen nach oben.
In der Haupthalle trafen wir auf die anderen.

Ich gesellte mich zu Nairobi und Denver, die anscheinend gerade den Plan noch einmal durchgingen. Berlin stand etwas abseits und hatte seine Stirn in Falten gelegt. Für ihn begann nun das Schauspiel und er musste seine Rolle perfekt spielen, ansonsten hatten wir wirklich verloren.
"Hey, Valencia!"

Jemand schnippte mit den Fingern vor meinem Gesicht herum und ich lenkte meine Aufmerksamkeit wieder zu Nairobi.
"Was hast du gesagt?", fragte ich etwas verwirrt, da ich nicht sehr viel von dem Gespräch mitbekommen hatte. Meine Kollegin warf mir einen warnenden Blick zu.
"Ich habe gefragt, ob bei euch alles in Ordnung ist? Wir können jetzt wirklich nicht noch eine Beziehungskrise brauchen!"
Ihre dunklen Augen durchbohrten mich, doch ich winkte bloß nickend ab. Damit schien sie vorerst zufrieden zu sein.

Nothing to Lose (Berlin - La Casa de Papel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt