14. Die Lüge

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Die Tage rannen dahin und ehe ich mich versah, begann ich meinen ersten Arbeitstag in der Schule. Ich hatte die Stelle am Ende ohne viel Mühe bekommen und es stellte sich heraus, dass die Direktorin anscheinend ein Fan von mir geworden war, da sie mich den anderen acht Bewerbern einfach vorgezogen hatte.

Nervös zupfte ich an meinem Jackett umher, welches ich leider heute früh wechseln musste, da mir das Frühstück nicht lange im Magen geblieben war.
Ich war wohl einfach zu aufgeregt gewesen.

Nachdem ich durch die Sicherheitskontrollen gekommen war, suchte ich direkt den Raum, der mir zugwiesen worden war. Als ich diesen gefunden hatte, ging ich zum Lehrerzimmer, damit ich mir die Wege schon einmal einprägen konnte.

Ich ließ mich auf einen freien Platz in einer Ecke nieder und durchsuchte meine Sachen, nach Notizblock und Stift. Da sprach mich von der Seite jemand an.
"Guten Tag, Sie müssen Srta. Reyes sein, richtig? Mein Name ist Srta. Colmenar, aber Sie können mich ruhig Mercedes nennen", sagte eine ältere Frau, mit hochgebundenen, dunkelbraunen Haaren.

Dankbar lächelte ich und begann, eine Konversation mit der Lehrerin zu führen.
Ich wusste, dass sie die Leiterin der Exkursion in die Druckerei sein würde und gleichzeitig mein Ansprechpartner bei Fragen, weswegen ich mich mit ihr verstehen musste.

Kurze Zeit später klingelte es und wir liefen gemeinsam zum Klassenraum.
Sie kam mir sehr sympathisch vor, jedoch hatte ich nicht die Absicht, mich mit ihr anzufreunden. Meine Aufgabe war eine andere.

Sobald ich den Raum betreten hatte, wäre ich am liebsten gleich wieder gegangen. Die Jungen wurden sofort ruhig und starrten mich mit großen Augen an.

Jugendliche, dachte ich genervt, behielt allerdings ein Lächeln auf den Lippen und stellte mich der Klasse vor.
Ich entdeckte auch beinahe sofort unser Lämmchen in der letzten Reihe sitzen. Sie schaute aus dem Fenster und schenkte mir nicht die geringste Aufmerksamkeit.

Nachdem Mercedes die Stunde wieder übernommen hatte, setzte ich mich in die letzte Reihe und lauschte dem Geschehen an der Tafel mit dem halben Ohr. Ich griff in meine Tasche und meine Aufmerksamkeit richtete sich auf den Zettel, den ich mit der Hand umschloss.

Seit ich in der Wohnung angekommen war, hatte ich Berlins Notiz nicht aus meiner Jackentasche genommen. Ich trug sie bei mir, wie einen kleinen Glücksbringer, damit er immer bei mir blieb, zumindest ein Teil von ihm.

"Sind Sie verheiratet?"
Perplex schaute ich zu meiner Seite und entdeckte das Lämmchen, welches mich angesprochen hatte. Ich rang mich zu einem Lächeln durch und schüttelte dann den Kopf.
"Wie kommst du darauf?", murmelte ich, damit ich den Unterricht nicht störte.

Das Mädchen schmunzelte bloß. "Sie kommen mir vor, wie eine Frau, die Zuhause auf ihren Mann wartet und ein langweiliges Leben führt, keine Ahnung", meinte sie schulterzuckend und ich unterdrückte ein Glucksen. Wenn sie wüsste.

Als die Stunden endlich vorbei waren, klingelte es zur Pause und alle Schüler stürmten aus dem Raum. Die ältere Lehrerin und ich gingen zurück zum Lehrerzimmer, weil wir jetzt Aufsicht haben würden und es zu kalt war, um ohne Jacken auf den Hof zu gehen.

Sie versuchte mich immer wieder in ein Gespräch zu verwickeln und ich musste stets interessiert sein, um nicht unhöflich zu wirken.
Wir zogen einige Runden um den Hof, bevor sie sich kurz verabschiedete, weil sie noch etwas kopieren gehen musste.

Ich stand also als einzige Aufsichtsperson draußen, inmitten von hunderten pubertierenden Schülern.
Nachdem ich einige billige Anmachsprüche abgeblockt hatte, kam dann endlich Srta. Colmenar wieder.
Diese ganzen Jungs konnten Berlin nicht einmal das Wasser bis zu den Knien reichen.

Nothing to Lose (Berlin - La Casa de Papel)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt