DREI

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Rafael P.o.V.

Einen Tag zuvor

»Ich sage es ein letztes Mal: entweder du nimmst das Angebot an oder du wirst es bitter bereuen.« Wann werden es die Leute endlich verstehen, dass ein Deal ein Deal ist? Manche Leute sind einfach nicht für's Business gemacht. »Baby, komm doch wieder ins Bett!«, rief Louise zu mir. »Es tut mir Leid, ich habe zu tun. Du kannst noch liegen bleiben. Carla wird dir dann etwas zum Frühstück machen.« Manchmal taten mir die Frauen, welche mit mir die Nacht verbrachten, leid, doch ich habe keine Lust, mich auf irgendwas einzulassen und schon gar keine Zeit für Beziehungen und Liebe. Es war bereits ein Fehler, dass ich mittlerweile zum fünften oder sechsten Mal mit Louise schlief. Zu Mal wir am Freitag noch gemeinsam für einen Hugo Boss Werbespot vor der Kamera stehen werden. Das wird ein Spaß. Doch ich bin eben auch nur ein Mann mit Bedürfnissen. Auf dem Weg zum Mirabelle, meinem Hotel, erreichte mich eine SMS von Lorenzo "Erledigt.".  Wenigstens ein Deal, der heute abgeschlossen wurde. Es war ein Kampf, dem Clubbesitzer diesen Club zu abkaufen - schließlich liegt er in der besten Lage der Stadt und läuft extrem gut. Doch mithilfe von Lorenzo und verdammt hohen Geldsummen gehört diese Goldgrube nun mir.

Während ich eine Antwort eintippte, umschlingen die dünnen Arme von Louise meinen Körper. Sie trug lediglich eines meiner Hemden und einen rosanen Slip. Anstatt das Hemd zuzuknöpfen wickelte sie es locker zusammen. Der tiefe Ausschnitt und ihr lasziver Blick machten es mir unglaublich schwer, standhaft zu bleiben. Sie zog mich ins Bett und setzte sich auf mich. »Scheiß drauf«, wisperte ich und begann, ihr erst das Hemd und anschließend den Slip auszuziehen. Meine Küsse führten langsam, aber intensiv, zu ihrer Mitte. Eine Gänsehaut breitete sich auf ihrem Körper auf. Immer und immer wieder entwich ihr ein lautes Stöhnen.

Als wir fertig waren, sprang ich in Windeseile unter die Dusche und zog ein schwarzes Hemd und eine dazu passende Hose an. Die Krawatte gab dem Outfit den letzten Schliff. Aus Zeitgründen geelte ich meine dunklen Haare nach hinten. 

Nachdem ich meine Aktentasche und das iPad griff, warf ich Louise einen letzten Blick zu. Ihre Augen sahen mich erwartungsvoll an, doch ich war zu spät dran, um ihr noch einen Kuss zu geben. Außerdem würde ich ihr so falsche Signale senden.

Beim Betreten der Lobby meines Fünf-Sterne-Hotels begrüßten mich das Personal, aber auch die Gäste, fast so als sei ich der König der Welt. Es wäre gelogen zu sagen, dass ich das Ansehen nicht genießen würde, doch viele der Angestellten waren doppelt so alt wie ich - und arbeiten im Mirabelle teilweise seit 20 Jahren.

»Rafael mein Schatz, du siehst so müde aus!«, begrüßte mich meine Mutter, welche gerade im Mirabelle frühstückte. »Mir geht es gut, Mum. Ich habe einfach viel zu tun und hatte ein paar kürzere Nächte.« Ich liebe und schätze meine Mutter mehr als alles andere auf der Welt, doch sie sollte sich nicht zu sehr in mein Leben einmischen.

 »Rafael, du bist mein Sohn. Ich erkenne es, wenn es dir schlecht geht. Du bist nicht einmal 26 und siehst mit jedem Tag älter und müder aus. Ich bin ja stolz darauf, dass du bereits so viel erreichst hast. Doch du leitest ein Hotel mit einer Bar und mehreren Restaurants, ein Casino und investierst in immer mehr Sachen. Dazu stehst du auch noch regelmäßig als Model vor der Kamera. Dann noch die Sorge um deinen Dad. Nimm dir doch bitte auch mal Pause!« Es tat weh, wenn mich meine Mutter mit ihren großen Rehaugen so traurig ansah. Ich verstand ihre Sorge, insbesondere seit dem Verschwinden meines Vaters vor einigen Tagen.
Doch aufgrund der Geschehnisse war es keine Option, kürzer zu treten - schließlich musste ich mich nun noch um seine Geschäfte kümmern. Außerdem machte der Erfolg süchtig, die Anerkennung, das Geld, der Ruhm. Gewissermaßen war der Erfolg meine persönliche Droge.

Lost & found - The Way we goWo Geschichten leben. Entdecke jetzt