DREIUNDZWANZIG

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Während ich mir mein Abendessen vorbereitete, hörte ich einen Podcast, welcher mir neulich von einem guten Bekannten empfohlen wurde. Fuck, ich sollte dringend in den Podcast von Jack reinhören, erinnerte mich meine innere Stimme. Doch nun entschied ich mich dazu, erstmal diesem eine Chance zu geben. Es ging um Themen wie emotionales Wachstum, Beziehungskram und den großen Problemen unserer Gesellschaft und Zeit. Klang wie ein typischer Podcast von zwei talentlosen Wichtigtuern, welche wie meine Mutter so oft sagte, „den Nerv der Zeit" treffen würden. Ansicht mochte ich das Prinzip von Podcasts, doch es war mittlerweile gar nicht mehr so einfach, einen inhaltlich wertvollen Podcasts zu finden, der nicht das wiederholte, was man bereits schon zwanzig Mal gehört hat oder aus belanglosen Gesprächen zweier Personen bestand. Gerade als ich abschalten wollte, begann eine der zwei SprecherInnen von den Problemen eines zu großen Egos zu reden und wie sehr wir uns doch selbst blockieren. Stand mir mein Ego wirklich im Wege? Mein beruflicher Erfolg sprach für sich, doch meine privaten Beziehungen sind alles andere als von Erfolg geprägt.

Hatte Jack recht? Mochte ich Ava mehr als ich es mir eingestehen wollte? Ich war noch nie ein Mensch, der schnell Gefühle entwickelte, schon gar nicht nach einem Treffen, welches knapp eine Stunde andauerte. Doch irgendwas hatte Ava an sich, was mich nicht mehr los ließ.

Irgendwas sorgte dafür, dass sie mir immer wieder durch den Kopf geht. Aber was? Ich verstand mich selbst nicht.

Im Grunde habe ich nichts zu verlieren, wenn ich Ava noch einmal schreibe. Ein allerletztes Mal. Vielleicht bekomme ich ja eine Antwort, wenn ich ihr anbiete, mich zu erklären.

In dem Moment als ich die SMS abschickte, gab es kein Zurück mehr. Ich fühlte mich plötzlich gar nicht mehr so unantastbar und erwachsen wie sonst. Entweder ich würde mich blamieren und ignoriert werden oder sie sagt einem Treffen zu.

Nur wenige Minuten später sagte sie tatsächlich einem Treffen zu. Meine schlechte Stimmung der letzten Tage war wie in Luft ausgelöst - und ich fühlte mich endlich bereit, Juan anzurufen.

»Hallo?« Mein Herz schlug schneller, meine Hände begannen noch mehr zu schwitzen. Es war so seltsam und ungewohnt nach fast zwei Jahren seine Stimme zu hören.

»Hey Juan, ich bin's, Rafael.«

»Oh.« Für eine Sekunden sagte keiner was. »Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Gibt es irgendwas?«

Eigentlich war es mir ein Leichtes Menschen zu lesen und ihre Absichten zu erkennen. Doch ich wusste nicht, was Juan von meinem Anruf hielt. Er klang weder erfreut, noch wütend oder genervt. Seine Stimme klang vielmehr gleichgültig, ganz ohne Emotionen.

»Mit Sicherheit, aber das ist nicht der Grund für meinen Anruf. Eigentlich.. eigentlich wollte ich dir nur sagen, dass ich jenen Abend bitter bereue. Es tut mir leid.«

»Und das fällt dir jetzt auf einmal ein?«, er lachte spöttisch.

»Ich hatte nie die Chance dazu, mich bei dir zu entschuldigen. Falls du dich erinnerst, hast du mir erst eine reingehauen und mich fortan überall blockierst und auch im echten Leben haben wir uns seitdem nicht mehr gesehen.«

»Als ich gesehen habe, wie dein Schwanz in ihr steckte und gehört habe, wie sie deinen Namen schrie, habe ich jeden Respekt vor dir verloren. Mach's gut.«

»Juan! Warte! Ich wusste verdammt nochmal nicht, dass sie deine Freundin war! Sie meinte zu mir, dass sie Lilly heißen würde und Single sei. Verdammt! Keine Frau, schon gar kein One-Night-Stand, wäre es wert gewesen, dich zu verlieren.«

Ich hörte, wie er schluckte. »W-Was?!«

»Es rechtfertigt meine späte Entschuldigung nicht, aber hast du wirklich geglaubt, dass ich dir das wissentlich antun würde? Juan, du warst nicht nur mein Cousin. Du warst mein Zwillingsbruder, mein bester Freund, mein Seelenverwandter.«

»Fuck man, fuck«, er stoppte für einen Moment, »ich bin so ein Idiot. Ich hätte dir zuhören sollen. So oft wären wir für den anderen beinah drauf gegangen... und ich habe zugelassen, dass wir uns wegen einer Bitch verlieren.«

»Sie hat dein Herz gebrochen. Ich versteh deine Reaktion, vor allem aus deiner Sichtweise.«

»Ich hätte das nie zulassen dürfen. Man, ich war so dumm! Wie konnte ich so naiv sein, um zu glauben, dass Ashley ernste Absichten hätte? Und du mir sowas antun würdest? Das war mein größter Fehler.«

»Wir haben beide viele Fehler gemacht, lass uns das vergessen.«

Mit einem Mal hörte ich ihn schluchzen.

»Man, ich hätte dir so oder so dankbar sein sollen. Weißt du, wärst du es nicht gewesen, dann früher oder später ein anderer. Hätte sie mich je geliebt, hätte sie mich nie so hintergegangen.«

Schon wieder fehlten mir die richtigen Worte. Erst bei Jack, dann bei Ava und nun auch noch bei Juan. Nach Avas SMS habe ich mich kurz gut gefühlt und da mir Juan verziehen hat, hätte ich nun noch einen weiteren Grund für gute Laune. Doch meine Schuldgefühle sind seitdem letzten Wochenende stärker denn je. Ich wollte es mir lange nicht eingestehen, doch ich habe so ziemlich jeden Menschen in meinem Umfeld verletzt - ob meine Familie, Freunde, Affären oder Angestellte.

Halloooo🥰

Ich hoffe, dass es euch allen gut geht! Die Corona-Pandemie lässt uns einfach nicht in Ruhe. Aber umso schöner, dass man mittels Büchern und Geschichten mal kurz in andere Welten abtauchen kann. 😊
Jack hat scheinbar einen ziemlichen Einfluss auf Rafael. Könntet ihr einem Familienmitglied oder einem guten Freund/ einer guten Freundin verzeihen, wenn ihr sie/ ihn mit eurem Partner/ eurer Partnerin erwischen würdet?!😳🤯

Übrigens.. im nächsten Kapitel treffen sich Ava und Rafael. 🤭 Was die beiden wohl unternehmen werden?😏❤️

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