NEUN

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Bevor Rafael und ich die große Turnhalle, in der die Party stattfand, betraten, zog er noch sein Jackett aus und öffnete die ersten zwei Knöpfe des weißen Hemdes und krempelte seine Ärmel hoch. Der lockere Look war nicht nur partytauglicher, sondern auch verdammt heiß. Fuck, reiß dich zusammen, Ava. Als wir in Richtung Eingang gingen, spürte ich, wie uns all die, die gerade draußen standen, regelrecht anstarrten. Insofern meine Hose nicht gerissen war, war mir klar, dass die Blicke nicht mir galten. Sicher, Rafael sah gut aus. Doch das taten viele! Als wir in die Turnhalle gingen, sprang ein Typ mit verwuschelten, etwas längeren Haaren auf Rafael zu. »Rafa, alter, du lebst noch!« War das einer der alten Freunde von ihm? Wenn ja, schien er das komplette Gegenteil von Rafael zu sein. Er trug einen bunten Hoodie, eine zerrissene Jeans und sein eher rundliches Gesicht mit den von Gras geröteten Augen ließen ihn eher wie 21 oder 22 aussehen. »Das ist Jack, wir kennen uns schon seit dem Kindergarten und haben auch die selbe Middle- und Highschool besucht«, stellte ihn mir Rafael vor. Jack erklärte, dass er schon viermal sein Studienfach gewechselt habe und momentan in einer Findungsphase sei. Er schien etwas verpeilt zu sein, war aber wirklich sehr nett. Da sich die beiden schon länger nicht gesehen haben, beschloss ich sie allein zu lassen und ging zu Palina und Aubrey, welche etwa 20 Meter entfernt standen.

»Das musst du uns jetzt erklären!«, sagten Aubrey und Palina voller Aufregung. Was sollte ich erklären? Ich habe doch allen eine SMS geschrieben, dass ich etwas verspätet zur Party kommen würde. »Wie kommt es, dass du in Begleitung von Rafael Caruso zu einer Collegeparty gehst?«, fragte mich Palina mit weit aufgerissenen Augen. »Oh, ihr kennt ihn?« Beide lachten. »Natürlich. Wer kennt ihn nicht?«, ergänzte Aubrey. Ich verstand kein Wort. Warum schienen ihn alle zu kennen? »Oh, du hast echt keinen Plan, oder?«, stellte Palina fest. »Rafael ist zum einen bekannt, da er bis vor drei Jahren ebenfalls hier studierte. Doch vor allem ist er bekannt, weil ihm knapp zwei Millionen Menschen auf Instagram folgen, er regelmäßig für große Marken modelt und schon ein Hotel leitet. Er hält auch oft Vorträge an Unis oder auf YouTube über das Leben als Jungunternehmer. In San Albay kennt ihn fast jeder.« Mir stockte der Atem. Ich war zwar kein Freund davon, dass man Menschen, welche den Idealen unserer Zeit nach erfolgreich waren, wie Götter behandelte - doch mir war es peinlich, dass ich mich über eine Stunde lang mit ihm über alles mögliche unterhielt, doch so gar keinen Schimmer hatte, wer er ist oder was er macht. Als ich sein Profil auf Instagram aufrief, stellte sich endgültig raus, dass sich die Mädels keinen Scherz erlaubten. Seine Fotos waren überwiegend professionell gemacht, oft im schwarz-weiß Stil, zeigten entweder ihn, teure Autos oder die schönsten Orte der Welt. Doch sein Feed wirkte extrem unpersönlich, zu perfekt, zu inszeniert. Ich wusste nicht, was ich von ihm und der Generation "Instagramfame" halten soll. Dennoch war es mir irgendwie unangenehm, dass scheinbar wirklich alle wussten, wer er ist - außer mir. Warum hat er mir nichts davon erzählt? Er sagte, er arbeitet in einem Hotel und hat ein paar Projekte, an denen er abeitet. Jedoch war er mir keine Rechenschaft schuldig, es war kein Date. Es war ein nettes Gespräch, doch im Grunde waren wir Fremde.

Als ich zu ihm ging, sah ich, wie sich um ihn regelrecht ein Kreis gebildet hatte. Die meisten Frauen himmelten ihn an und warfen ihm verführerische Blicke zu, der Rest, männliche Studenten von Anfang bis Mitte 20, hörten ihm interessiert zu. Ich war nicht weit entfernt, doch er würdigte mich keines Blickes. Irgendwie kränkte mich das, auch wenn es keinen logischen Grund dafür gab.

Als ich vor die Tür ging, traf ich auf Luke. Er gehörte zu den Personen, mit denen ich in den letzten Tagen die meiste Zeit verbracht habe und schon irgendwie in mein Herz geschlossen habe. »Hey, Ava! Wie gefällt dir die Party?« »Ich finde sie ganz okay und du?« Ich wusste nicht, was ich von der Party halten soll. Die SMS von Ryan belastete mich noch immer und ich war verunsichert, was ich von Rafael halten soll. »Naja, der Hype um Rafael nervt«, sagte Luke. Ich fragte mich, ob er es ähnlich dämlich fand wie ich, dass Leute mit vielen Followern und Erfolg so anders behandelt werden oder ob er vielleicht ein wenig eifersüchtig war. Auf den letzten Partys war es nämlich vor allem Luke, der besonders gut bei allen anderen, vor allem den weiblichen Studentinnen, ankam und im Mittelpunkt stand.

Wir gingen zu einer Bank, die etwas abseits von den anderen Partygästen, die draußen waren, lag. »Du bist vorhin nicht wegen einer Nachricht von deinem Ex gegangen, oder?« »Wie kommst du darauf?« Er schluckte und sah mich verunsichert an: »Bei einer SMS vom Ex ist man meist traurig, überrascht oder glücklich, vielleicht auch wütend. Doch du bist von jetzt auf gleich kreidebleich geworden, hast gezittert. Was ist wirklich passiert, Ava?«

Hallo ihr Lieben 🥰
Ich hoffe, dass es euch gut geht.🧡

Wie würdet ihr euch fühlen, wenn ihr eine Person trefft, welche ziemlich bekannt ist, ihr das jedoch nicht im geringsten ahnt?😂

Was meint ihr? Wird sie sich endlich jemandem anvertrauen?🙊❤️

Lost & found - The Way we goWo Geschichten leben. Entdecke jetzt