Ein netter Deutscher?

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Jewas Schritte trugen sie durch die grünen Wege, heute in Zivilbekleidung. Man hatte ihr zwei Tage Front Urlaub gewährt, da sie und Andrej sich das Ja Wort geben würden, Jewa war ganz nervös, heute würde sie bei ihrer Familie verweilen und dann anschließend der 24 Infanterie hinter herreisen um dort mit Andrej zu heiraten. Sicherheitshalber trug sie ihre Uniform in dem großen Rucksack, sie hatte kein Interesse in den nächsten Tagen zu sterben.



Ursprünglich hatte die junge Frau mit ihrer Familie in Kasan gelebt, doch da ihr Vater seiner Arbeit nachgezogen war, waren sie zur Großmutter aufs Land gewandert. Fladimir Iwanow war Generalleutnant und arbeitete in Moskau im Generalstab um das Staatsoberhaupt, neben seiner Funktion als Berater, arbeitete er meist als Adjutant. Ihr Herz stockte ein paar Sekunden, da das Dorf nicht mehr aussah wie früher. Der Feind hatte sich es hier breit gemacht, ihr Blick fiel auf die spielenden Kinder und die alten Frauen die Wäsche der Soldaten wuschen. Dann auf die Deutschen selbst, die wohl essend am Tisch saßen. Alles in ihr spannte sich an, das waren Feinde, das durfte so nicht sein!



Ihre Schritte trugen sie näher heran, sie hörte Gegröle und schlechte Deutsche Witze. "Nanu wo willst du das hin Kleines?" Ein großer blonder Soldat stand vor der Russin und blies ihr den Rauch seiner Zigarette entgegen. Sein Gesicht zierte ein arrogantes Grinsen, oh wie sicher sie doch waren das sie diesen Krieg gewinnen würden. Purer Abscheu stieg in ihr an, diesen Sieg würden die Deutschen Schweine nicht erhalten, nicht so lange möglichst viele von ihnen in ihrem schwarzen Buch standen. Insgesamt waren in den ein ein halb Monaten 15 Leute auf ihrer Liste. "Hast du keiner Stimmbänder oder bist du zu dumm zum Sprechen?!"



Jewa sah ihn ruhig an, obwohl ihr Herz pulsierte. Mit Leuten von ihnen leistete sie sich normalerweise harte Gefechte auf Leben und Tod. "Ich möchte zu meiner Familie.", sagte sie in fließenden Deutsch und sah ihn an. Zwar sprach die Adjutanten Tochter die Sprache des Feindes, doch mit einem sehr starken Akzent, ö,ü und ä waren doch sinnlose Vokale, die bei ihr einfach zu a, u und o wurden. Die blonde Frau fokussierte ihn genau, oh, wenn sie jemals die Chance bekommen würde, dann wäre er der nächste. Doch wieder erwarten ließ er sie passieren und die Scharfschützin eilte weiter, suchend sah sie sich nach ihrer Mutter um.



Eilig viel sie der alten Frau in die Arme, auch wenn sie von einigen der Deutschen mit Adleraugen gemustert wurde. "Mama! Schön dich zu sehen!" Die beiden Frauen unterhielten sich auf Russisch, inständig hoffte die Scharfschützin, dass alles ohne Probleme lief. Eilig folgte sie ihrer Mutter in das kleine Haus, wo ihre Großmutter nähte. Sich jetzt über Politik zu unterhalten wäre tödlich, da draußen saß der Feind.



Es war zu späteren Stunde als Jewa bekleidet mit einem roten Kleid und einer Schürze aus dem Haus trat, sie sollte Holz hohlen. Ihr Blick fiel auf die Kinder, die auf der Treppe saßen und den rechten Arm hoben, den Hitlergruß und seine Bedeutung verstanden sie ja nicht. "Guck mal die russischen Genossen lernen langsam was gut für sie ist, ein persönliches Geschenk vom Führer." Jewa schloss die Augen, die junge Frau freute sich, wenn sie wieder gehen würde, das war schrecklich. Dauernd waren die Gesprächsthemen dass es ja so schade war das die Russen kapitulierten und dass nächstes Jahr überall hier Deutsche wohnen würde.



Die junge Frau beobachtete das Lager, ähnlich war das ihrer Einheit aufgebaut. Draußen standen Tische und Stühle, aus den Häusern wo gegessen wurde, eine Feuerstelle zum Kochen und ein Becken zum Waschen. Die junge Russin sah nur starr auf den Weg, kaum eine junge Frau gab es hier noch. Die meisten von ihnen waren der Roten Armee beigetreten, als Soldaten, Sanitäter oder Funker. Die meiste Bevölkerung waren die alten und ganz jungen. Plötzlich spürte sie wie sie jemand am vorbeigehen an sich zog. Ihr Körper wurde hart gegen einen männlichen gedrückt . "Komm Schätzchen lass uns verschwinden."



"Finger weg oder ich schneide sie ab!" Nicht einmal hatte sie darüber nachgedacht, was sie gerade von sich gegeben hatte. Ihre Unschuld würde sie zwei Tage vor ihrer Ehe sicherlich nicht an ein deutsches Schwein verlieren. Bevor irgendeiner von ihnen was sagen konnte, war ein Mann in Uniform zu ihnen gedrehten.



"Steiner, sie haben die Frau gehört. Finger weg!" Der Unteroffizier hatte braunes Haar, fast so braun wie Andrejs, ein drei Tage Bart und graue Augen. Na wenigstens schien der so etwas wie Anstand zu besitzen. "Ja wohl Herr Oberfeldwebel!" Eilig hastete die junge Frau davon um Holz zu hohlen.



Am späten Abend lag Jewa unter dem offenen Fenster und blickte an die Decke und ab und zu auf die Männer die sich in unweigerlicher Nähe befanden. Gedankenverloren lauschte sie ihren Gesprächen. Beteiligt waren fünf von ihnen, die Kasanerin sehnte sich in ihr kleines Feldbett ins Lager, weit weg von Deutschen.



"Ich hoffe ja der Russe, hält sich noch ein bisschen. Sonst werden wir Moskau ja nie sehen! Wenn die noch ein bisschen machen hat jeder von uns eine Chance, als Helden zurückzukehren, mit Orden behangen und von den Frauen begehrt."



"Mein Alter, ist nicht mal 10 Kilometer von unserem Dorf weg gekommen und jetzt bin ich, 1000 von daheim entfernt. Wenn der Krieg vorbei ist, dann bleibe ich hier. Der Führer hat gesagt dann gibt es Land für jeden von uns."



Die blonde Frau spürte wie Hass sich in ihr breit machte, niemals würde sie zulassen das diese kranken NS Schweine ihre geliebte Heimat mit Füßen drahten. Hätte sie sich doch bloß keinen Urlaub genommen. Eigentlich wollte sie das Fenster schließen, doch die Stimme des Mannes, der sie eben gerettet hatte, ließ sie in der Bewegung erstarren.



"Glaub mir mein Freund die Erde wird gut gedünkt sein mit unserem Blut. Wenn wir weiter so machen wie bisher dann auf jeden Fall." Die blonde Frau schloss die Augen, wenigstens einer aus dieser Gruppe war vernünftig und nicht starr versessen auf die Idee eines Krieges für Platz für die eigene Bevölkerung. Interessiert hörte sie weiter zu, was denn die Männer darauf zu sagen hatten?



"Denkst du der Russe würde es anders mit uns machen?" Die Stimme des anderen war spöttisch.



"Naja wer weiß, vielleicht ist er gerade dabei von uns zu lernen." Die Adjutanten Tochter schloss das Fenster. Wie Recht dieser Mann doch hatte. Irgendwann da war sie sicher würden auch die Wehrmacht ihr Fett weg bekommen, spätestens mit dem Begleiter Russlands, dem harten Winter.

Blut und Tod im SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt