Propaganda

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Vladimir Iwanow saß auf dem gepolsterten Stuhl im privaten Büro. Vor ihm auf der glänzenden Tischplatte lag fein säuberlich in einer Schutzfolie ein Plakat. Stumm nahm der Mann einen Schluck Rotwein zu sich, ehe seine Finger die Konturen des gezeichneten Menschen nach formten. Ihn blickten gemalte braune Augen an, die beinahe schon freudestrahlend schienen. Das Gesicht der gemalten war zu einem Lächeln verzogen, die Hand zum Salutieren an den Kopf. Auf dem Propaganda Plakat lachte ihm seine einzige noch lebende Tochter entgegen.


"Vor ihr fürchtet sich jeder Feind, 140 Abschüsse machen unser Vaterland frei." Die braunen Augen von Vladimir schlossen sich, jetzt war die Göre auch noch Propaganda! Natürlich die Geschichten von Heldentaten an der Front machten im hinteren Teil des Landes Stimmung, es hob die Moral der Partisanen und der Zivilbevölkerung, doch seine Tochter wollte er da nicht sehen. Immerhin war sie noch eine Frau und gehörte in die Küche und nicht an die Front. Ein tiefes Seufzen verließ seine schmalen Lippen. Den Tod wünschte er ihr nicht, doch ihn würde es eher freuen wenn sein einziger Sohn hoch bestückt aus dem Krieg wieder kehren würde.


"Olga schau dir das an." Seine Stimme war ruhig, es schien ihm wie ein schlechter Traum. Es reichte doch schon, dass andere Frauen wie Nationalhelden gefeiert wurden, da musste jetzt seine Tochter nicht auch noch in ein solches Licht gerückt werden. Die kleine dickliche Frau eilte zu ihm und blickte über seine Schulter. Ihr Haar wurde langsam grau, während ihn seines verlies. "Oh das ist ja die kleine. 140? Da bist du sicher stolz nicht wahr Vladimir?" Da sie selbst nie hatte Kinder bekommen können, waren ihr die Kinder der Familie Iwano sehr ans Herz gewachsen.


"Stolz ist ein mächtiges Wort. Sie hat mich zu mindestens nicht enttäuscht." Er war nicht leicht zum zufrieden stellen, maß mit zweierlei Bändern, doch eine gewisse Zufriedenheit hatte sich schon in ihm breit gemacht. Insbesondere da es eine Beförderung gegebenen hatte. Jewa war nun Feldwebel.


Der frischgebackene Feldwebel stand müde vor dem Gebäude und seufzte leise auf, neben ihr standen in einer Reihe viele andere Frauen. Die junge Frau schloss die Augen, man würde sie neu einteilen. Schon wieder neue Gruppen in denen sie kämpfen sollte, beinahe sehnte sich die Jewa nach Motrjk oder Papow, die waren wenigstens nett und nicht allzu Frauenfeindlich eingestellt. Die braunen Augen musterten den Oberst vor sich, von Stalingrad war es für die junge Frau nach Kotowo an der Kasanka gegangen. Die Russin hatte von ihren Propagandaplakaten gehört, sie auch gesehen doch es missfiel ihr das die 140 Toten so hoch gelobt wurden, Jewa fühlte sich nämlich wie ein Mörder. 140 Menschen, hatte es das Leben gekostet was sie ziemlich flau im Magen werden ließ.


"Ey Feldwebel nicht einschlafen. Die Frau denkt wohl nur weil sie einmal in der Propaganda war ,wäre sie wäre was Besseres. Taschen leeren." Jewa ging nur stumm dem Befehl nach, diesen Mann da fing sie an zu hassen. Es brodelte in ihr doch ihr Gesicht blieb starr und sie nahm ein Bild von Andrej hervor, die Briefe die ihr Andrej zukommen lassen hatte und Zigaretten. Der Mann griff stumm nach dem Bild. "Auf dem Haufen." Jewa wollte protestieren, doch sie konnte und durfte nicht, es war ein Befehl. Die Rote Armee hatte Frauen rekrutiert ob sie wollten oder nicht war egal. Jewas gehörte zu den wenigen die schon Kampferfahrungen oder einen Rang hatten.


Ihr Blick viel auf den Soldaten der hämisch die wenigen Dinge in das Feuer warf, ihr Blick folgte dem Foto. Das letzte neben ihrem Ehering was sie von ihm hatte, ihre Erinnerungsqulle. Das Feuer fraß sich durch das Bild und ihr Herz wurde schwer, doch sie blickte nur stumm den Mann an. Genugtuung würde sie ihm nicht geben! Immerhin war sie eine Iwano, zäh wie Schuhleder und ein sturer Esel auf der Weide. Dem Oberst warf sie nur einen stummen Blick zu.


"Feldwebel Raschket sie werden sich der 180 Infanterie anschließen." Jewa lief stumm zu der neuen Gruppe, ihr Herz raste beinahe, ihre Augen leuchteten es war Motrjk. Warum hatte man sie denn überhaupt da aufgestellt wenn sie wieder unter seinem Kommando kämpfen würde. Glücklich stellte sie sich neben einen der Soldaten und blickte den anderen Frauen zu. Vielleicht wäre sie bald ja nicht mehr alleine in der Gruppe. Dieser Oberst war ihr sehr unsympathisch, ein wahres Arschloch der offenbar auch keinen Hehl daraus machte, dass er Frauen nicht mochte. Sie zu mindestens nicht in der Armee haben wollte.


Die Gruppe hatte sich verändert, nun waren sie wieder 70 Leute. Einige alte Gesichter aber auch viele neue. Auf dem Platz brannte ein Feuer wo allerlei Habseligkeiten drin lagen, auch ihr Foto. Pure Schikane, die Scharfschützin war sich sicher das auch die Männer solche Dinge in den Tasche trugen und nicht nur Frauen. Ihr Blick ging auf eine Frau mit rotbraunen Haar und den Sommersprossen, die über den Platz zu ihnen lief. Eine weitere Frau, wenn sie es richtig erkannte nach den Zusatzzeichen eine Funkerin. Jewa fühlte sich fast ein wenig erleichtert, dass sie nicht die einzige Frau unter dem Männerhaufen war.


"Alle Mann Abmarsch bereit machen!" Die Stimme des rothaarigen Majors und seine Befehle nahm Jewa freudig zu Kenntnis. Schnell weg von diesem Oberst da, bevor man es sich noch anders überlegte. Die Adjutanten Tochter lächelte nie neue an. "Ich bin Jewa und wer bist du?" Das diese Konversation der Beginn einer weiteren Freundschaft war wusste ja keiner zu diesem Zeitpunkt.

(Ich bin irgendwie ein wenig unzufrieden mit dem Kapitel. Was haltet ihr davon?

Blut und Tod im SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt