Ein zuckender Koloss

70 7 4
                                    

(Ich habe mich an unsere Mütter, unsere Väter inspiriert.)

Leutnant Schneider stand neben seinen Männern. Für ihn war es Hoffnung dass der Krieg trotz den schlechten Wetters bis Weihnachten gewonnen war. Da war zuversichtlich. Es war ein anderer Krieg, als alles was zuvor war. Riesige Kesselschlachten, 100 000 Gefangene russische Soldaten. Blutige Kämpfe und Verluste. Doch trotz der hohen Verluste, kapitulierten die Russen nicht, steckten noch einmal alle Kraft die sie aufbringen konnten hinein, wie ein zuckender Koloss der vor dem Fall war.

Die Stadt war halb zerstört, eine Säuberung sollte durch den Reichssicherheitsdienst vollzogen werden, durch Ukrainische Überläufer. Der Blick des Mannes viel starr auf das Tor, Schreie und Weinen. Mit Verwunderung stellte er fest, dass es Frauen und Kinder waren. "Das sind Kinder...die dürfen doch keine Zivilisten töten!" Seine Stimme war ein leiser Hauch, die Frauen warfen sich wimmernd vor die graue Mauer, einige rutschten auf den schmierigen Boden aus, vielen hin. Die blauen Augen fixierten ein Kind mit braunem Haar, welches von einem Ukrainer an den Haaren gepackt wurde.

"Podovidt!" Ein Glas klarer Befehl, der scharf wie ein Feil durch die Luft zischte. Hastig trat er auf die beiden zu. "Gehen sie! Das Mädchen bleibt hier!" Ängstlich stand das Kind vor den vier Soldaten der Wehrmacht, sah stumm auf den Boden. Sie war vielleicht 8 Jahre alt, das vermutete zumindest der Leutnant und blickte das Kind weiter an. Doch dann blickte er auf eine andere Gestalt, einen Sturmbahnführer der SS, der mit eiligen Schritten auf sie zukam. "Das Mädchen untersteht dem Sicherheitsdienst, da lässt sich nichts dran ändern."

"Das Mädchen untersteht wie alle Zivilisten der Wehrmacht." Eduards Stimme war energisch, beinahe schon entzürnt. Man konnte doch keine Kinder Töten! Kinder waren keine Partisanen! Seine eisblauen Augen funkelten den SS Mann an, dieses Kind würde sicherlich nicht in die dreckigen, blutverschmierten Finger des Sicherheitsdienstes kommen, nicht solange er es nicht verhindern konnte.

"Das ist keine Zivilisten, sondern eine Jüdin. Befehl ist Befehl!" Eduard sah beinahe angewidert zu wie sich der SS Mann Pralinen in den Mund stopfte. "Solange die Sache nicht geklärt ist, wird sie von meinen Männern observiert." Der blonde Mann drehte sich um und sah die beiden jungen Männer an, doch in jenem Moment ertönte ein Schuss. Entsetzt wirbelte der Leutnant herum, auf dem dreckigen Boden das tote Kind, Blut klebte an der Wange des Mannes der sich einfach umdrehte und ging.

Zur gleichen Zeit standen die 25 Männer der 41 Infanterie auf dem Platz des Kompanienlagers. Ihr Rücken und ihre Brust durchgestreckt. "Achtung! Stehen sie bequem!" Der Befehl schallte laut über den kleinen Platz und Jewa tat nichts lieber als diesem Nachzukommen. "Von jedem hier werden die Kleider und die Schuhgröße benötigt, der Winter steht vor der Tür. Der Schnee kann nicht mehr weit sein." Bis der erste Schnee Russlands Landschaft in ein wunderschönes, tödliches Paradies verwandeln würde. Jewas braune Augen blickten gerade nach vorne, denken war nicht gern gesehen, dass sollten sie einstellen war die Devise. Befehle sollten ihr Gehirn ersetzten, ein gefährlicher Gedanke.

Als die 24 jährige nach dem eintragen gehen wollte, wunderte sie sich das Popow hinter sie trat. "Gefreiter Iwanow auf ein Wort." Die Frau mit den beiden Zöpfen drehte sich schnell um und folgte ihm in eines der Häuser. Dort standen zwei Heeren, Jewa erkannte sie als Major Stenke, den Leiter der Kompanie und Hauptmann Smirnow. Sowohl der Oberstleutnant als auch Jewa salutierten. Was sollte sie denn hier? Sie war nur Gefreiter, nicht von irgendeiner wichtigen Bedeutung, nur Scharfschützin, das war sie.

Der Mann mit der Brille sah die junge Frau an. Sein grau braunes Haar war zu einem Zopf gebunden. Grün, braune Augen blitzen die anwesenden im Raum an, ehe er mit einer kratzigen rauchigen Stimme zu sprechen begann. "Das ist also die beste Scharfschützin ihrer Einheit? Das Buch!"

Die junge Frau hörte nicht einmal die ersten Worte, konnte sie gar nicht realisieren, sie nahm nur hastig aus der Tasche das kleine schwarze Lederbuch hervor und legte es ihm beinahe zittrig auf den Küchentisch. Stumm besah er sich die Seiten an. "Die sind wirklich alle bestätigt Papow?" Wäre Jewa ein männlicher Scharfschütze der Wehrmacht, wäre es für sie bald eine große Ehre. 50 Tote eines Scharfschützen wurden im dritten Reich hochangesehen mit Abzeichen, einige von ihnen nahm Herman Göring mit zu Jagd und die Fotos wurden zur Propaganda in der Wochen Show gegeben.

"Nicht schlecht, ich glaube wir haben unseren Mann, Verzeihung unsere Frau für die Mission gefunden." Die Frau mit den blonden Zöpfen wusste nicht ganz, was man von ihr wollte traute sich aber auch nicht zu fragen. Hilfesuchend ging ihr Blick zu dem Oberleutnant, der sich eine Zigarette anzündete. In Jewas kleinem Buch waren es 41, damit gehörte sie ganz neu zu den Edelschützen.

"Sie werden vorübergehend alleine operieren. Die Deutschen sind 100 Kilometer vor Moskau, bei den Steinfabriken ungefähr 17 Kilometer von hier, sitzt ein ganzes Nest mit ihnen. Überlegen sie sich was, wie sie möglichst viele im Gelände erledigen. Wir haben nicht mehr als eine Woche Zeit, ihnen zur Seite gestellt wird der Edelschütze Igor Demrisch und Schützin Daria Jokta. Weiterhin wird ihr Quartier hier sein, sobald die Aufgaben dort abgeschlossen sind, werden sie wieder der 41 Infanterie zugeordnet. Haben sie das verstanden?"

"Jawohl Herr Major!" Jewas salutierte erneut und blickte ihn dann stumm an. Ihr Blick viel zu Papow, hatte er sie vorgeschlagen? War er es nicht, der ihr nichts zugetraut hatte?

"Gut dann packen sie ihre Sachen, morgen früh mit Sonnenaufgang geht es los."

Die junge Frau stand bei dem kleinen Feldbett und packte die wenigen Habseeligkeiten ein, ihr Blick blieb bei dem Bild auf dem kleinen Holztisch hängen. Andrej. Die junge Frau spürte wie Tränen über ihre Wange liefen. Ihr Herz schrie nach ihm, wollte wieder bei ihm sein, wollte ihn nie wieder los lassen. Die Adjutanten Tochter schloss die Augen, sie war alleine im Raum und konnte ihren Gefühlen nachgehen, ohne als Schwach dazustehen. Sie sollten zu dritt mit einem Nest Deutscher zurechtkommen, wie bitte stellten die Heeren sich das vor. Es war ein Ding der Unmöglichkeit!

Blut und Tod im SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt