Die zweite Hauptstadt des Reiches

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(Vorab ich bin echt ein Kulturbanause, was hört Ronja wenn sie Krieg aus der Sicht einer Russin beschreibt. Richtig Erika. Was stimmt eigentlich nicht mit mir? Zur meiner Verteidigung ich höre meistens russische Militärmärsche während diese Kapitel zustande kommen. )

Wien war eine wunderschöne Stadt, doch seit dem gestern die Kämpfe eröffnet wurden, hatte man keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen oder Bewunderung auszusprechen. Man schrieb den 7 April des Jahres 1945, die Hoffnung der Soldaten und der Bevölkerung war, dass der zweiten Hauptstadt des Reiches harte Kämpfe wie in Budapest erspart blieben. Jewa hatte später einmal erzählt bekommen, das Hitler in seinem Bunker getoppt hatte. Es sollten harte Straßenkämpfe werden, die junge Frau hatte damit ja schon Erfahrungen. Auch wenn Stalingrad die Hölle auf Erden gewesen war, so hatte sie viel lernen können in dieser Zeit.

"Nasti Kopf runter!" Jewa lag hinter einem Trümmerhaufen und schoss zu. Todesopfer hatte es in diesem Krieg so viele gegeben, doch ab sofort zählte das nicht mehr. Immerhin war dieser Sieg zum Greifen nahe, auch Andrej hatte wohl Deutschen Boden betreten. Seine Einheit sollte zur Unterstützung nach Wien geschickt werden, die Adjutanten Tochter hoffte und betete das sie sich sehen würden. Doch im Moment kreisten ihre Gedanken nicht um Andrej sondern um gar nichts, verbissen klammerte sich die 27 jährige an ihre Waffe. Die Scharfschützin fluchte und hielt ihre Mütze fest als sie aufstand um einen Positionswechsel durch zu führen.

Fenster zersprangen, Schüsse und Rauch erfüllten die Luft. Die Deutschen saßen in Gebäuden und schossen auf die Russen. Jewa sah zu wie einige von ihren Leuten durch das Feuer des MG getötet wurden. Auf dem Bauch liegend zwischen Trümmern sah sie sich suchend nach den Schützen um. Das war nicht die Wehrmacht, das war SS. Um diese Soldaten war es nicht schade, sollten doch so viele von den Verbrechern in Gras beißen wie irgendwie möglich! Niemanden konnte sie entdecken, doch ihrer Vermutung nach saßen die Männer in der zweiten Etage des Wohnhauses. Jewa blickte zu Nasti und Lew zu, die an einem Torbogen lehnten. "Ich brauche Feuerschutz!"

Die Scharfschützin richtete sich auf und rannte in Richtung des Hauses. Neben ihr trafen Schüsse Wiens Straßen, Splitter flogen ihr um die Ohren, ritzten die blasse Haut auf. Doch für Jewa zählte es nicht, die Zeit schien stehen zu bleiben. Zwischen den tödlichen Schüssen hastete die junge Frau in ein Gebäude, ihre Schritte schienen unfassbar laut in den zertrümmerten Fluren zu hallen. Die meisten Fenster waren zerstört, Zivilbevölkerung die vor ihr fort rannten doch es nahm ihre Aufmerksamkeit nicht ein. Beinahe stolperte sie in ihren hastigen Schritten über Gesteinsbrocken, gerade so hielt die Russin das Gleichgewicht. Ihre Atmung war hastig als sie sich kurz an die hellblaue Wand lehnte und aus ihrer Jackentasche die Granate her vorzog.

Jewa hatte nicht viel Zeit, mit einem lauten Schrei sprang sie auf den Haufen Schutt und rannte auf das Gebäude über der Überführung zu. Die Scharfschützin warf, hoffte getroffen zu haben und rannte weiter unter die Überführung. Ihr Herz raste, ihre Lebensgeister waren so lebendig wie schon lange nicht mehr. Jewa schloss die Augen und wartete auf das Knallen, welches unweigerlich erfolgte. Eine große Rauch Wolke wurde in die Morgen Luft abgegeben, ihr entfuhr ein Husten, ihre Augen brannten. Hatte es gereicht? Nun war es still, Jewa blickte zu den Punkten wo ihre Genossen lagen. "Vorrücken!"

Die Stimme von Motrjk war scheidend, der Offizier stand hinter einer Häuserwand und versuchte die Situation zu überblicken. Das Rascheln von Kleidung, dass Laden von Waffen und das zusammenschlagen von Metall schallte durch die Josef Gobbels Straße, in wie weit man die Feinde verletzt oder ausgemerzt hatte konnte man nur mutmaßen, dass hier war ihnen fremdes Land. Die Truppe kam zusammen, noch keine Feinde, noch nicht. Die Straße war ein einziges Schlachtfeld, PKWs die durchlöchert waren wie Schweizer Käse, Gebäude die in Trümmern lagen .Tote auf der Straße und Blutspuren im Staub und Schutt.

"Kotshi und Motv sie gehen vor! Halten sie Ausschau nach dem Feind!" Motrjks Stimme war hart und angespannt. Jetzt durften sie es sich nicht erlauben zu verlieren, nicht hier! Lew und Mischa liefen mit gezückter Waffe zu, Schüsse und die beiden retten sich hinter das durchlöcherte Auto. Mischa hatte es in den Arm getroffen, so dass seine Waffe klirrend den Weg auf den Boden fand. Jewa spannte sich an und schoss zu, wie der Rest, doch gegen die Einheiten hatten sie kaum Chance, verbarrikadiert saßen die SS Truppen in Häusern und verbauten Wegen. Noch war man guter Hoffnung da noch keiner der feindlichen Panzer zum geschehen angerückt war.

Motorgeräusche und Jewa bekam vor Schreck geweitet, riesige Augen, da waren ihre schlimmsten Feinde, Panzer. "PANZER! RÜCKZUG!LOS!" Jewas Schritte eilten über die Trümmer, doch in dem Gewusel der Einheit war es nicht leicht von der Stelle zu kommen. Ihr Blick viel auf Mischa der immer noch hinter dem Auto lag. "Lew los helfe mir!" Die beiden Russen packten den Kameraden an den Armen und wollten mit ihn mitschleifen, doch dann ertönte das Feuer des Panzers. Über ihren Köpfen schlug das Geschoss des Kolosses ein, Trümmer flogen durch die Luft, Staub und glühende Asche.

Anastasia blickte voller Schreck auf die Stelle wo die Staubwolke wirbelte. Was war mit Jewa, Lew und Mischa? Lebten sie noch oder hatten die Trümmer sie erschlagen. "Weiter! Wir können keine Rücksicht auf sie nehmen!" Schweren Herzens wandte sich die junge Frau ab, betet innerlich für die Freundin und die Kameraden, das ihre Seele bei dem Herren ankam und die drei in Frieden ruhen würden. 

Blut und Tod im SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt