Schutt und Asche

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Die Luft war erfüllt von Asche und dem aufwirbelnden Staub, der in Jewas Lungen brannte, als hätte man sie entzündet. Ihre Sicht war eingeschränkt, sie spürte puren Schmerz, etwas lag auf ihrem rechten Arm, drohte ihn zu zerdrücken. Rufe und erneute Schüsse, völlig orientierungslos versuchte sich die Russin aufzurichten und drückte damit die losen Steine fort. Ihre Schritte waren wackelig, vor ihr auf den Schutt lag Lew der am Kopf blutete, Mischa lag zusammengesunken am Boden. "Wir müssen hier weg." Ihre Stimme war kratzig, jede Stelle ihres Körpers tat furchtbar weh. 

Die Russin half dem anderen auf, wieder fühlte es sich an als ob es Stunden waren, die qualvoll langsam dahin zogen, doch es waren Minuten nein Sekunden. Lew packte Mischa am Arm, Schüsse die überall vielen wie Regen, neuer Staub der ihre Augen langsam, Schritt für Schritt untaugbar machen wollte, ihre Füße hasteten über den Trümmerhaufen, Schüsse, Schüsse die kurz neben ihr einschlugen. Die Deckung war so nahe und doch so fern.

Major Motrjk drehte sich um, eigentlich hatte er seinen Männern befohlen einen Rückweg in die rettende Deckung anzustreben um dort sich mit Sprengsätzen zu bewaffnen doch zu seiner großen Überraschung stolperten und hasten dort die drei Tod geklaubten, Lew der am Kopf blutete erreichte mit torkelten schritten zuerst den rettenden Feuerschutz. Mischa wurde in den Kopf getroffen und ging Tod zu Boden, Jewa viel beinahe über seine Leiche, doch anstand in den Tod landete sie in zwei starken Armen. Zeit darüber nach zu denken hatte sie nicht, da die Arme sie weiter zogen.

Der rothaarige, 28 jährige Offizier hatte sie fest im eisernen Griff und schleppte sie über die Straßen. "Feuerschutz, Venik, Krweder sie helfen mir die beiden in die Deckung zu bringen! Danach suchen sie ohne Umwege das Lazarett auf!" Seine Mütze viel ihm vom Kopf, doch das war dem Major ganz egal, seine Schritte trugen ihn und die anderen beiden in die Deckung. Hastig stand er nach dem unsanften ablegen der Adjutanten Tochter auf und rannte zurück zu seinen Leuten.

Jewa lag weich, etwas das sie sehr lange nicht getan hatte. Ihr Kopf ruhte auf einer weichen Unterlage, auf ihr lag etwas was ihr wärme spendete. Ihr Blickfeld reichte noch nicht besonders weit, nur einen braunen Stuhl erblickte sie wo ihre Uniformsjacke lag. Das Lazarett war in einem abgelegenen Gebäude am Stadtrand untergebracht. Auf dem Gebäude war gut sichtbar das Rote Kreuz abgebildet, alles sehr spartanisch eingerichtet. Jewas Bett stand in einem ehemaligen Stall des Bauernhauses, man nutze jeden Platz den man haben konnte.

Auf dem Boden unter ihr lag sogar Stroh, ihre Glieder schmerzten, ein Blick auf den rechten Arm den ein weißer Verband zierte. Die Russin war zwar kein Mediziner, doch das der Verband durchnässt war und Flüssigkeit an ihm runter tropfte war wohl kein gutes Zeichen. Wie lange war sie schon hier? Was war passiert, ihre letzten Erinnerungen waren das Mischa tot zu Boden gegangen war. Die Schnitte und Kratzer in ihrem Gesicht fühlten sich durch eine Salbe schön gekühlt an, doch der Adjutanten Tochter war extrem heiß als habe sie Fieber. Intuitiv versuchte sie mit der ganzen Hand die Bettdecke los zu werden, ihr Atem ging schnell, weit mehr als 20 Mal in der Minute. Ihr Puls lag bei 100, Jewa hatte erste Anzeichen für eine leichte Sepsis.

Eine Schwester kam hastig auf sie zu und hob die Decke auf und legte sie der Scharfschützin über, doch diese wollte die Decke loswerden, Jewa fühlte sich als würde sie brennen. "Zharko!1." Die junge Frau die beinahe fieberte versuchte der Schwester verständlich zu machen, dass ihr heiß war. "Sie müssen, die Decke drauf lassen!" Die Stimme der jungen Frau duldete keinen Widerspruch. Jewa wurde beinahe verzweifelt, ihr Atem ging immer schneller.

"Zharko...Zharko...mir ist heiß...ich brenne." Die Schwester verdrehte die Augen, einige Soldaten spielten gar zu gerne Krank um Fronturlaub zu bekommen oder nicht wieder in das Getümmel des Krieges zu müssen, halbherzig legte sie stumm die Hand auf die Stirn der jungen Frau. Sie war viel zu heiß, das überschritt die Körpertemperatur bei weiten, hastig griff die die Kranken Schwester nach dem gesunden Arm um den Puls zu messen. Ihr Blick viel auf den anderen Arm, Jewa hatte sich eine tiefe Verletzung am Arm zu gezogen, einige Teile ihr Haut und dem darunterliegenden Fleisch waren verbrannt, man hatte sie operieren müssen.

"Herr Doktor! Kommen sie schnell!" Am liebsten würde sich die junge Frau ohrfeigen, wenn hier wirklich eine Sepsis vorlag hatte sie wertvolle Zeit vergeudet. Der kleine rundliche Arzt mit der Brille auf der Nase eilte herbei, im Lazarett zählte jede Sekunde, das pflegte der Moskauer immer zu sagen. "Was haben wir denn?" Jewa konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. "Zharko..." Die junge Krankenschwester erzählte dem Arzt schnell ihre Vermutung, jener setzte sich nur zum kleinen Feldbett und legte die Hand auf die Stirn der 28 jährigen. "Antibiotika schnell!"

Jewa spürte die Berührung auf der Stirn, fiebrige Träume suchten sie heim. Ihr Blick verschwamm und der Doktor verschwand aus ihrem Sichtfeld. "Zharko..." Ihre Stimme war ein heißeres flüstern, später wäre sie den Leuten im Lazarett unfassbar dankbar. Während Jewa um ihr Leben bangen musste saß Andrej drei Räume weiter und ließ sein Ohr behandeln. Nun war der Schneider entstellt, ein Teil seines Ohrs war den Splittern einer Granate zum Opfer gefallen.

1.Heiß

Blut und Tod im SchneeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt