9. Kapitel

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Pov. Derek

Schnell eile ich den Flur herunter, um eine gewisse Distanz zwischen uns zu bekommen. Ich brauche dringend einen klaren Kopf. Meine Wachen nicken mir zu, als ich an ihnen vorbeirausche, aber ich habe keine Zeit für die Etikette. Ich stoße die Tür zu meinem Arbeitszimmer auf, in dessen Mitte der prächtige Schreibtisch thront, umringt von mehreren Bücherregalen. Durch den Raum tigernd, streiche ich mir hektisch meine Haare zurück und murmele vor mich hin. Beruhige dich, benehme dich nicht wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal ein Mädchen sieht. Knurrt Ash aufgebracht, aber auch er ist nervös, versucht sein inneres Verlangen mit Coolness zu überspielen. Ich kann das nicht, also benutze ich besser mein übliches Mittel. Eilig gehe ich auf meinen speziellen Schrank zu, reiße ihn auf und greife nach der Wodkaflasche. Leicht benommen vom Alkohol und meinem starken Verlangen nach der schönen Frau in meinem Gästezimmer, taumle ich durch den Raum und mein Kopf dreht sich. ,,Lass das bloß nicht deine Eltern sehen", ertönt eine amüsierte Stimme aus einer dunklen Ecke. Ich wirble herum und entdecke meinen Beta, der es sich auf einem Sessel bequem gemacht hat. Ich ziehe eine Augenbraue hoch und nehme noch einen Schluck. ,,Sieh dich nur an. Kein dummer Spruch? Ich bin schockiert! Wo hast du außerdem die ganze Zeit gesteckt? Doch nicht wohl bei der Kleinen?", neckt mich Eric, obwohl ich trotz des Alkohols einen leicht besorgten Unterton heraushören kann. Ich zucke die Schultern und lasse mich in meinen Sessel fallen. ,,Ich weiß nicht, ich weiß es wirklich nicht", murmele ich kraftlos und sehe an die Decke. ,,Bereust du es?", fragt Eric nach einer Weile vorsichtig. ,,Den Tausch?" ,,Nein." Um ehrlich zu sein genieße ich Elaisas Gesellschaft mehr als ich sollte. ,,Sie ist wunderschön, weißt du. Zudem auch intelligent und gütig. Stell dir Mal vor, sie hat sogar Verständnis für meine Entscheidung gehabt, Theresa nicht gegen zu lassen." Eric pfeift und beugt sich vor. ,,Das klingt aber nach einem übernatürlichen Wesen. Wann kann ich sie kennenlernen?", fragt er grinsend und ich sehe ihn mürrisch an. Er soll sie nicht kennenlernen. Murrt Ash grummelnd. ,,Eric, sie ist mein Gast und soll sich wohlfühlen. Bitte bedränge sie nicht." Eric sieht mich fassungslos an und ich weiß auch genau warum. Ein Alpha, insbesondere wenn ich dieser Alpha bin, bittet nie. Er befiehlt. Und trotzdem bitte ich ihn, da mir ihr Wohl seltsamerweise sehr am Herzen liegt. ,,Ok-ay, wenn du darum bittest...", stottert Eric herum und ich winke ab. ,,Die Frau geht mir unter die Haut, ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Ich mag sie." Eric nickt nur, noch immer perplex und schüttelt dann den Kopf. ,,Warum ich eigentlich hier bin, die Zofen haben das Kleid gebracht, dass du für Elaisa haben wolltest." ,,Für uns beide, Miss Bennet", seufze ich schwermütig und Eric lacht auf. Wir werden sie bald Elaisa nennen dürfen. Versucht Ash mich aufzumuntern. Wir haben sie bereits mit ihrem Namen angesprochen, erinnerst du dich? Das ist mir rausgerutscht. Nuschelt Ash, der den Vorwurf zur Kenntnis nimmt. Ich rappele mich auf und begutachte das Päckchen für einige Sekunden. Mit neuem Mut nehme ich es und wende mich meinem Beta zu. ,,Ich bringe es ihr", verkünde ich, aber meine Hand zittert und Ash tobt bei dem Gedanken, sie nochmal zu Gesicht zu bekommen. ,,Bist du sicher? Du wirkst sehr... erregt", kommentiert Eric meine Erscheinung und grinst. Ich werfe ihn noch einen bösen Blick zu, ehe ich auf den Flur hinausstürme, auf dem Weg zu Elaisas Zimmer. Außer Atem bleibe ich vor der Tür stehen, bis ich klopfe. ,,Miss Bennet, ich habe noch eine Kleinigkeit für Sie. Mir ist bewusst, es ist spät, wir haben uns schon verabschiedet und es gehört sich eigentlich nicht, Sie um diese Zeit noch zu behelligen, aber ich wollte es ihnen noch bringen, weil ich den heutigen Tag sehr genossen habe und Sie mir ihre kostbare Zeit geschenkt haben", rattere ich meinen Text herunter und starre nervös auf die geschlossene Tür. Keine Antwort. Ich klopfe wieder. ,,Miss Bennet?", frage ich nervös, noch immer mit dem Päckchen in meinen Händen. Geh endlich rein. Drängt Ash mich und hole tief Luft. ,,Ich komme jetzt rein, in Ordnung?" Wieder keine Antwort. Vorsichtig öffne ich die Tür und betrete ihr verlassenes Zimmer. Wo ist sie? Such sie! Befiehlt mir Ash und ich verdrehe die Augen. Beruhige dich! Plötzlich vernehme ich einen Herzschlag, der hinter der Badezimmertür ist. Geh rein! Knurrt Ash erneut und ich zucke zusammen. Sie badet wahrscheinlich, ich höre das Wasser. Ash kichert daraufhin. Deshalb sollst du reingehen! Knurrt er spielerisch und bei der bloßen Vorstellung, Elaisa hinter der Tür nackt vorzufinden, macht mich ganz nervös. Schnell stolpere ich einige Schritte zurück und ermahne mich. Auch wenn das Verlangen in das Bad zu stürmen verlockend erscheint, reiße ich mich zusammen und sehe mich in ihrem Zimmer um. Ich entdecke einen Notizblock und einen Stift und hinterlasse ihr noch eine Nachricht. Die Luft anhaltend, lege ich den Zettel zu dem Päckchen. Den Zettel befestige ich an einer Rose, die sich in dem Zimmer befindet. Mit einem Mal höre ich Schritte aus dem Bad, die in meine Richtung kommen. Schnell schleiche ich zur Tür zum Flur und gerade als ich die Tür hinter mir schließe, öffnet sich die Badezimmertür. Ich presse ein Ohr an die Tür und warte auf ein Zeichen. Nach wenigen Minuten höre ich ein leises Kichern, was mich zum Lächeln bringt. Ich weiß, dass ist kitschig, aber ihr Kichern ist niedlich. Gibt Ash zu und mit einem breiten Lächeln mache ich mich auf den Weg in mein Schlafzimmer. Auf dem Weg kommt mir jedoch eine Wache entgegen und verbeugt sich. ,,Alpha, der Vater von Miss Sloan erwartet Sie in der Eingangshalle, er verlangt eine Erklärung und die Freilassung seiner Tochter", bringt mich die Wache auf den neuesten Stand und ich nicke. ,,Ich mache mich auf den Weg. Lassen Sie Miss Sloan holen", gebe ich den Befehl und nach einem Nicken seinerseits, mache ich mich auf den Weg zu Mister Sloan. Ich erreiche die große Halle und gehe auf ihn zu. Mister Sloan ist ein eingebildeter, alter Mann, der viel zu viel auf sich selbst und das Ansehen seiner Familie gibt. Iverna ist seine einzige Tochter, seine Söhne sind Wachen auf Patrouille, womit er wie ich mehrfach hörte, prahlt. Mit dem Fuß wippend und umherhuschenden Blick steht er neben der Marmortreppe. ,,Mister Sloan", begrüße ich ihn mit kühlem Blick, verschränkten Armen und einem Hauch Alphaton in meiner Stimme. Du Sadist. Amüsiert sich Ash, denn meine Ausstrahlung verfehlt keineswegs seine Wirkung. Mister Sloan zittert leicht und wirkt recht eingeschüchtert. Er hat nur Interesse daran, seine Tochter an einen reichen und einflussreichen Mann zu bringen. Er versucht sich aufzurappeln und steckt die Brust raus. Ha. Kommentiert Ash trocken und ich hebe eine Augenbraue. Was soll das werden, alter Mann? ,,Ich verlange zu erfahren, aus welchem Grund meine Tochter in den Kerker geworfen wurde, Alpha", schiebt er den Anhang noch widerwillig hinterher. ,,Ihr verlangt also? Das ist ja interessant. Ihr verlangt von eurem Alpha. Aber weil ich heute gut gelaunt bin, will ich es euch erzählen und über euren mangelnden Respekt hinwegsehen." Ich winke den beiden Wachen zu, die mit Iverna im Schlepptau den Saal betreten. Ihr Kleid ist verdreckt und ihr Makeup verschmiert, aber angesichts der Tatsache, dass sie im Kerker gewesen ist, sieht sie noch ganz passabel aus. ,,Was habt ihr mit meiner Tochter angestellt?!", giftet mich Mister Sloan an und ich balle die Fäuste. ,,Sprechen Sie, wie es sich für einen elenden Arschkriecher gehört. Außerdem habe ich gar nichts getan. Eure liebreizene Tochter hat meinen Gast angegriffen und ist nur wegen Miss Bennets Eingreifen noch am Leben." Mister Sloans Miene verdüstert sich. ,,Ihr meint doch nicht diese Hure des Moon-Packs? Meine Tochter steht weit über ihresgleichen!" ,,Das wüsste ich aber, schließlich ist Miss Bennet die Tochter des Betas. Immerhin weiß ich jetzt, woher eure Tochter ihr vorlautes Mundwerk her hat." Ich trete bedrohlich an ihn heran und sehe ihn schlucken. ,,Ich rate ihnen, nie wieder schlecht über Miss Bennet zu sprechen. Sie ist mein Gast und in einer weitaus höheren Position, als Sie und ihre Tochter es sind. Zügeln Sie ihre freche Zunge, Mister Sloan." Es ist still, dass kein Geräusch zu hören ist. ,,Verlassen Sie das Gelände und nehmen Sie ihre Tochter mit. Bis zu dem Ball, will ich niemanden der Familie Sloan auf dem Schlossgelände sehen. Die Wachen werden Sie hinausbegleiten." Mit einem letzten, zornigen Blick auf mich, packt Sloan seine Tochter am Arm und beide verschwinden durch das Tor, in Begleitung zweier Wachen. Müde und erschöpft mache ich mich auf den Weg in mein Gemach, schlüpfe aus den Schuhen und dem Hemd und lasse mich in das weiche Bett fallen. Bis mir ein Geruch in die Nase steigt. Elaisa. Bellt Ash erfreut auf und ich sitze kerzengerade im Bett. Auf meinem Kopfkissen liegt ein feiner Umschlag, versehen mit Elaisas unverkennbaren Duft. Vorsichtig öffne ich den Brief und lese ihn.

Sehr geehrter Alpha,

Mit Freuden nehme ich ihr Angebot und das umwerfende Kleid an. Erzählen Sie das aber bloß nicht meiner Zofe, sonst wird sie noch eifersüchtig.
Auch für mich war der heutige Tag etwas besonderes und ich bin durchaus dazu geneigt, meine Zeit mit ihnen zu verbringen.

Ebenfalls angenehme Träume

Liebe Grüße
Miss Bennet

Juhu! Jubelt Ash in meinem Kopf und mein Herz schlägt doppelt so schnell. Aufgeregt und mit einem ehrlichen Lächeln, lege ich den Brief auf die Kommode. Bei der Gelegenheit nehme ich auch meinen Notizblock zur Hand und mache es mir im Schneidersitz bequem. Ehrfürchtig fahre ich die Linien der Zeichnung an, die ich im Wagen angefertigt habe. Elaisa. Schnurrt Ash vor sich hin. Eifrig beginne ich eine weitere Skizze von Elaisa. Sie in ihrem neuen Zimmer, wie sie sich alles ansieht. Eine weitere Skizze, wie sie mit leuchtenden Haaren den Garten erkundet. Und noch eine, bei der sie mir gegenüber sitzt, eine goldene Strähne im Gesicht, die vollen Lippen zu einem sanften Lächeln verzogen und ihre funkelnden Augen, mit denen sie mir in die Seele blickt. Verträumt streiche ich über die Skizze, fange den Moment ein und kriege sie nicht aus meinem Kopf. Ich lege den Blog beiseite und vergräbe mein Gesicht in einem der unzähligen Kissen. Mit ihren grünen Augen im Sinn, falle ich in einen tiefen Schlaf, in dem wir nicht Alpha Derek und Miss Bennet sind, sondern nur Derek und Elaisa...

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