Pov. Elaisa
Sonnenstrahlen fallen mir ins Gesicht und ich gähne in die Kissen, in die ich mich vergraben habe. Blinzelnd setze ich mich langsam auf und brauche einen Augenblick, um meine Umgebung zu erkennen. Tausch. Shadow-Pack. Alpha. Genau, da war ja was. Ich schwinge die Beine aus dem Bett und tapse zu der Kommode, die sich auf der Seite gegenüber des Bettes befindet und entdecke eine Kanne warmen Kakao und eine Tasse. Daneben liegt ein Zettel.
Guten Morgen, Miss Bennet.
Ich hoffe, sie haben gut geschlafen und freuen sich über den Kakao. Ihre Zofen werden Sie ankleiden, sobald Sie mit der Glocke läuten, die sich auf ihrem Nachtisch befindet. Bedauerlicherweise werde ich den Tag über den Hof fernbleiben, um Angelegenheiten zu klären. Mein Beta wird Sie heute herumführen und ihnen behilflich sein. Ich freue mich bereits auf heute Abend.Mit freundlichen Grüßen
Alpha DerekEhrlich erfreut greife ich nach der Kanne und fülle den Kakao in die Tasse. Mit der Tasse in beiden Händen, trete ich an eines der großen Fenster und nippe an dem warmen Getränk. Ich ziehe den Vorhang beiseite und habe einen hervorragenden Blick auf den Hof, in dem mehrere Bedienstete umherlaufen. Aus dem Schloss schreitet der Alpha, königlich gekleidet und mit seinem Alphaausdruck. Er tritt zu einem blonden Mann, mit dem er eine Weile spricht. In der Zeit beobachte ich den Alpha und erkenne von meinem Zimmer aus seine dunklen Augen, die in der Sonne jedoch strahlen. Plötzlich sieht der Alpha auf, als hätte er meinen Blick gespürt und wir sehen uns an. Ich lächle und winke ihm zu und er tut es mir gleich. Aus den Augenwinkeln bemerke ich den blonden Mann, der ebenfalls hochsieht und grinst, doch ich habe nur Augen für den Alpha, der ein letztes Mal winkt und dann in seinen Wagen steigt. Als sich der Wagen in Bewegung setzt, lasse ich den Vorgang los und trinke den letzten Schluck. Seufzend setze ich die Tasse ab. Jetzt, wo der Alpha fort ist, zerrt eine unerklärliche Sehnsucht in mir. Was soll ich machen, wenn der Alpha nicht bei mir ist? Darf ich überhaupt aus meinem Zimmer? Ohne Begleitung? Er scheint mir zu vertrauen, also wäre es doch kein Verbrechen, weiter das Schloss zu erkunden. Ich trete zur Glocke und lasse sie läuten. Ich sollte mir nicht so viele Gedanken über den Alpha machen, viel eher sollte ich endlich den Fall meiner Mutter angehen. Die Tür öffnet sich und Clari tritt ein und macht einen Knicks. ,,Kommen Sie, Miss Bennet, wir haben ein passendes Kleid." Sie führt mich in ein weiteres Zimmer, nur wenige Türen neben meinem, welches sich als Ankleide entpuppt. Ein Haufen Kleider befindet sich in dem kleinen Zimmer und ein riesiger Spiegel mit einem kleinen Tisch, auf dem sich alle möglichen Schminkprodukte befinden. Sie hilft mir in eines der Kleider, ein blasses Blau, welches geschmeidig anliegt und bis zum Boden reicht. Ich lasse mich auf einem Stuhl nieder und blicke in den Spiegel. Die Wölfe aus dem Shadow-Pack, die ich bis jetzt kennengelernt habe, scheinen keine wilden Monster zu sein, sie ähneln sich im Grunde in allen Bereichen. Außer Iverna, aber sie hatte sich von mir bedroht gefühlt. Sie ist einfach nur unglücklich verliebt. Clari macht sich an meine Haare und dreht sie zu einem lockeren Dutt hinauf. ,,Clari?", frage ich meine Zofe nervös und sehe abwesend aus dem einzigen Fenster. Clari blickt auf. ,,Ja, Miss Bennet? Gefällt euch das Kleid nicht? Oder ist es die Frisur?" Ich lache leise. ,,Nein Clari, das Kleid und die Frisur sind perfekt, aber ich hätte ein paar Fragen bezüglich des Alphas." Meine Zofe stutzt, beugt sich dann vor, um an die Wimperntusche zu gelangen. ,,Was möchtet ihr denn wissen, Miss Bennet?" Ich überlege und dann platzt es aus mir heraus. ,,Die ganze Situation erscheint mir sehr surreal, Clari. Im Grunde bin ich doch eine Geisel dieses Rudels, aber ich fühle mich wie... ich weiß nicht, wie ein bedeutsamer Gast. Das Verhalten des Alphas verwirrt mich. Wir verstehen uns gut und wir werden wohl auch viel Zeit zusammen verbringen. Er ist so... anders, als alle gesagt haben." Clari nickt verstehend und trägt mir Lippenstift auf. ,,Was haben Sie denn erwartet, Miss Bennet?" ,,Jedenfalls nicht das. Vielleicht, dass ich die zwei Monate in irgendeinem Zimmer verbringen werden, ohne den Alpha groß zu Gesicht zu bekommen und vor Langeweile vergehen, so in etwa. Stattdessen kümmert sich der Alpha um mich, führt mich im Schloss herum, macht mir Geschenke und lässt in wenigen Stunden ein Zimmer einrichten, basierend auf meiner Lieblingsblume. Nicht das ich mich beschwere, aber das kommt so unerwartet. Ich bin erst seit einem Tag hier und habe trotzdem das Gefühl, für immer hier bleiben zu wollen." Kurz ist es still, bis Clari wieder das Wort ergreift. ,,Der Alpha ist kein schlechter Wolf, er ist einfühlsam und freundlich. Mir scheint, dass er es ihnen so angenehm wie möglich machen will, weil Sie ja zum Teil seinetwegen hier sind." Ich nicke, denn das verstehe ich. Der Alpha war sehr verwundert, als ich sagte, ich könnte seine Besorgnis verstehen. Wahrscheinlich hat Clari Recht und denke zu viel darüber nach. Deshalb sollte ich mich sofort auf meine Mutter konzentrieren. Clari und kein anderer sollte jedoch Verdacht schöpfen. Wenn meine Mutter tot sein sollte, will ich es wissen. ,,Wie viele Wölfe werden bei dem Ball anwesend sein?", frage ich, doch in dem Moment betritt Medea den Raum. ,,Sehr viele, Hunderte. Besonders auf die süßen Jungs sollten wir uns freuen. Maxwell Orphan soll auch kommen", zwitschert sie aufgeregt und zwinkert mir zu, weshalb ich grinsend den Kopf schüttle. ,,Medea!", zischt Joyce, die im selben Moment den Raum betritt. ,,Entschuldigen Sie ihr Verhalten, Miss Bennet. Sie weiß nicht, was sie redet", entschuldigt sie sich, aber ich winke ab. ,,Ansonsten kommen viele angesehene und einflussreiche Persönlichkeiten, der Alpha wird ja nicht jeden Tag zwanzig", fügt Clari hinzu. ,,Zum Beispiel Mister Avery und Miss Avery, beide sehr gute Freunde des ehemaligen Königspaar. Die kommen selbstverständlich auch." Die Eltern von Alpha Derek kommen auch, was nicht wirklich überraschend ist, aber die Vorstellung den ehemaligen Herrschern zu begegnen, bereitet mir Bauchschmerzen. Gespielt lächelnd sehe ich in die Runde. ,,Verzeiht, dass ihr mein Kleid für den Ball nicht näht, aber meine Zofe würde darauf bestehen." Doch Medea winkt ab. ,,Ein Kleid weniger zu nähen." Joyce verdreht die Augen. ,,Wenn du nicht die talentierteste Schneiderin des Landes wärst, hätte man dich schon vor langer Zeit gefeuert." Medea schickt ihr einen Luftkuss und ich muss lachen, da Joyce ihn energisch von sich weist. In dem Moment grummelt mein Bauch. Clari lässt von mir ab. ,,Ich bin fertig, ich lasse nach einer Wache schicken, die Sie in den Speisesaal begleitet. Sie sehen sehr hübsch aus", fügt sie noch hinzu und ich sehe in den Spiegel. Kleine Strähnchen umspielen mein perfekt geschminktes Gesicht und ich lächle Clari an. ,,Vielen Dank, das sieht großartig aus." Clari errötet leicht, macht einen Knicks und verlässt den Raum. Zwei Minuten später erscheint die Wache, die mich in den Speisesaal leitet. Entweder begleitet er mich, weil ich eine Geisel bin oder weil ich noch überhaupt keine Orientierung habe. Wir kommen scheinbar an, denn er geht wieder in den Korridor zurück. Achselzuckend öffne ich die Doppeltür und betrete den Raum. Eine scheinbar endlose Tafel steht vor mir, bestückt mit Blumen und Geschirr. Ein Räuspern lässt mich aufsehen und auf der rechten Seite steht der blonde Mann aus dem Hof. Ich vermute, dass das der Beta ist. Er kommt näher und nimmt meine Hand, um einen Kuss darauf zu drücken. ,,Ich bin Eric Avery, der Beta von Alpha Derek." Ich lächle, denn er wirkt sehr sympathisch. ,,Mein Name ist Elaisa Bennet, aber das wissen Sie bestimmt schon", begrüße ich ihn und er führt mich grinsend zu Tisch, an dem wir beide Platz nehmen. ,,Also, Miss Bennet. Gefällt es ihnen bei uns? Wie ich hörte, ist Derek sehr angetan von ihnen", beginnt er das Gespräch und ich erröte. ,,Er ist äußerst zuvorkommend, angesichts der heiklen Situation. Die Menschen hier sind sehr freundlich und ich fühle mich sehr wohl. Der Alpha und ich haben gestern das Schloss besichtigt und im Garten gehaust." Der Beta hebt überrascht eine Augenbraue. ,,Ihr wart im Garten? Im Schlossgarten?", fragt er überrascht. ,,Ja, wir haben uns den Garten angesehen und uns unterhalten, was ist so sonderbar daran?", frage ich verwirrt, aber er versucht abzuwinken. ,,Es ist nichts, lasst uns speisen, Diener!", gibt er dem Personal zu verstehen, das innerhalb weniger Sekunden aufträgt. Aber ich will mich nicht geschlagen geben. ,,Jetzt haben Sie mich neugierig gemacht, Mister Avery. Was ist so verwunderlich an unserem Ausflug?" Der Beta lacht und schüttelt den Kopf. ,,Lassen Sie es mich so ausdrücken, Miss Bennet. Vor ihnen hat noch keine Frau den Garten betreten dürfen, das Betreten ist strengstens untersagt." Das lässt mich aufhorchen. ,,Aber wieso denn? Der Garten ist doch etwas ganz besonderes, wieso darf ihn keiner betreten?" Der Beta windet sich auf seinem Platz und vermeidet Blickkontakt. ,,Der Alpha hat den Garten für einen einzigen Menschen anlegen lassen. Für eine Frau." Eine Frau? Das Paradies wurde für eine einzige Frau angelegt. Heiße Eifersucht brennt in meinen Adern, aber ich versuche dieses unangebrachte Gefühl zu unterdrücken. Wenn der Alpha für eine Frau einen Garten anlegt, geht mich das nichts an. ,,Die Frau muss sehr glücklich darüber sein", versuche ich mit einem begeisterten Lächeln meine Unsicherheit zu überspielen, aber der Beta schüttelt den Kopf. ,,Sie war noch nie dort. Es ist noch nicht der richtige Zeitpunkt", gibt er zu verstehen und ich konzentriere mich wieder auf das Essen. ,,Glaube ich", glaube ich noch zu verstehen, aber das habe ich mir wahrscheinlich nur eingebildet. Wir lassen uns mit dem Essen Zeit, unterhalten uns über alles Mögliche und spazieren durch den offiziellen Schlossgarten, in dessen Mitte ein großer Springbrunnen steht, auf dessen Kante wir Platz nehmen. Nachdenklich sehe ich den Beta an. ,,Mister Avery, kommen ihre Eltern auch zum Ball? Der Name Avery wurde vorhin erwähnt und das ein Ehepaar kommt." Eric sieht überrascht auf, seufzt dann aber. ,,Es kommen mein Onkel und meine Tante, meine Eltern sind vor vielen Jahren im Krieg gefallen. Nach ihrem Tod haben mich mein Onkel und meine Tante aufgenommen, also sind sie wie Eltern für mich. Meine Cousine und mein Cousin kommen auch, Katie und Xavier." Mitfühlend sehe ich ihn an und streiche ihm über die Schulter. ,,Das mit euren Eltern tut mir leid. Auf meinem Anwesen bin ich immer so abgeschottet gewesen, dass ich vom Krieg fast nichts mitbekommen habe." Der Beta sieht mich lächelnd an, ein trauriges Lächeln. Wie gut sich sein Onkel und seine Tante auch um ihn gekümmert haben, niemand kann die richtigen Eltern ersetzen. ,,Ich habe meine Mutter auch verloren. Sie ist vor Jahren verschwunden. Das ganze Rudel hat nach ihr gesucht, bis man sie für tot erklärt hat. Meine Familie spricht nicht gerne darüber, aber ich... Ich habe ihr ein Blumenbeet herrichten lassen, um sie zu hören. Wenn wir aufhören von ihr zu sprechen, vergessen wir sie irgendwann und das will ich nicht." Mitfühlend hält der Beta meine Hand. ,,Immerhin weiß ich, dass meine Eltern tot sind. Die Unwissenheit muss quälend sein." Ich nicke nur und wir sitzen noch eine Weile auf dem Brunnen. Schließlich betreten wir noch das Schloss und unterhalten uns mit weiteren hochgestellten Persönlichkeiten. Später spaziere ich noch durch das Schloss und denke nach. Wie soll ich Antworten finden? Wenn meine Mutter entführt worden ist, muss es Aufzeichnungen dazu geben. Wahrscheinlich im Arbeitszimmer des Alphas. Wenn ich nur wüsste, wo das ist. Ich kann ja schlecht jemanden fragen, das würde nur verdächtig wirken. Also öffne ich innerhalb zwei Stunden alle möglichen Türen und gehe den Wachen so gut es geht aus dem Weg. Erschöpft setze ich mich vor eine Tür und atme tief ein und aus. ,,Miss Bennet?", reißt mich eine männliche Stimme aus meinen Gedanken. Ich sehe auf und entdecke eine Wache, die mir aufhilft. ,,Wollen Sie zum Alpha?" Ich nicke langsam und er deutet hinter mich. ,,Warten Sie im Arbeitszimmer, er sagte, Sie dürfen sich dort befinden." Verwirrt drehe ich mich um und will mich ernsthaft für meine Dummheit schlagen, denn auf der Tür steht in Großbuchstaben ARBEITSZIMMER. Wirklich?! Verkrampft lächelnd drehe ich mich um und danke ihm, weshalb er wieder verschwindet. Oh Gott, ich bin so erbärmlich. Ich betrete den Raum, dessen Vorhänge zugezogen sind, sodass es unglaublich dunkel ist. Ich erkenne den Schreibtisch und mehrere Sessel und laufe um den Schreibtisch. Vor einer Schublade mache ich halt, da mich das schlechte Gewissen plagt. Der Alpha ist unglaublich freundlich, freundlicher als ich es für möglich hielt und als Dank schnüffle ich in seinen privaten Akten herum. Doch ich denke an meine Mutter und reiße das Fach auf. Das Fach und auch die weiteren beiden beinhalten keine Auszeichnung, bis ich die Letzte öffne und mehrere veraltete Alten finde, die Jahre zurückreichen. Allerdings sind sie nicht geordnet. Da alles verstaubt ist, nehme ich an, dass der Alpha vor langer Zeit das letzte Mal in diese Schublade gegriffen hat. Mit einem Mal höre ich Schritte und Stimmen und ich werde nervös, denn ich höre auch die Stimme des Alphas.
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You will forever be my always
WerewolfUnter den Menschen leben übernatürliche Wesen, darunter Werwölfe und sogenannte Mischlinge. Zwei große Rudel beherrschen diese Welt, das Shadow-Pack und das Moon-Pack und diese beiden sind bis auf das Blut miteinander verfeindet, bis eine schicksalh...