6. Kapitel

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Pov. Elaisa

Der Alpha und ich schreiten die breite Treppe herunter. Er geht dicht hinter mir, wobei mich sein rauer Atem am Hals trifft. Ich keuche leise und spanne mich an, denn seine Nähe ist eine süße Qual. Schon seitdem ich ihn das erste Mal gesehen habe, kann ich nicht anders, als ihn zu bewundern. In meinem ganzen Leben bin ich noch nie einem solch attraktiven Mann begegnet. Wie auch, wenn man im Grunde eingesperrt ist.
Die ganze Situation macht mich nervös, denn wie ich ihm bereits sagte, habe ich noch nie woanders geschlafen. Ich bemerke, wie der Alpha sich hinter mir anspannt und unregelmäßig atmet.
Am Fuße der Treppe erwarten uns bereit beide Rudel, die sich gegenseitig feindselig mustern und genügend Abstand halten. Innerlich muss ich seufzen, denn ich weiß das mein Vater gegen diese Idee ist, er verabscheut alleine die Vorstellung, mich beim Shadow-Pack zu wissen. Trotzdem habe ich mich durchgesetzt, für das Glück meines Bruders, der unbedingt seine Mate bei sich haben will. Verständlich.
Mein Vater nimmt mich mein Vater beiseite und mustert mich eingehend, als hätte mir Alpha Derek schon jetzt etwas getan, was ihm Grund genug gibt, die Aktion abzublasen.
Nach seiner Inspektion umarmt er mich und flüstert leise in mein Ohr. ,,Ich halte das immernoch für keine gute Idee." ,,Ich weiß", murmele ich zurück und drücke ihm einen Kuss auf die raue Wange. Mit müden Augen sieht er mich an und schüttelt dann den Kopf. ,,Du willst nur das Richtige tun, ich weiß. Das hätte deine Mutter auch getan." Ich habe einen riesigen Kloss im Hals und denke an meine Möglichkeiten. Vielleicht ergibt sich eine Gelegenheit, mehr über das Verschwinden meiner Mutter in Erfahrung zu bringen. Landon steht neben meinem Vater und sieht mich aus unergründlichen Augen an. Dann setzt er und zieht mich in seine Arme. ,,Danke. Du weißt gar nicht wie viel mir das bedeutet", murmelt er mir ins Haar und ich nicke mit Tränen in den Augen. ,,Ich hab dich lieb", flüstere ich tränenerstickt, was er erwidert. Ich wende mich seine Mate zu, die etwas unschlüssig neben uns steht und auf den Boden starrt. Entschlossen nehme ich sie in den Arm, was sie offensichtlich nicht erwartet hat, mich nichtsdestotrotz zurück umarmt. Dann greife ich nach ihren Händen und lächle sie an. ,,Pass mir gut auf meinen Bruder auf, ich weiß nicht, ob er ohne mich zurechtkommt." ,,Hey!", meckert mein Bruder gespielt empört, doch Theresa grinst mich nur an. ,,Einverstanden."
Alpha Derek tritt zu uns und mustert mich noch immer, was mir eine Gänsehaut beschert. ,,Wie war es ihnen möglich, dieses bezaubernde Geschöpf, so lange vor uns geheim zu halten?", raunt er meinem Vater zu, der ihn nur wütend anstarrt. Mein Bruder verkrampft sich und Theresa sieht ihren Bruder ebenso zornig an.
Der Alpha erhebt wieder das Wort. ,,Von so etwas reinem und schönem ist mir bisher nichts zu Ohren gekommen." War es hier schon die ganze Zeit so heiß? Und hat mir der Alpha des Shadow-Packs gerade ein Kompliment gemacht? Mein Vater schnaubt empört und verschränkt die Arme vor der Brust. ,,Gerüchteweise haben manche Wesen ein Herz", kontert er und spielt zweifelsohne auf die jetzige Situation an. Der Alpha verdreht die Augen, aber mir entgeht trotz allem nicht seine veränderte Stimmung. Ich muss schnell etwas unternehmen, bevor alles wieder schiefgeht. Deshalb klatsche ich gespielt begeistert in die Hände, was alle aus ihrer Trance holt. ,,Landon, tu mir doch bitte den Gefallen und grüße meine Zofe von mir. Danke außerdem Julian in meinem Namen." ,,Was hat er denn für dich getan?", fragt mein Bruder verwirrt und der Alpha ballt die Fäuste und sieht mich mit dunklen Augen an. ,,Das wird er schon wissen. Wir sollten langsam los, nicht?", frage ich scheinheilig und wie auf Kommando kommt Alpha Mason auf uns zu und ruft zum Aufbruch des Moon-Packs.

Vor dem Haus der Keschke-Familie stehen Dutzende schwarze Wagen für uns bereitet. Ich wende mich nocheinmal meiner Familie zu und umarme sie schnell. Meinem Bruder gebe ich noch etwas auf den Weg. ,,Melde dich Mal und habe Spaß mit deiner Mate." ,,Aber nicht zu viel Spaß", knurrt Alpha Derek und die Drohung ist eindeutig herauszuhören. Rühr Theresa falsch an und du bist so gut wie tot. ,,Das kann ich nur zurückgeben, Pfoten weg von Elaisa", knurrt mein Bruder. Rühr Elaisa falsch an und du bist so gut wie tot. ,,Gut, wenn das dann geklärt ist. Wir sehen uns in zwei Monaten, hoffentlich können wir zwischendurch schreiben oder telefonieren", sage ich meinem Vater und lächle ihn zuversichtlich an, was er hoffnungslos versucht zu erwidern. Ich steige in eines der Autos und nehme am Fenster Platz. Alpha Derek nimmt neben mir Platz und ich halte unwillkürlich die Luft an. Der Wagen rollt auf das Kommando des Alphas hin los und ich rutsche nervös auf meinem Sitz herum. Natürlich denke ich bei diesem Opfer an meinen Bruder und seine Mate, aber ich kann nicht verhindern, dass in mir Ängste aufkommen. Das hier ist eine große Veränderung, nicht nur für mich, sondern genauso für beide Packs. Macht einer einen falschen Schritt ist es vorbei, dass gilt auch für mich selbst. Ich bemerke, wie der durchdringende Blick des Alphas auf mir liegt, traue mich aber nicht ihn anzusehen. Mittlerweile haben wir das Ende des neutralen Landes erreicht und fahren auf den dunklen Wald zu, der zum Shadow-Pack gehört. Ich knete meine Hände und mein Blick schweift aus dem Fenster. Nichts als Bäume. Ich muss leicht lächeln, denn wenigstens die Natur bleibt mir. Der Alpha räuspert sich und plötzlich greift er nach meiner Hand und legt sie in seine. Meine Atmung geht schneller und mir wird kurz schwarz vor Augen. Vorsichtig sehe ich zu ihm auf und verliere mich in seinen brauen Augen, die mich beinahe liebevoll mustern. Mir stockt der Atem, denn könnte der Alpha tatsächlich besorgt sein? Alpha Derek, der gefürchtete und ungnädige Alpha? Angestrengt versuche ich eine Lösung für sein Verhalten zu finden, vor allem als er kleine Kreise auf meiner Handfläche zieht und mich anlächelt. ,,Macht euch keine Sorgen, Miss Bennet. Wir werden wohl in vier Stunden unser Ziel erreichen und ich werde dafür sorgen, dass es euch an nichts fehlen wird." Jetzt bereue ich es ein bisschen, ihm nicht erlaubt zu haben mich Elaisa zu nennen. Wie gerne würde ich ihn meinen Namen sagen hören. Innerlich ermahne ich mich und lächle zurück. ,,Ich bin nur ein wenig nervös, es handelt sich hierbei ja nicht um irgendeinen Besuch." Er nickt verstehend und ich sehe wieder aus dem Fenster, um die Natur zu bewundern. Da dreht sich der Alpha erneut zu mir und macht ein nachdenkliches Gesicht. ,,Sagen Sie, Miss Bennet, welche Blumen bevorzugen Sie?" Überrascht sehe ich ihn an und antworte ihm nach einer Weile. ,,Rosen, weshalb frag Ihr?" Er lächelt geheimnisvoll und schüttelt den Kopf. ,,Einfach so, Miss Bennet." Langsam werden meine Augenlider schwerer und mir fallen die Augen zu. Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen ist, aber ich habe eine Weile geschlafen. Blinzelnd öffne ich die Augen und bemerke, dass es bereits tiefschwarze Nacht ist. Ich spüre etwas an meinem Kopf und bemerke mit Schrecken, dass ich mich im Schlaf an die Schulter des Alphas gelehnt habe. Der hat einen Arm um meine Hüfte gelegt und mich fest zu sich gezogen. Ich wage es kaum zu atmen und befreie mich langsam aus der Umarmung. Wie peinlich.
Errötend mustere ich ihn und lege den Kopf schief. Er schläft.
Bisher hatte ich noch nicht die Möglichkeit ihn so eingehend zu betrachten. Seine dunklen Haare stehen in alle Richtungen ab, was ich unglaublich süß finde. Sein Atem geht ruhig und gleichmäßig und ich muss lächeln, denn er wirkt keineswegs wie der böse Alpha, von dem ich schon so viel gehört habe. Gedankenverloren strecke ich die Hand aus und streiche ihm eine Strähne aus dem himmlischen Gesicht. Dabei bleibt meine Hand an seiner Wange liegen und ich glaube schon, ich bilde mir ein, dass er sich leicht an meiner Hand reibt und meine Berührung genießt. Erschrocken ziehe ich die Hand zurück, denn das gehört sich nun wirklich nicht. Nervös streiche ich mir ebenfalls eine Strähne hinter mein Ohr und betrachte den Boden des Autos. Dabei bemerke ich einen Notizblock, der zu Füßen des Alphas liegt. Neugierig greife ich nach ihm und hebe ihn auf. Soll ich nachsehen? Das ist doch privat, möglicherweise handelt es sich auch um ein wichtiges Dokument. Ich knabbere nachdenklich auf meiner Lippe herum und höre ein raues Knurren. Erschrocken wende ich mich dem Alpha zu, der scheinbar erwacht. Schnell lege ich den Block in seine Hände und sehe zum Schein aus dem Fenster. Der Alpha streckt sich und bemerkt erst mich und dann den Block in seinem Schoß. Obwohl ich es mir nicht erklären kann, sieht er ein bisschen nervös aus und errötet sogar. Es entsteht eine unangenehme Stille, in der wir uns nur in die Augen sehen. Was er wohl denkt? ,,Alpha Derek, wir erreichen in drei Minuten unser Fahrtziel." Den Fahrer habe ich total vergessen, wahrscheinlich hat er gesehen, dass ich beinahe auf seinem Alpha geschlafen habe! Oh je.
Der Alpha räuspert sich und richtet sich auf. ,,Gut, dann... Haben Sie Hunger, Miss Bennet?", wendet er sich mir zu und ich nicke zögerlich. ,,Ein bisschen", antworte ich und mein Lächeln scheint ihn sehr zu erfreuen. Strahlend sieht er mich an und deutet dann aus dem Fenster. Wir durchfahren eine lange Straße, die zu einer großen Stadt führt. Staunend bewundere ich aus der Ferne die Architektur und Schönheit dieses Ortes. Am Eingang der Stadt stehen schon die ersten Menschen, die den Rand der Straße säumen. Plötzlich vernehme ich lauten Jubel und die Menschen oder eher Werwölfe werfen Blumen. Mit offenem Mund sehe ich zum Alpha, der nur mit den Schultern zuckt. ,,Eine normale Begrüßung." Das sehe ich allerdings anders. Ab und zu winkt der Alpha aus dem Fenster und besonders die Mädchen versuchen einen Blick auf den gutaussehenden Alpha zu erhaschen. Er ist heiß, reich, der Alpha und matelos, weshalb wahrscheinlich das gesamte Shadow-Pack hinter ihm her ist. Jede wünscht sich seine Mate zu sein und vielleicht wird es eine Glückliche. Ich hoffe, dass es nicht jemand aus dem Moon-Pack ist, denn das würde nur noch mehr Ärger bedeuten. Wir fahren auf den Hof des Schlosses, welches sich majestätisch vor uns aufbaut. Der Alpha steigt aus dem Wagen, nicht bevor er mir noch zuzwinkert und wird direkt von mehreren Dienern in Empfang genommen. Er geht um den Wagen herum und öffnet mir die Tür. Ich nehme dankbar die Hand, die er mir entegegenhält und steige aus dem Wagen. Hinter unserem Wagen stehen noch sechs weitere, aus denen ebenfalls Wachen aussteigen. Der Alpha platziert seine Hand an meinem Rücken und führt mich zu der Dienerschaft, die sich in einer Reihe vor dem Eingang aufgebaut haben. ,,Willkommen zurück, Alpha", begrüßt ihn einer der Butler, der sich zusätzlich verbeugt. ,,Bereitet eines der Gästezimmer vor, wir haben einen Gast", gibt der Alpha seinem Personal mit einem Nicken zu verstehen und augenblicklich machen sich vier Frauen auf den Weg in das dimensionale Schloss. Einen Moment lang wirkt er wie in Trance, wahrscheinlich da er über den Mindlink mit seinem Rudel kommuniziert. ,,Kommt", richtet sich der Alpha an mich und führt mich durch das gigantische Tor in das Innere des Schlosses. Ich bin unglaublich nervös und versuche mich auf etwas anderes zu konzentrieren, doch ich spüre nur die Wärme seiner Hand, die noch immer auf meinem Rücken liegt und rieche seinen männlichen Geruch, sodass mich erneut eine Gänsehaut einnimmt. Er führt mich durch das gesamte Schloss, bis wir vor einer hölzernen Tür stehen, in die viele entzückende Verzierungen geritzt wurden. Die Tür öffnet sich und dahinter gehen die vier Frauen in einen tiefen Knicks. Mir stockt der Atem, als wir das lichtdurchflutete Zimmer betreten. Es ist unglaublich groß, hat riesige Fenster und ist in rosa Tönen gehalten, jedes einzelne Objekt scheint aufeinander abgestimmt zu sein und das zarte Rosa durchzieht den gesamten Raum. Mitten im Raum steht ein großes Himmelbett und ich kann mich nur mit Mühe beherrschen, nicht sofort in die unzähligen Kissen und Decken zu springen. Langsam gehe ich durch das Zimmer und bedenke alles mit einem Blick. In einer Ecke steht ein Schminktisch, der mit vielen kleinen Lichtern und Rosen versehen ist. An sich sind überall Rosen zu sehen, meine Lieblingsblume. Schnell schiebe ich den aufkommenden Gedanken beiseite. Niemals konnte der Alpha in wenigen Stunden das Zimmer nach meinem Geschmack herrichten lassen, oder? Wieso sollte er das auch für mich tun? Den Kopf über mich selber schüttelnd entdecke ich einen begehbaren Kleiderschrank und durch eine weiße Nebentür kommt man in ein gemütliches Badezimmer, in dessen Mitte sich die Badewanne befindet. Ich wende mich erneut dem Alpha zu und räuspere mich. ,,Vielen Dank, Alpha, das ist überaus freundlich von euch." Das scheint ihn zu freuen, denn ein Lächeln ziert sein Gesicht und seine Augen funkeln. Nun ist es an ihm sich zu räuspern und er sieht überall hin, nur nicht zu mir. ,,Es freut mich, dass ihr Gefallen daran findet. Ich ziehe mich nun zurück, wenn ihr etwas braucht, die Zofen stehen euch jederzeit zu Verfügung." Mit diesen Worten kehrt er dem Zimmer den Rücken und geht seines Wegs. Die Zofen knicksen und stellen sich vor. Medea, eine temperamentvolle Rothaarige, Clari, eine schüchterne Blonde, Senna, eine schweigsame Schwarzhaarige und Joyce, eine intelligente Brünette. Ich lächle erfreut. ,,Ihr kennt meinen Namen wahrscheinlich bereits, aber aufgrund der Höflichkeit, mein Name ist Olivia." Sie nicken und Medea grinst. ,,Uns freut es Sie kennenzulernen und bei uns zu haben, ich habe den Alpha schon lange nicht mehr so glücklich gesehen", wendet sich Medea mir zu und zwinkert. Joyce tadelt sie mit einem vorwurfsvollen Blick. ,,Es steht uns nicht zu, das Gefühlsleben des Alphas zu beurteilen." Medea verdreht die Augen und deutet um sich. ,,Vielleicht ist sie ja seine Mate? Wer sonst richtet das Zimmer nach der Lieblingsblume eines Mädchens ein, dass er überhaupt nicht kennt und an sich einer Geisel ähnelt?" ,,Medea!", zischt Joyce und packt ihren Arm. ,,Falls Sie etwas brauchen, wenden Sie sich an uns, Miss Bennet. Verzeihen Sie das Verhalten meiner Kollegin", richtet sich Joyce noch an mich und zerrt Medea aus dem Zimmer. Clari lächelt mich an und sie verschwindet nach einem Knicks mit Senna auf den Flur. Lächlend schüttle ich den Kopf, Medea redet nur Unsinn. Ich kann gar nicht die Mate des Alphas sein, schon alleine weil... Er wird erst in sieben Wochen achtzehn, demnach erfährt er erst dann, wer seine Mate ist. Plötzlich wird die Tür aufgerissen und eine gutaussende Brünette stürmt in das Zimmer. ,,Du!", kreischt sie und zeigt wutendbrannt mit dem Finger auf mich.

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