22. Kapitel

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Pov. Elaisa

Wir stehen uns gegenüber und ich brauche noch Zeit, um seine Entscheidung zu realisieren. Ich soll gehen. Ich soll meinen Mate verlassen. Wieso? Traurig sehe ich ihn an, denjenigen, auf den ich mein ganzes Leben gewartet habe. Ich bin mir meiner Gefühle schon vor der Offenbarung unserer Verbindung sicher gewesen, aber vor allem jetzt, als seine Mate, will ich nicht mehr ohne ihn sein. Meine Hände zittern und ich bin kaum fähig zu atmen. Dann, endlich, bringe ich etwas hervor, die Frage, die in meinem Kopf schwirrt. ,,Warum?", hauche ich verzweifelt und meine Stimme bricht ab. Derek sieht mich traurig an, als würde ihn das Ganze genauso sehr verletzen, aber das stimmt nicht. Er schickt mich weg, nicht ich ihn. ,,Elaisa, ich...", keucht er und ich höre den Schmerz in seiner Stimme. Mein Herz schmerzt und eine Träne rinnt mir die Wange herab. ,,Ich kann es dir nicht sagen", atmet er aus und seine Schultern sacken herab. Auch ich lasse die Luft aus meinen Lungen und versuche das alles zu begreifen, doch ich kann es nicht verstehen. ,,Jedenfalls noch nicht", fügt er hinzu und ich schließe erschöpft die Augen. Selbst als halber Wolf spüre ich seinen Schmerz und dabei bin ich nicht markiert. Noch nicht, versuche ich mir zu sagen, doch ich kann mir nichts vorspielen. ,,Gibt es... Hast du eine Andere?", stoße ich leise hervor und brauche all meine Kraft, um nicht in Tränen auszubrechen. Derek reißt den Kopf hoch und sieht mich erschrocken an. ,,Nein! Nein, so ist das nicht! Ich will es dir sagen, ehrlich, aber es ist mir im Augenblick nicht möglich", versichert er mir und atme erleichtert aus. Ich glaube ihm. Vielleicht ist es naiv, aber ich glaube ihm. Traurig sieht er mich an und legt seine Hand auf den Tisch. Ich tue es ihm nach, bis unsere Fingerspitzen kaum noch etwas trennt. ,,Ich habe es dir noch nicht gesagt, aber... Du siehst wunderschön aus." Ich lächle, ein schwaches Lächeln und atme aus. ,,Danke." Kurz ist es still, doch dann setze ich erneut an. ,,Der Tanz war großartig." Auch er lächelt und unsere Fingerspitzen kommen sich näher. ,,Das finde ich auch. Irgendwann müssen wir das wiederholen", stimmt er mir zu und ich lege lächelnd den Kopf schief. ,,Irgendwann", pflichte ich ihm bei und ziehe dann meine Hand zurück. ,,Ich habe nur eine Frage. Bin ich Schuld an deinen Verletzungen?", frage ich und brauche eine Antwort von ihm. Er seufzt. ,,Ich habe einen Fehler gemacht und bekomme meine gerechte Strafe, soviel kann ich dir sagen. Gib dir nicht die Schuld, du kannst nichts dafür." Ich wende mich zur Tür, öffne sie und sehe ihm dabei in die Augen. ,,Passen Sie auf meine Schwester auf, Miss Bennet", sagt er neckend und ich lächle und sehe ihn ein letztes Mal, wahrscheinlich für eine sehr lange Zeit. ,,Das werde ich, Mister Dolan", erwidere ich, schlüpfe durch die Tür und schließe sie. Erschöpft lehne ich meine Stirn gegen das Holz und lege meine Hand an die Tür. Ich höre Schritte und spüre eine Präsenz vor mir. Er steht hinter der Tür. Ich berühre die Tür noch ein letztes Mal und löse mich dann. In den dunklen Fluren begegne ich einigen Wachen, die mich zwar beobachten, aber passieren lassen. Ich streiche mir eine Strähne aus dem Gesicht und bleibe dann stehen, als ich eine vertraute Stimme höre. ,,Hat dich der Alpha etwa abblitzen lassen, wie schade für die kleine Prinzessin." Ich höre ein gehässiges Geräusch und alles in mir verkrampft sich. ,,Wie fühlt sich das an, du Luder?", höhnt die Stimme und die Person kommt aus einer dunklen Nische. ,,Was wollen Sie?", seufze ich und sie kommt näher. ,,Ich will nur den Triumph mitansehen", lacht Iverna dreckig und macht dann große Augen. ,,Tut es sehr weh? Ich hoffe doch." ,,Wenn Sie mir nicht noch etwas anderes zu sagen haben", setze ich an und will an ihr vorbei, doch sie stoppt mich. ,,Viel Spaß beim Packen. Ich gehe in der Zeit zum Alpha und habe dort meinen Spaß", säuselt sie mir ins Ohr und ich erstarre. Iverna lacht nochmal gehässig und verschwindet dann. Ich atme die Luft aus und versuche die Tränen zurückzuhalten. Ich vertraue Derek, er will nichts von ihr oder einer anderen Frau. Mechanisch laufe ich in das Zimmer, packe meine Sachen zusammen und sehe mich dann nochmal um. Es ist ein schönes Zimmer und dadurch, dass Derek es für mich einrichten ließ, macht es den Raum zu etwas ganz besonderem. Ich trete an das Fenster und genieße zum letzten Mal die Aussicht. Der Mond scheint und hüllt alles in ein sanftes Blau. Mein Kleid schimmert und seufzend nehme ich das Diadem ab. Plötzlich sehe ich auch andere Lichter am Himmel. Das Feuerwerk erhellt den ganzen Palast in all möglichen Farben. Ich entdecke Derek und wie er mit seinen Gästen auf der großen Palasttreppe steht und das Feuerwerk betrachtet. Mit aufkommenden Zorn sehe ich Iverna, die viel zu nah bei ihm steht. Doch er dreht auf einmal den Kopf und sieht zu meinem Fenster hinauf. Ich winke und lächle, weshalb sich auch auf seinem Gesicht ein Lächeln ausbreitet. Erschöpft trete ich zurück, ziehe das Kleid aus und lege es in meinen Koffer, zusammen mit den Schuhen. Schnell schlüpfe ich in ein anderes Kleid, schnappe meinen Koffer und mache mich auf den Weg zur Eingangshalle, wo schon alle auf mich warten. Ein Wachmann nimmt mir meinen Koffer ab und bringt ihn zum Wagen. Zuerst verabschiede ich mich von meinen Zofen, die mir weinend in den Armen liegen, selbst Medea verliert ein paar Tränen. ,,Danke für die tollen Kleider und das Zuhören", bedanke ich mich und sie lächeln bloß traurig. Dann wende ich mich an Xavier, der mich einmal fest in die Arme schließt. ,,Nun denn, kleine Schwester... Wir sehen uns bald wieder, versprochen?", fragt er mit einem breiten Grinsen und ich nicke lachend. ,,Versprochen." Ich verabschiede mich noch von Mike und Eric, bis ich mich meiner Schwester zuwende. Seltsam das zu sagen, dennoch fühlt es sich gut an. Ich beuge mich herunter und streichle ihr über das Haar. Mit geröteten Augen wirft sie sich in meine Arme und ich drücke ihr einen Kuss auf den Scheitel. ,,Ich will nicht, dass du gehst", schluchzt sie, sodass auch mir zum Weinen zumute ist. ,,Wir werden uns sehr bald wiedersehen und dann flechte ich dir jeden Tag die Haare, okay?" Sie nickt und wischt sich die Tränen aus den Augen. ,,In der Zwischenzeit", deute ich, ,,musst du auf etwas aufpassen." Ich hole das Diadem hervor und reiche es ihr. Mit großen Augen nimmt sie es entgegen und lächelt dann. ,,Das werde ich", verspricht sie und somit wende ich mich meiner Mutter zu. ,,Mama", seufze ich und wir fallen uns in die Arme. ,,Ich hab dich lieb, Elaisa", murmelt sie in mein Haar und drückt mich ganz fest. ,,Ich dich auch", erwidere ich und löse mich dann schweratmig von ihr. Zusammen mit meinem Vater und meinem Bruder steige ich in den Wagen, in dem schon George und Ein sitzen. Erst macht mein Großvater einem Aufstand, aber er merkt schnell, dass sich für seine Meinung keiner interessiert, also wird er still. Der Wagen rollt los und die Schlossbewohner winken uns noch hinterher. Traurig lehne ich mich an die Schulter meines Vaters und versuche etwas zu schlafen. Doch die Sehnsucht in meinem Herzen verhindert das. ,,Elaisa, was ist eigentlich mit dem Alpha und dir?", fragt mich mein Vater und George lacht auf. ,,Zwischen den beiden ist gar nichts, nicht solange ich lebe." Ich werfe ihm einen bösen Blick zu. ,,Dann hast du nicht mehr lange zu Leben", zische ich, denn wann auch immer jemand schlecht über Derek spricht, werde ich wütend. George reißt die Augen auf und will etwas erwidern, doch Landon kommt mir zuvor. ,,Das heißt dann wohl, dass du ihn magst?", fragt er vorsichtig nach und ich seufze schwer. ,,Ja, ich mag ihn. Und ich vertraue ihm und darauf, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat." Danach ist es still. Niemand sagt etwas, bis wir an unserem Anwesen ankommen. ,,Was ist eigentlich mit Theresa?", frage ich neugierig und besorgt, da sie nach der Fahrt aus einem anderen Wagen steigt und in das Haus rennt. ,,Sie hat noch nicht einmal mit ihrem Bruder gesprochen." Landon seufzt und sieht ihr nach. ,,Wir hatten hier einige Probleme", murmelt er erzürnt und wirft George und Ron einen vernichtenden Blick zu. Diese sehen etwas schuldbewusst auf, doch ich hebe die Hände. ,,Das will ich genauer wissen, aber nicht heute. Wir sind bestimmt alle mit den Nerven am Ende, also gehen wir besser schlafen." Ich ernte zustimmendes Gemurmel und wir gehen in unsere Zimmer. Dort werde ich sofort von Lucie begrüßt, die mich fest umarmt. ,,Erzähl mir alles, was ist passiert?",, fragt sie aufgeregt und ich hebe ergeben die Hände. ,,Sehr viel, Lucie. Aber ein andermal. Heute will ich nur schlafen." Widerwillig gesteht sie mir meinen Schlaf zu, wofür ich sehr dankbar bin und verlässt dann den Raum. Ich bin schon fast eingeschlafen, als sich die Tür öffnet und mein Bruder hereinhuscht. ,,Hallo", flüstert er und legt sich auf die andere Bettseite. ,,Hallo. Kannst du nicht schlafen?", frage ich mit träger Stimme und er seufzt. ,,Ja. Tess spricht nicht mehr mit mir." ,,Ich bin schockiert, was hast du angestellt?" Mein Bruder sieht zerknirscht zur Decke. ,,Ich habe gesagt, dass sie besser gehen sollte, da ich sie hier nicht beschützen konnte." Verwirrt runzle ich die Stirn. ,,Was ist denn passiert?" ,,Morgen. Ich will nur noch schlafen", murmelt Landon und ich setze mich auf. Ich knipse eine kleine Lampe an, schnappe mir ein Buch und beginne zu Lesen. Nach einer Weile wird sein Atem gleichmäßiger und er ist eingeschlafen. Lächelnd lege ich das Buch beiseite und versuche ebenfalls zu Schlafen. Doch Derek schwirrt mir durch den Kopf und ich finde keine Ruhe. Ich erhebe mich, streife mir meinen Morgenmantel über und verlasse das Zimmer. Unten sitzt Lucie, mit dem Rücken an einer Wand, direkt neben der Tür, die zu Julians Zimmer führt. ,,Lucie", flüstere ich und sie schreckt auf, bedeutet mir dann aber, still zu sein. Leise setze ich mich neben sie und nach einer Weile sehe ich sie an. ,,Du bist nicht seine Mate, oder?", spreche ich meinen Gedanken aus und sie lässt die angehaltene Luft raus. ,,Nein. Es ist ein anderes Mädchen. Clara oder so ähnlich. Sie ist wunderschön, bei allen beliebt und Julian vergöttert sie. Sie sind ein schönes Paar." Ich nehme sie in den Arm und sie weint leise an meiner Schulter. ,,Du solltest wirklich schlafen gehen, Lucie. Irgendwann wirst du deinen Mate finden und er wird dich genauso sehr vergöttern." Sie lächelt traurig und erhebt sich dann. ,,Was ist mit dir?", fragt sie, doch ich schüttle den Kopf. ,,Später. Ich brauche etwas frische Luft, um über einiges nachzudenken." Sie nickt, umarmt mich noch und geht dann auf ihr Zimmer. Seufzend öffne ich die Glastür zum Garten und halte kurz fröstelnd inne. Doch die Kälte tut gut und lindert für einen kurzen Moment den Schmerz. Ich trete an die Blumen und starre dann in die dunklen Wälder. Mit geschlossenen Augen genieße ich den Wind, der durch mein Haar weht und verlasse dann die Veranda und spüre das Gras unter meinen Füßen. ,,Hilfe! Hilfe!", höre ich auf einmal eine weibliche Stimme und ich sehe erschrocken zum Waldesrand. Der Hilferuf ist nicht sehr laut, aber noch hörbar. Schnell trete ich näher und entdecke eine blutüberströmte Frau, die im Gras liegt. Erschrocken komme ich näher und beuge mich zu ihr. ,,Was ist passiert? Wer war das?", frage ich sie schockiert und versuche den Ursprung der Wunde zu finden. ,,Was passiert ist? Fragen Sie besser, was als nächstes passiert", höhnt die Frau amüsiert und ich reiße die Augen auf. Das kann nicht sein. Doch zu spät. Ich bemerke die Männer zu spät. Einer von ihnen tritt von hinten an mich ran und zieht mir einen Sack über den Kopf. Ich versuche mich zu wehren, doch vergebens. Der Mann wirft mich über seine Schulter und fange an um mich zu schlagen und zu schreien. Ich höre Schreie und Geknurre, doch die Männer entkommen, mit mir auf der Schulter. Derek... Ist mein letzter Gedanke und dann falle ich in tiefste Schwärze.

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