12. Kapitel

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Pov. Theresa

Lucie und ich haben nach ersten Startschwierigkeiten doch noch zueinander gefunden, was mich sehr erleichtert. Augenscheinlich ist mir das Personal trotz meiner Herkunft wohlgesonnen und selbst ich habe bemerkt, wie Lucie Julian hinterher starrt. ,,Sie sollten mit ihm reden", verkünde ich energisch, während Lucie mich ankleidet. Überrascht sieht sie auf und runzelt die Stirn. ,,Mit wem?", fragt sie vorsichtig, obwohl sie weiß, von wem ich spreche. Ich schnaube. ,,Das ganze Haus weiß es, Miss Lucie! Julian. Er ist doch ein toller Mann, selbst wenn er ihre Gefühle nicht erwidern sollte, bin ich mir sicher, dass er sie nicht verletzen wird." Lucie seufzt und perfektioniert nochmals meine Frisur. ,,Darum geht es nicht, Miss Dolan. Wenn wir in einer wolfs- und matelosen Welt leben würden, hätte ich es ihm schon vor Jahren gestanden. Aber er ist ein Werwolf und hat somit eine Mate. Es könnte natürlich sein, dass ich seine Mate bin, aber ich will dieses Risiko nicht eingehen. Er hat heute Abend Geburtstag und ich bin so furchtbar nervös. Es könnte jede sein. Die Mateverbindung ist etwas unvergleichliches, aber bietet auch so manche Hindernisse." Das hört sich unglaublich traurig an. Traurigkeit in Verbindung mit Mates will ich nicht hören. Ich wende mich ihr zu und greife nach ihren zitternden Händen. Sie schluchzt auf und ich seufze. ,,Es wird alles gut, glauben Sie mir. Die Mondgöttin wacht auch über die Menschen." Ich beruhige sie noch etwas, dann macht sie sich auf den Weg, um die Feierlichkeiten vorzubereiten. Seufzend hebe ich mein schwarz und rosa farbenes Kleid an und überprüfe mein Makeup. Vorzeigbar. Ich verlasse das Zimmer, schließe die Tür und spüre einen rauen Atem an meinem Nacken. Mate. Schnurrt Serena erfreut und ich schließe genüsslich die Augen. ,,Hallo Tess", knurrt Landon spielerisch und beißt mir leicht ins Ohr. Ich kichere, drehe mich um und schlinge meine Arme um seinen Nacken. ,,Ich habe dich vermisst", schnurre ich, allerdings weiß ich nicht, ob das von Serena oder mir kommt. Landon schmunzelt, kommt mir näher und presst mich leicht an die Tür. ,,Wir haben uns doch erst gestern gesehen, erinnerst du dich?", murmelt er heiser und ich kann spüren, wie sehr er mich will. Normalerweise schlafen Mates schon nach einem Tag miteinander, aber dank meines blöden Bruders, werden wir von allen beschattet, vor allem von Landons Vater, sodass wir unsere natürlichen Triebe nicht ausleben können. Gestern hat sich Landon in mein Zimmer geschlichen und wir mussten uns stark zusammenreißen, die Markierung nicht zu vollziehen. ,,Das ist doch schon eine Ewigkeit her, Landon", meckere ich leise und er lacht in mein Haar. Von neuem Verlangen kontrolliert, ziehe ich sein Gesicht zu mir herunter und unsere Lippen treffen aufeinander. Leidenschaftlich erwidert er den Kuss und wir verfallen in eine wilde Knutscherei. Mate. Landon packt mich an der Hüfte und presst mich erneut gegen die Wand. Mit einem Ruck wird er von mir gerissen und ich sehe Landons Vater vor mir, der Landon zurückzieht. ,,Landon", knurrt Harry entrüstet, doch mein Mate gibt nur Knurrlaute von sich und greift nach mir. Ich werfe ihm einen Luftkuss zu, was Harry mit einem Schnauben kommentiert. ,,So helfen Sie mir nicht, junge Dame", tadelt er mich, da Landon nur noch wilder um sich strampelt. ,,Landon, hör auf", seufze ich geschlagen und Landon ist auf der Stelle still. ,,Habt ihr beide etwa vergessen, was ich gesagt habe? Theresa muss bei ihrem nächsten Treffen mit ihrem Bruder unmarkiert sein. Natürlich vergesst ihr das alle drei Minuten, aber ich nicht." Landon will protestieren, aber sein Vater kommt ihm zuvor. ,,Sieh mich nicht so an, Sohn. Ich weiß wie ein Mann aussieht, der kurz davor ist, seine Mate zu markieren. Glaubt außerdem ja nicht, ich hätte nicht bemerkt, dass du dich schon wieder in ihr Zimmer geschlichen hast." Überrascht sehe ich ihn an, doch er schnaubt. ,,Nachdem mein Sohn auch nach dem sechsten Versuch nicht aufgehört hat, habe ich ihn gelassen. Aber denkt daran, dass ihr euch nicht zu nahe kommen dürft. Der Alpha wird als erstes feststellen, ob seine Schwester noch unmarkiert ist, also reißt euch zusammen!", gibt er uns zu verstehen und wendet sich dann an Landon. ,,Wir beide müssen noch etwas besprechen. Begleite mich in mein Büro." Mit diesen Worten wendet er sich ab. Landon geht ihm scheinbar hinterher, läuft dann aber zurück und stiehlt mir noch einen Kuss. ,,Landon!", ruft Harry entrüstet und zieht meinen grinsenden Mate mit sich. Ich winke ihm noch hinterher, bevor ich die Treppen hinuntereile. Dort erwartet mich schon eine aufgelöste Lucie. ,,Wir sind fast fertig, in drei Stunden ist Mitternacht." Nervös läuft sie umher, herrscht ihre Kollegen an und sieht ab und zu zu Julian, der sich abseits mit Freunden unterhält. Augenverdrehend verlasse ich das Anwesen und betrete das sogenannte ,,Blumenmeer". Ich mache es mir im Gras bequem und unterhalte mich mit einigen Mädchen, die es mir gleichtun. Nach einer Stunde ist es soweit, alles ist vorbereitet und es ein kleines Orchester spielt Musik, zu der sich einzelne Menschen bewegen. Lucie steht abseits, kaut auf ihren Nägeln herum und beobachtet Julian und das für eine ganze halbe Stunde. Ich erbarme mich und trete zu ihr. ,,Was würde Elaisa jetzt sagen?", frage ich sie und Lucie zuckt zusammen. ,,Sowas wie, dass alles im Leben aus einem gewissen Grund passiert und das alles gut wird", antwortet sie nervös und ich nicke. ,,Dann vertraut darauf." Nach einer weiteren Stunde schüttle ich den Kopf. ,,So kann das nicht weitergehen, Miss Lucie. Wartet hier", gebe ich ihr zu verstehen, weshalb sie entsetzt die Augen aufreißt. ,,Was habt ihr vor? Miss Dolan?!", ruft sie mir aufgeschreckt hinterher, doch ich gehe geradewegs auf Julian und seine Freunde zu. ,,Mister Julian!", rufe ich ihn, woraufhin er sich von der Gruppe löst und auf mich zukommt.
,,Sie sehen sehr nervös aus", gebe ich zu verstehen und er nickt leicht errötend. ,,Es besteht die Möglichkeit heute meine Mate zu treffen, ich kann es kaum noch erwarten", gesteht er aufgeregt. Ich erkenne ihn kaum wieder, der sonst so kontrollierte und recht steife Julian wirkt wie ein kleiner Junge zu Weihnachten. Dieser Anblick lässt mich schmunzeln. ,,Das ist verständlich, Mister Julian. Vielleicht wollt ihr um euch für die nächste halbe Stunde abzulenken mit einer Dame tanzen? Ich schlage Miss Lucie vor, sie würde sich über einen Tanz sicher freuen." Wir beide sehen zu Lucie, die mit hochrotem Kopf auf ihre Hände starrt. Julian nickt, verbeugt sich elegant und geht auf Lucie zu. Gebannt verfolge ich, wie Julian sie anspricht, Lucies Kopf noch eine Nuance röter wird und dann nickt. Erfreut sehe ich, wie die beiden auf die Tanzfläche gehen und miteinander tanzen. Landon stellt sich hinter mich, umarmt mich und legt sein Kinn auf meine Schulter. Ich fahre ihm durch das blonde Haar, jedoch ohne den Blick von dem tanzenden Paar abzuwenden. Ich bete, dass die beiden Mates sind. Lucie hätte sich Julian als Mate nach jahrelanger Schwärmerei verdient. Mein Mate seufzt und drückt mir einen Kuss auf die Wange. ,,Mein Vater will dich sprechen. Er hat mich eine Stunde bearbeitet und mir eingeschärft, dass wir es nicht übertreiben sollen", murmelt er in mein Haar und ich seufze ebenfalls. ,,Wenn mein Bruder nur nicht so stur sein würde...", murmele ich erschöpft. Dann löse ich mich aus seiner Umarmung und mache mich auf den Weg zu Harry. Ich biege gerade um eine Ecke, als ich gegen die Wand gedrückt werde. Am Hals gepackt röchle ich nach Luft und strample um mich. Serena knurrt vor Zorn, aber der Griff lähmt mich. ,,Guten Tag, Miss Dolan", zischt eine unbekannte Stimme und ich sehe ihn an. Er ist etwa im Alter des Betas, hat blondes Haar und die gleichen grünen Augen wie Elaisa und Landon. ,,Hast du nichts zu sagen, Miststück?", höhnt eine vertraute Stimme, die aus dem Schatten kommt. Ich konzentriere mich und entdecke George, Landons Großvater, der aus dem Schatten tritt. ,,Was wollen Sie, George?", erhebe ich meine Stimme und versuche den eisernen Griff des Mannes vor mir von meinem Hals zu lösen. George lacht nur dreckig. ,,Seit Jahren dasselbe. Meine Tochter. Euer versifftes Rudel hat sie entführt und entweder getötet oder haltet sie als eure Gefangene." Er tritt näher und starrt mir hasserfüllt in die Augen. ,,Wenn ich herausfinde, was ihr meiner Tochter angetan habt und das werde ich, erwartet euer ganzes Rudel weitaus schlimmeres als der Tod." Nach dieser Drohung lässt der Mann von mir ab und beide verschwinden in der Dunkelheit. Ich lasse mich an der Tür herabgleiten und vergrabe das Gesicht in meinen Händen. Aus der Ferne vernehme ich wie ein Countdown gezählt runtergezählt wird, doch ich blende meine Umgebung komplett aus. Heiße Tränen rinnen mein Gesicht herab, bis ich die Anwesenheit meines Mates spüre. ,,Tess? Theresa!" Landon stürmt auf mich zu, umarmt mich und küsst meine nassen Wangen. ,,Tessa, was ist passiert? Wer hat dir das angetan?", bombardiert mich Landon mit Fragen und trotz der Situation, rührt mich seine Besorgnis. Er hebt mich hoch und setzt mich auf einer Bank ab. Er kniet sich vor mich und küsst meine Handflächen. ,,Was ist passiert?" ,,George", ist das Einzige was ich hervorbringe und Landon spannt sich an. ,,Dieser...", setzt er an, bricht aber ab und steht abrupt auf. ,,Mach dir keine Sorgen, ich werde mich darum kümmern", stößt er hervor, drückt mir einen Kuss auf die Stirn und rennt dann den Flur entlang. Augenblicke später setzt sich jemand neben mich, kühlt meine Wunden und streicht mir die Haare aus dem Gesicht. Als ich aufsehe, bemerke ich Lucie, die mit traurigem Blick meine Wunden begutachtet. Ich hebe ihren Kopf an, sehe ihr ins Gesicht und stelle ihr stumm die Frage. Am Boden zerstört schüttelt sie den Kopf, während ihr die Tränen in die Augen treten. Seufzend nehme ich sie in den Arm und warte, bis sie aufhört zu schluchzen. Gemeinsam gehen wir den Flur entlang. An der Glastür bleibt Lucie abrupt stehen und ich sehe über ihre Schulter in den Garten. Eng umschlungen steht Julian mit einem mir unbekannten Mädchen im Arm. Ich ziehe Lucie sanft weiter, bis wir in Elaisas Zimmer ankommen. Dort setzen wir uns auf das Himmelbett und schweigen zusammen. Im Nachhinein bereue ich es, ihr so große Hoffnungen gemacht zu haben. Wir beide gehen unseren eigenen Gedanken nach, sie denkt an Julian und ich wiederhole Georges Worte wie ein Mantra in meinem Kopf. Das Shadow-Pack hat noch nie irgendjemanden entführt, soweit ich weiß. Was wäre, wenn mich mein Bruder angelogen hat und es tatsächlich Entführungsopfer gab? Ich halte mir den Kopf, da mich die zusätzlichen Gedankengänge quälen.

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