7. Einsamer Kampf (death of someone close)

271 15 0
                                    

Seit der Brief angekommen war, hatte John sich stark verändert. Immer häufiger verfiel er in Stimmungen, die man eigentlich eher mir zugetraut hätte. Ständig war er seltsam abwesend, saß regungslos an seinem Platz vor dem Kamin und bekam es nicht einmal mit wenn ich ihm eine Frage stellte. Schon zuvor hatte er die Angewohnheit, lange zu schlafen, doch nun verließ er sein Bett immer seltener. 

Einmal hatte ich ihn gefragt, ob es ihm gut ging als er mal wieder seinen Gedanken nachhing, und die einzige Antwort die ich bekam, war: "Was denken SIE denn?" Ehrliche Antwort? Ich glaube eher nicht...  

Mehr oder weniger überraschend war es, als er eines Morgens - ich saß gerade vor einem analytischen Experiment- voll angezogen und mit einer Reisetasche in der Hand aus seinem Zimmer trat. "Holmes?" Ich blickte auf, direkt in sein erschöpftes Gesicht. Der Schlafmangel war ihm deutlich anzusehen...doch die Gesichtspflege, welche er die letzten Tage vernachlässigt hatte, schien er wieder aufgenommen zu haben... "Ich bin für eine Woche nicht in London...kommen sie solange ohne Fall und ohne ihren Boswell klar?" Er schien förmlich vor meinen Augen zusammenzuklappen und schaffte es noch immer, sich um mich zu sorgen? John war wirklich ein außergewöhnlicher Mensch... Ich lächelte ihm zu, hoffend ihn ein wenig aufmuntern zu können. "Natürlich, ich kann ja immer noch Mrs Hudson auf die Nerven gehen. Haben sie Spaß bei ihrem Ausflug!" Das waren wohl die falschen Worte... Er warf mir einen giftigen und gleichzeitig zutiefst verletzten Blick zu ehe er verschwand...

Zeit verging schnell...und John wurde allmählich wieder der Selbe. Fast nichts mehr erinnerte an diesen Griesgram der sich immer in sein Zimmer verzogen hatte... Nur selten fiel er wieder in diese Muster zurück und ich ließ es darauf beruhen. Immer häufiger sah ich ihn stattdessen seine neue Taschenuhr, die er vor diesen Ausflug gewiss noch nicht besessen hatte, hervorholen, beobachtete, wie er andächtig über das Ziffernblatt strich...

Ein Jahr war nun seit diesem Vorfall vergangen. John und ich hatten unsere Beziehung vertieft und hatten gemeinsam vielerlei Veränderungen durchgemacht...und als er mich eines Tages dazu aufforderte, etwas über seine besondere Taschenuhr zu deduzieren, wusste ich, was damals vorgefallen war... Mein Herz stach bei jedem Wort das ich ihm erläuterte, weil ich den Schmerz deutlich in seinem Gesicht ablesen konnte... "...und der Alkohol war schließlich sein Ruin..." Etwas in seinem Blick änderte sich und plötzlich war er wieder der mir unbekannte Mann von vor einem Jahr. Sein Gesicht war wutverzerrt, doch in seinen Augen fand ich nur einen armen, verletzten Jungen... "Wie kannst du es wagen, das Schicksal meines armen Bruders dazu zu benutzen um...um mir diese...diese Taschenspielertricks anzudrehen! Das kannst du unmöglich von einer Uhr abgelesen haben! Du...du hast den Brief damals heimlich gelesen, ist es das? Und daraus...daraus hast du geschlussfolgert das mein Ausflug damals zu seiner Beisetzung war...und..." Etwas glitzerte in seinen Augen. "John, ich habe nichts dergleichen getan. Ich respektiere jedermanns Privatsphäre, die unserer Klienten ebenso wie deine. Es tut mir leid, dass du einen falschen Eindruck bekommen hast. Es war falsch von mir dir all das ohne Erklärung darzulegen. Hier, lass es mich erläutern..." Ich legte die Uhr wieder in Johns Hand, da, wo sie hingehörte und stellte sicher, dass ich haargenau schilderte, wie ich zu meinen Schlüssen gekommen war. 

"...und da du die Uhr nun besitzt, heißt das, dass dein Bruder gestorben sein muss..." Johns Blick wurde sanfter, das Gewitter über dem Ozean seiner Augen legte sich. "Es tut mir leid, dass ich an dir gezweifelt habe..." "Schon gut...es ist nur...damals habe ich mir Sorgen um dich gemacht... Warum hast du nie mit mir darüber geredet?" Er zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Vielleicht wollte ich dich nicht nerven oder damit belasten...oder ich hatte Angst du würdest meine Trauer nicht verstehen; wie du richtig deduziert hast, standen wir uns wegen seiner Trinkerei nicht mehr besonders nahe...aber er ist...war doch immer noch mein Bruder!" Beruhigend lächelte ich ihm zu und ergriff seine Hände. "Mach dir in Zukunft bitte nie wieder Gedanken über sowas, in Ordnung? Ich mag deine Gefühle zwar nicht immer verstehen...was aber nicht bedeuten soll, dass ich dich nicht unterstützen werde wenn es dir schlecht geht. Deine Probleme sind meine Probleme...Deine Sorgen werden zu meinen und ich schwöre...dass ich alles nötige tun werde, damit du an meiner Seite glücklich bist." Ich küsste seine Wange, spürte ihn erschaudern. "Dieses Mal bin ich zwar gescheitert, aber wenn das nächste Mal etwas passiert, werde ich für dich da sein. Solche Kämpfe musst du nie wieder alleine austragen..."     

JohnLock OTP challengeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt