18. Bedtime stories (One of them is sick)

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Holmes war nie ein Mann von äußerst starker Gesundheit gewesen. Strapazen, die er für einige Fälle willig in Kauf nahm, rächten sich oft erst Tage später und ließen ihn erschöpft und ausgelaugt zurück. Als Mann der Medizin missfiel mir, wie er seinen Körper  manchmal behandelte...aber...was sollte ich dagegen schon ausrichten? Er war ein erwachsener Mann und ich war nicht in der Position, ihm irgendetwas vorzuschreiben.
Als ich aber einmal nach einigen Tagen Abwesenheit wieder nach London zurückkehrte, traf ich ihn in seinem bisher abscheulichsten Zustand an...

Müde legte ich Mantel und Reisetasche auf dem Boden ab, blickte mich in dem leeren Wohnzimmer um. Ob Holmes überhaupt bemerkt hatte, dass ich fort war? "Holmes?", rief ich. "Sind sie da?" Keine Antwort...doch aus dem Badezimmer war ein ziemlich eindeutiges Geräusch zu hören. Ich ignorierte mein Verlangen, mich in den gemütlichen, einladenden Sessel zu werfen und meinen erschöpften Füßen eine Pause zu gönnen und stapfte Richtung Badezimmertür, stieß diese vorsichtig auf, Sorge stach Erschöpfung schließlich aus. "Holmes, sind sie-" Bevor ich die Frage ganz aussprechen konnte, wusste ich die Antwort bereits. Das Gesicht, welches mich vom Badezimmerboden aus anstarrte, war in der Tat gespenstisch, und ich brauchte einen Augenblick um zu realisieren, dass das tatsächlich Holmes war, der da mit dem Rücken an die Badewanne gelehnt dasaß. Wie konnte eine Person nur so fürchterlich bleich sein? Beinahe, als würde mich gerade ein Totenkopf anlächeln... "Wie ich sehe, sind sie wieder im Lande, Watson?" Ich kniete mich neben ihn. "Warum haben sie mir denn nicht geschrieben das es ihnen schlecht geht? Ich wäre sofort zurück gekommen!" "Ah, da haben sie schon ihre Antwort, mein lieber Watson! Ich wusste das sie so reagieren würden. Machen sie sich aber keine Sorgen, alter Freund! Ich muss ein erschreckendes Bild abgeben, aber mir geht es trotzdem bestens! Alles was ich brauche, ist ein neuer Fall, sonst werde ich hier drin noch-" Plötzlich stoppte er als ein Zucken durch seinen kompletten Körper ging und dieser sich im nächsten Moment anzuspannen schien; mit einem leisen Stöhnen presste er die Hand auf den Mund. "Und ich dachte, sie wären weiser",seufzte ich und half ihm auf die zitternden Beine zu kommen. "Es ist keine Schande, zuzugeben das es ihnen schlecht geht, vorallem nicht vor mir. Was sie jetzt brauchen ist Ruhe! Wie lange geht es ihnen schon so?" "Seit heute morgen", krächzte er. "Dann bringen wir sie am besten wieder ins Bett,hm? Oder haben sie das Gefühl, sich nocheinmal-" Er schüttelte den Kopf. "Nein. Ich glaube, diesmal bleibt alles drin..." "Gut. Ich mache Ihnen einen Kamillentee, beruhigt den Magen." Holmes streckte lediglich angewidert die Zunge heraus, ließ aber kein Wort des Protests vernehmen. Ich manövrierte ihn in sein Bett, wo er direkt sein Gesicht in die Kissen vergrub, deckte ihn ordentlich zu und stellte zur Not eine Schüssel und ein Glas Wasser neben seinem Bett bereit. Als er das dumpfe Geräusch hörte, mit welchem ich  Schüssel und Glas abstellte, griff er in die Luft und schnappte sich meine Hand, die blassen, schlanken Finger schlossen sich um meine und drückten leicht zu. "Gott segne sie, Doktor Watson!" Er blickte auf und lächelte. Vorsichtig strich ich ihm die schweißnassen Haare aus dem Gesicht,ohne zu antworten. Er war ungewöhnlich warm... "Mach die Augen ein wenig zu, ich mach dir Tee für deinem Magen und besorge etwas gegen dein Fieber..." Ich war kaum 10 Minuten weg...aber als ich zurückkam, war Holmes bereits weggedöst. Also platzierte ich Tee und Medizin auf seinem Nachtisch und zog mich ebenfalls zurück...

Es war bereits Mittag am nächsten Tag als ich ihn das nächste Mal zu Gesicht bekam. Zuvor hatte ich morgens noch einmal nach ihm gesehen, ihm neuen Tee und neues Wasser gebracht. Er hatte wohl nicht die GANZE Nacht durchgeschlafen, denn sein Tee war fast leer...
Ich saß gerade im Wohnzimmer mit einem Buch, als er, die Teetasse in den Händen, lustlos aus seinem Zimmer getrabt kam. Etwas Farbe war zum Glück in seine Wangen zurückgekehrt. "Geht's besser?", fragte ich. Er nickte lediglich und setzte sich neben mich auf das Sofa. Mit einer einzelnen Bewegung griff ich hinter mich, schnappte die Decke dir über der Sofalehne hing und hüllte ihn damit ein, im nächsten Moment lehnte er auch schon, einer Raupe in ihrem zu großgeratenen Kokon gleich, an meiner Schulter. Eine Weile saßen wir schweigend da, bis...
"John?" Überrascht blickte ich auf, überrascht, weil er meinen Vornamen benutzt hatte. "Liest Du mir etwas vor?" "Uhm..." "Es ist gerade so gemütlich und warm...aber soruhig. Ich würde so gerne deine Stimme hören..." Genau wusste ich nicht, warum, aber ich lächelte leise in mich hinein. "Natürlich..."
Auch den nächsten Tag verbrachten wir auf ähnliche Weise; Holmes der sich länger als gewöhnlich ausruhte (sein Körper wird es ihm wahrscheinlich danken), seine strenge Tee- und Wasserdiät und unsere abendliche Lesestunde. Als ich mein Buch hervorkramte, meinte er, ich solle mich auf das Sofa legen, was ich auch tat... Er krabbelte danach zu mir und kuschelte sich an mich...und ich...ich breitete die Decke über uns beide aus, als wäre es das natürlichste der Welt, als wäre das etwas, das wir normalerweise taten. Keine Ahnung wie lange es dauerte...doch irgendwann hörte ich sein gleichmäßiges Atmen an meiner Seite...und schlief bald darauf ebenfalls ein.

In den Tagen darauf waren wir ohne es zu bemerken in das gegenseitige Du und einen Zustand  häuslicher
Intimität hinübergeglitten. Ich hatte Sherlock außerdem dazu bringen können, etwas zu essen und hatte ganz nebenbei etwas anderes dazugewonnen...
Mrs Hudson hatte ein Mittagessen für mich und ein wenig Schonkost für Holmes, sowie etwas Obst zu uns heraufgebracht. Ich aß, während Sherlock döste und sobald ich fertig war, schnappte ich mir den Teller mit der Schonkost und dem Obst und setzte mich zu ihm. Sein Schlaf schien nicht wirklich tief gewesen zu sein, denn von dieser Bewegung schreckte er auf und starrte mich im ersten Moment verwirrt an, ehe er sich sammelte. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken." "Schon gut..." Er nahm seine alte Haltung, angelehnt an meine Schulter, wieder ein. "Ich dachte nur... Mrs Hudson hat Essen hochgebracht, für dich natürlich noch keine deftige Mahlzeit... Vielleicht willst du ja was essen?" "Nein, danke." "Sicher? Nicht mal ein wenig Obst? Die Vitamine werden dir guttun..." Misstrauisch beäugte er die Äpfel- und Orangenstücke, um schließlich den Kopf zu schütteln. "Hast du Angst, dass du dich wieder übergeben musst?" Erneutes Kopfschütteln. "Was dann?" Er murmelte etwas. "Wie bitte?" "An apple a day keeps the doctor away, oder wie sagt man?" Ich hätte beinahe laut losgelacht, doch als ich den Ernst in seinen Augen sah, blieb mir das Lachen wortwörtlich im Hals stecken. "Und ich will nicht, dass du weggehst..." Ich küsste seine Stirn um ihn zu beruhigen; solche Berührungen waren in den letzten Tagen normal zwischen uns geworden... "Ich verlasse dich nicht, niemals. Keine Sorge..." "Versprichst dus?" "Natürlich, aber nur wenn du jetzt was isst!" Er schmollte, aber setzte sich immerhin aufrecht hin. "Das ist Erpressung!" "Jaja!" Ich hielt ihm ein Stück Apfel hin, aber anstatt es mir aus der Hand zu nehmen, schnappte er mit dem Mund danach. "Was ist? Meine Hände sind gerade so schön warm verpackt...und wenn du  es mir schon wie ein Köder präsentierst...", schmatzte er. Ich gluckste und griff nach einer Orange. "Was krieg ich als Gegenleistung für das nächste Stück?", fragte er herausfordernd. "Was willst du denn?" "Einen Kuss?" Seine fiebrigen Augen wirkten seltsam klar. Ich küsste seine Stirn, lächelte leicht. "Nimm das als Anzahlung. Den richtigen bekommst du wenn du wieder gesund bist..." "Versprochen?" Ein Kuss auf seine Wange. "Versprochen!"

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