24. Sebastian, Teil 1 (Dealing with children) Parent AU

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Info vorab: Da dieser OneShot etwas zu lang geworden ist, habe ich ihn in zwei Teile geteilt, der nächste kommt dann auch die Tage...

"Bei so viel Schlamperei an einem einzigen Tatort frage ich mich manchmal tatsächlich, welche lausigen Kriterien Scotland Yard beim Einstellen neuer Polizeikräfte hat..." Ich verdrehte lediglich die Augen. Lief das nicht immer so ab? Holmes und ich werden zu einem Tatort gerufen und das erste was er danach tut, ist, sich über die Unfähigkeit der Polizei auszulassen. Lange und ausführlich...und ich muss dafür herhalten. "Die sind halt auch nur Menschen, vergiss das nicht..." "Ach, und ich soll keiner sein?" Blitze zuckten in seinen Augen, doch schien er auch seltsam verletzt... "Das habe ich nicht gesagt! Aber wir wissen beide, dass du und deine Fähigkeiten in unserem schönen Städtchen so ziemlich einzigartig sind... Sei also nicht so hart zu ihnen..." Seine Mundwinkel zuckten; die größte Gefühlsregung zu der er sich überreden ließ. "Siehst du? Ich wusste doch, dass du-" Ich verstummte, als ich ein Zupfen an meinem Mantel spürte. Zunächst dachte ich, ich wäre irgendwo hängengeblieben, doch als mein Blick auf den Boden fiel, begegnete er zwei großen, dunklen Kulleraugen. In ihnen lag eine Art von Ausdruck, der selbst die Herzen der härtesten Geschäftsmänner erweichen und ein paar Pfundnoten abdrücken ließ. "Es tut mir leid", hauchte das Kerlchen mit zittriger Stimme und schien noch mehr in sich zusammen zu schrumpfen. "Ich tue sowas normalerweise nicht, aber könnte ich vielleicht ein wenig Geld haben? Ich habe so einen schrecklichen Hunger..." Krampfhaft hielt er seinen Oberkörper umschlungen. Durch meine Zeit in Afghanistan wusste ich nur zu gut, was Hunger und Durst schon mit erwachsenen Männern tun konnte...aber mit einem Kind? Etwas hilflos blickte ich zu Holmes. Und Holmes...seine Haltung änderte sich von Grund auf. Er wirkte plötzlich sehr geduldig und besonnen als er sich vor dem Jungen, welchen ich nicht älter als fünf oder sechs schätzte, hinkniete, damit er nicht so hoch über ihm aufragte. "Wie ist denn dein Name, Mister?" Ich wusste, dass Holmes ihn bereits las...doch was für ihn so offensichtlich sein würde, war für mich noch immer verschlüsselt. Außer, dass dieses kleine Kerlchen ein Straßenjunge und offenbar Waise war, zudem wohl länger weder Barbershop noch Klamottenladen von innen gesehen hatte, fand ich nichts heraus. "Sebastian", flüsterte der Junge in seiner brüchigen Stimme, doch mit einem weiteren Blick über Holmes' Erscheinung, trat so etwas wie Erkenntnis in die übergroßen Augen. "Aber sie sind doch... Mr... Mr Holmes, der Detektiv! Und sie sind bestimmt Doktor Watson!", rief er aus und wandte sich mir zu. "Ooooooh und ich bettle sie auch noch um Geld an! Wie unangenehm..." Holmes lächelte gönnerhaft, griff in seine Tasche und legte Sebastian einige Geldnoten in die Hand, was die sowieso schon großen Augen noch weiter wachsen ließ. "Vielen Dank, Sir! Ich habe schon viel über ihre Güte gehört; Wiggins spricht nur in den höchsten Tönen von ihnen!" Sherlock Holmes' Lächeln verblasste nicht, im Gegenteil, es vergrößerte sich sogar. "Du hast eine gute Beobachtungsgabe, Sebastian. Was hat meine Identität preisgegeben?" "Nun", begann Seb, den die Ehrfurcht vor den großen Meisterdetektiv förmlich beben ließ. "Wiggins hat sie als einen sehr hoch...hochgewachsenen Gentleman beschrieben, mit Adlernase und grauen Augen...außerdem habe ich mich vorhin über die Lupe in ihrer Tasche gewundert; welcher Gentleman schleppt sowas schon mit sich rum? Und als ich diese Beobachtung mit ihrer äußeren Erscheinung verbunden habe, wusste ich Bescheid", schloss er stolz. Mein Begleiter begann nun herzlich zu lachen und es war Sebastian anzusehen, dass er sich sorgte, er läge mit irgendetwas falsch. "Du hast in dieser kurzen Erklärung schon mehr Kompetenz bewiesen als ganz Scotland Yard!" Aufgeregt verbeugte sich der Junge ein paar Mal. "So jemanden wie dich könnte unsere Bakerstreet Polizei noch gebrauchen. Was denkst du?" Heftiges Nicken. "Also schön. Gut dich an Bord zu haben, Sebastian. Wenn du Wiggins siehst, sag ihm, dass du ihn das nächste Mal gerne begleiten darfst, wenn ich nach ihm  schicke! Aber auch so bist du wie der Rest der Bande immer in der Bakerstreet willkommen wenn du Probleme hast!"

Es dauerte in der Tat nicht lange bis wir Sebastian wiedersahen. Holmes baute bei unserem momentanen Fall wie schon so häufig auf Wiggins und seine Truppe, die uns einige wichtige Hinweise beschaffen konnten. Sebastian war dieses Mal auch mit dabei, schien neben dem selbstbewussten Wiggins jedoch eher klein und ziemlich unscheinbar. Während die anderen Kinder bereits mit ihrer Belohnung ausschwärmten, starrte er noch immer ehrfürchtig auf das Geld das Holmes ihm soeben ausgehändigt hatte. Mit einem Stich im Herzen wurde mir bewusst, dass er vermutlich noch nie solche für uns kleine Mengen Geld in der Hand gehalten hatte und diese wenigen Geldnoten heute und beim letzten Mal wohl ein halbes Vermögen waren...  "Vielen Dank, Sir! Auch noch einmal für das Geld das sie mir letzte Woche gegeben haben! Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen!" Anders als die anderen Mitglieder von Holmes' zusammengewürfelter Kriminalpolizei, war er der Inbegriff von Höflichkeit...weswegen Mrs Hudson ihn wohl freundlicher empfing als den Rest von ihnen. "Nichts zu danken, Sebastian. Komm zu uns wann immer du unsere Hilfe oder Gesellschaft brauchst!" Dieses Angebot nahm Sebastian so oft er konnte in Anspruch. In Mrs Hudson schien er eine Art Mutter- oder Großmutterinstinkt geweckt zu haben; jedes Mal wenn er kam, hatte sie eine kleine, kalte Mahlzeit oder Gebäck gerichtet, welches der dunkelhaarige Junge hungrig verschlang, und dennoch weder Höflichkeit noch Manieren ablegte. Mit seltsamer Entzückung bemerkte ich, wie gut Sebastians Anwesenheit meinen Partner offensichtlich tat. Zwischen den Beiden entwickelte sich ein gesundes Band; entweder eiferten sie beide über Karten von London und Notizen verschiedener Verbrecher oder chemischen Experimenten (natürlich nachdem ich beide zuvor verwarnt hatte, sie sollen eine Schutzbrille tragen). Schon seit unserer ersten Begegnung auf der Straße spürte ich die Sympathie die Holmes für diesen Jungen hielt, und Sebastian schien es mit Holmes ebenso zu gehen. Innerhalb kürzester Zeit wurde Sebastian selbstbewusster; der Detektiv zu dem man aufgesehen hatte, (zu dem man IMMER NOCH aufsieht) ist ein Freund geworden und der Junge dem man auf der Straße begegnet ist, wurde beinahe zu einem festen Teil der Bakerstreet. Oft wirkten Holmes und Sebastian wie Geschwister, manchmal sogar wie Vater und Sohn. Diese Meinung schienen auch andere zu teilen; als wir einmal unterwegs waren, um für Seb (wie wir ihn meistens nur nannten) neue Klamotten zu kaufen, hatte ein Satz der Verkäuferin Holmes völlig aus der Bahn geworfen. "Ihr Sohn ist wirklich ein Goldschatz, Sir!", hatte sie gesagt, woraufhin der wortgewandte Detektiv ordentlich ins Stammeln geriet. Sebastian aber lächelte ihr nur zu und meinte: "Vielen Dank, Miss! Daddy hat mir bisher so einiges beigebracht, nicht wahr? Sehen sie, ich habe sogar sein volles, schwarzes Haar!" Damals hatte er einfach aus Jux mitgespielt, aber danach hatte er tatsächlich angefangen, Holmes "Dad" zu nennen. Zunächst nur aus einem Spaß heraus; beim Tee danach hatten wir uns über die Verkäuferin und Holmes' Reaktion lustig gemacht...doch irgendwann, so schien es mir, fing Seb an, es ernst zu meinen... 

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